Ferienwohnungen, Möblierte befristete Verträge und Eigenbedarfskündigungen - Was unternehmen Sie in Pankow gegen Verdrängung? Was gegen den Mietenwahnsinn?
Was unternehmen Sie in Pankow gegen Verdrängung? Was gegen den Mietenwahnsinn? Was tun Sie, damit eine soziale Mischung im Bezirk Pankow, für den Sie Direktkandidat sind, erhalten bleibt?
Sehr geehrte Frau S.,
seit Jahren steigen die Mietpreise zum Teil drastisch. Ich unterstütze immer wieder direkt Mietende als auch Hausgemeinschaften gegen unfaire Vermietende vor Ort, ich suche das direkte und offene Gespräch mit den diversen Wohnungsbaugesellschaften.
Das allein hilft jedoch nicht, um den systemischen Mangel abzustellen. Diesen massiven Problemen lässt sich nur mit einem Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen erfolgreich entgegengetreten werden. Dabei lassen sich insbesondere drei Maßnahmenbündel benennen:
Schutz der Bestandsmieten/ Mietenden durch z.B. ein faires Mietrecht, 2. die Ausweitung des Wohnungsangebotes, 3. eine personalisierte Unterstützung von Mietenden.
Ich beginne mit dem 3. Punkt:
Mit der Erhöhung und Ausweitung des Wohngeldes, der zweimaligen Auszahlung eines Heizkostenzuschusses, sowie der Gas-, Fernwärme- und Strompreisbremse ist seitens der Ampelkoalition insbesondere die finanzielle Unterstützung der Mietenden in den Mittelpunkt gerückt, getrieben insbesondere durch die Energiekrise.
Mit der Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen gehen wir mit der Koalition einen weiteren wichtigen Schritt, um die Preissteigerungen künftig abzumildern. In die gleiche Richtung soll perspektivisch auch die Novelle des Heizungsgesetzes (richtiger: Gebäudeenergiegesetz) wirken. Diese Punkte wie auch gezielte Förderungen helfen insbesondere dabei, die Nebenkosten unter Kontrolle zu halten.
Zu Punkt 1:
Um die Preisspirale bei Mieten zu stoppen, sind jedoch weitere und auch ganz andere Maßnahmen notwendig. Die müssen entweder das Angebot an den richtigen Stellen ausweiten oder im Bestand unfaire Mietsteigerungen unterbinden helfen.
Zu den Maßnahmen im Bestand gehört eine Neuausrichtung des Mietrechts, etwa durch die Verlängerung und Verschärfung der bundesrechtlichen Mietpreisbremse. Damit die Mietpreisbremse wirklich wirksam sein kann, müssen mehrere Bedingungen eingeführt werden: eine effektive Überwachung aufgebaut werden, Ausnahmeregelungen wie möblierte Wohnungen abgeschafft werden. Die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels ist überfällig. Die Absenkung der Kappungsgrenze auf 11 Prozent, wonach die Miete innerhalb von drei Jahren nicht über diese Grenze hinaus erhöht werden darf, ist angesichts der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt notwendig. Gemeinsam mit der ortsüblichen Vergleichsmiete bildet diese Kappungsgrenze dann eine verbindliche und effektive Beschränkung von Mieterhöhungen. Ferner wollen wir Indexmietverträge regulieren, damit diese nicht länger zur Umgehung des Mietendenschutzes genutzt werden können.
Ein zeitlich unbefristetes Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt würde die Lage zudem entspannen. Außerdem muss zukünftig zum Schutz der Bestandsmieter*innen sichergestellt sein, dass die Möglichkeiten für Eigenbedarfskündigungen stark eingeschränkt und die Härtefallregelung dafür stark ausgebaut werden. Der zehnjährige Kündigungsschutz vor Eigenbedarf, der nur beim erstmaligen Verkauf der umgewandelten Wohnung gilt, sollte auf 20 Jahre ausgeweitet werden. Immer wieder stellen Mieterverbände und Gerichte fest, dass Eigenbedarfskündigungen vorgetäuscht werden. Um vorgetäuschte Eigenbedarfskündigungen zu vermeiden bzw. zu unterbinden und die Strafverfolgung zu erleichtern fordern wir die Einführung eines bundesweiten Eigenbedarfskündigungskatasters. Die Mieter*innen müssen angemessen entschädigt werden.
