Frage an Stefan Schmidt von Andreas H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schmidt,
wie ja schon oft in den Nachrichten und in der Presse zu hören und zu lesen war, werden ca. 30 % unserer Nahrungsmittel weggeworfen. Ist es da noch zu verantworten, dass diese dann auch noch mit den verringerten MWST-Satz von 7% subentioniert werden? Auch für Bücher und Zeitungen gilt noch dieser MWST-Satz ohne dass es m.E. dafür noch eine Notwendigkeit gibt. Ich halte es deshalb für sinnvoll den verminderten MWST-Satz komplett abzuschaffen und im selben Zug den allgemein MWST-Satz zu verringern. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit freundlichen Gruß
Andreas Hiltel
Sehr geehrter Herr Hiltel,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihre Überlegungen, Nahrungsmittelverschwendungen zu reduzieren.
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz wurde vor über 40 Jahren aus sozialen Gründen eingeführt. Hintergrund war (und soll sein), alltägliche Produkte des Grundbedarfs von zu hohen Steuern zu entlasten. Entsprechend wurden Grundnahrungsmittel und auch einige Kulturgüter (wie eben einige Druckerzeugnisse) mit einem niedrigerem Steuersatz belastet. Diese Regelung halte ich grundsätzlich (aber eben nur im Grundsatz) für vernünftig: Grundbedürfnisse hat jeder Mensch und der Staat sollte sie nicht zu stark mit Steuern belasten. (Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer Subvention, was es bei genauerer Betrachtung allerdings nicht ist.)
Nun haben sich allerdings über die Jahre überaus viele Merkwürdigkeiten eingeschlichen: Getränke außer Leitungswasser werden mit 19 % besteuert, während Trüffel nur mit 7 Prozent besteuert werden. Auch in anderen Bereichen wurden viele Ausnahmen hinzugefügt. So werden Tierfutter, Pferde, Skilifte und zuletzt Hotelkosten mit dem geringeren Steuersatz belastet bei meist recht fragwürdigen Begründungen. Babynahrung und Medikamente werden hingegen mit 19 Prozent belastet, wenngleich sie viel eher als Grundbedarf einzuordnen wären.
Deshalb ist meine 1. Forderung sehr klar: Die Anzahl der Ausnahmen muss deutlich reduziert werden. Der Grund für einen reduzierten Satz bei der Umsatzsteuer darf nicht ein Zugeständnis an verschiedene Lobbys sein!
Bleibt nun die Frage, ob man der Einfachkeit halber (oder auch zur Begrenzung von Verschwendung) den ermäßigten Steuersatz ganz streichen sollte. Hier vertritt Bündnis90/ Die Grünen die Auffassung, dass man dies nicht tun sollte. Hintergrund ist, dass dies insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen treffen würde. Grundbedürfnisse haben alle Menschen und müssen entsprechend von allen getätigt werden. Bei ärmeren Menschen macht der Umsatz bei den Grundbedürfnissen prozentual mehr aus (Reiche können irgendwann nicht mehr noch mehr Grundbedürfnisse konsumieren), entsprechend würde sie ein Anhebung des Steuersatzes auf Grundbedürfnisse stärker treffen.
Allerdings gibt es auch Gutachten, die zeigen, dass dieser Effekt nur zu maßvollen Mehrbelastungen führen würde. So haben die sog. Wirtschaftsweisen vor einigen Jahren ein entsprechendes Sondergutachten erstellt, das ich nun auf die Schnelle allerdings nicht finde. Meiner Erinnerung zufolge würden geringe Einkommensbezieher maximal fünf Euro monatlich mehrbelastet. (Inwiefern hierbei evtl. Verschwendungsersparnisse schon einberechnet wurden, weiß ich leider nicht.) Dies müsste man sich sicherlich genauer ansehen, um festzustellen, inwiefern dieser soziale Nachteil auch anders ausgeglichen werden könnte bzw. inwiefern durch eine höhere Belastung der Verschwendung von Lebensmittel effektiv begegnet werden könnte. Gerne würde ich dazu mit Ihnen im Gespräch bleiben und kann dazu auch gerne den zuständigen MdB innerhalb der Bundestagsfraktion ansprechen oder einen Kontakt herstellen.
In erster Linie sehe ich allerdings -wie oben beschrieben- die Aufgabe, den "Dschungel" der Ausnahmen zu lichten. So ließen sich übrigens auch einige Milliarden Euro staatlicher Mehreinnahmen generieren.
Beste Grüße
Stefan Schmidt