Werden Sie dem AfD-Verbotsverfahren zustimmen?

Sehr geehrter Herr N.,
die kurze Antwort ist: Ja. Auf dem Parteitag der Linken im Oktober 2024 wurde mehrheitlich beschlossen, Forderungen nach einem AfD-Verbotsverfahren zu unterstützen.
Die lange Antwort ist: dass ich persönlich zwiegespalten bin, zwischen der Gefahr einer immer stärker werdenden nationalistischen Partei und dem Risiko, dass bei einem Verbot der AfD die "Stimmung" hin zur Unterstützung der AfD stärker wird. Bei einem Verbot der AfD verschwände die Partei aber nicht der (bedauerliche) Zuspruch in der Gesellschaft. Insofern würde ich als Abgeordneter dem Verbotsverfahren zustimmen aber innerhalb der Linksfraktion auf die großen Risiken eines Verbots hinweisen.
Um der AfD das Wasser abzugraben braucht es vielmehr nachhaltige politische Veränderungen für das alltägliche Leben der Menschen. Es braucht beispielsweise einen massiven Ausbau der Wohnraumversorgung. Es braucht eine Rentenversicherung in die alle einzahlen und die Superreichen gerecht einzahlen. Es braucht gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Denken Sie beispielsweise an die Zustände in den Pflegeberufen. Es braucht eine Außenpolitik, die nicht auf Waffenexporte und die Durchsetzung von geopolitischen Interessen durch die NATO setzt. Damit würden Fluchtursachen am besten bekämpft und die Menschen in Not müssten nicht nach Europa fliehen. Niemand flieht freiwillig. Es braucht eine Entlastung für die Mehrheit der Bevölkerung und eine gerechte Besteuerung von Reichen und Superreichen, um das Geld in marode Schulen, den Ausbau der Bahn und die vernachlässigte Infrastruktur zu stecken. Dem allen ist gleich, dass bei den meisten AfD-Wählern das "Nachuntentreten" und die Ohnmacht das man "sowieso nichts verändern kann" verschwände. Neben dem nationalistischen Charakter der AfD ärgert mich vor allem der Mythos, die AfD sei die Partei "der kleinen Leute". Keinesfalls! Die AfD hat keinerlei Abgebote für "die kleinen Leute". Sie ist eine Partei für die Reichen und das Kapital. Sie steht der FDP und der CDU in der finanziellen Belastung der Mehrheit und der finanziellen Entlastung der Reichen in nichts nach. Das muss man vermitteln und die AfD bei dieser Frage immer stellen, wenn man sie bekämpfen möchte.
Deswegen: Zustimmung zum Verbotsverfahren ja aber es braucht viel mehr, um dem von der AfD befeuerten, wachsenden Nationalismus in unserer Gesellschaft zu begenen.