All diese Maßnahmen bedürfen jedoch einer Mehrheit im Bundestag, und dafür einer Einigung in der Ampelkoalition. Diese Einigungen sind aktuell schwer herzustellen, weil die FDP einem anderen Leitbild des Wohnungsmarktes anhängt, um das mal halbwegs neutral zu formulieren.
Für Pankow und Berlin rechtlich ebenfalls relevant: Die Kommunen und Bezirke brauchen rechtssichere Möglichkeiten der Ausübung des Vorkaufsrechts, gerade auch in Gebieten mit Erhaltungssatzung.
Und schließlich zu Punkt 2.
Das Wohnungsangebot gezielt mit bezahlbaren Wohnungen zu erweitern, hilft, die finanziellen Wunschvorstellungen einiger Vermietender von Wohnungen einzuhegen.
Dazu dient die Erhöhung der Mittel für die Soziale Wohnraumförderung. Außerdem soll die zeitnahe Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit zu mehr dauerhaft bezahlbaren Wohnungen führen. Wohnungsunternehmen sollen in diesem Rahmen steuerliche Förderung und Investitionszulagen erhalten können, wenn sie sich zu dauerhaft günstigen Mieten verpflichten. Im Oktober letzten Jahres hat das "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" dann ein umfangreiches Maßnahmenpaket für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive vorgestellt. Das Maßnahmenpaket des Bündnisses ist ein wichtiger Schritt für den Wohnungsbau deutschlandweit. In Ergänzung dazu plädiere ich für den Ausbau von Dachgeschossen, um hier ökologische Dacharbeiten mit der Herstellung weiteren Wohnraums zu verknüpfen. Das Potenzial in Berlin und auch in Pankow ist dabei weiter hoch, es gibt viele unausgebaute Dachgeschosse.
Schließlich braucht es auch stadtverträglichen Neubau im Rahmen einer guten Stadtentwicklung, etwa am ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße. Auch auf dem ehemaligen Bahngelände zwischen Pankow und Heinersdorf sollen künftig Wohnungen entstehen, dies ist auch wichtiger als Großmärkte, wie das Investoren immer wieder vorstellen.
Aber auch im Bestand muss geprüft werden, ob Wohnungen zweckwidrig dem Mietwohnungsmarkt vorenthalten werden. Ich setze mich daher dafür ein, gerade im Segment der Wohnungen, die etwa bei AirBNB gelistet sind, die Regeln zu aktualisieren. Bislang dürfen diese fast ein halbes Jahr als Ferienwohnung vermietet werden. Da überwiegt dann aber der Erlös als Ferienwohnung so deutlich die Erlösmöglichkeiten als regulärer Wohnung, dass eine normale Vermietung dann immer seltener erfolgt. Dies gilt es mit neuen Regeln anzupassen (eine Vermietung von bis zu sechs Woche etwa hilft dem Stadttourismus und entzieht keine Wohnungen dem Wohnungsmarkt).
Sofern Sie das Thema noch weiter interessiert, finden Sie noch mehr Informationen:
https://www.gruene-bundestag.de/themen/bauen-wohnen-stadtentwicklung
Persönlich möchte ich auch noch ergänzen, dass ich den Berliner Mietendeckel als einen wichtigen, wenn auch falsch aufgesetzten und überzogen konzipierten Versuch empfand. Einer Neuauflage stehe ich konzeptionell nicht nur offen gegenüber, sondern arbeite an einem entsprechenden Vorschlag.
Ich hoffe, mit der etwas lang geratenen Antwort einen, wenn auch nicht vollständigen Einblick gegeben zu haben. Das Thema liegt mir wie vielen anderen auf der Seele, die Antworten sind nicht eben einfach, aber es gilt hier konsequent dranzubleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Gelbhaar