Das Bild zeigt Sonja Eichwede, SPD_Bundestagskandidatin WK 60 vor einer roten Backsteinwand in Brandenburg an der Havel
Sonja Eichwede
SPD
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Frage von Leon W. •

Sehr geehrte Frau Eichwede, kann ich davon ausgehen, dass Sie dem Verbotsantrag gegen die AfD zustimmen werden?

Die AfD ist in einigen Bundesländern gesichert Rechstextrem, hat einen Landesvorsitzenden Faschisten und spätestens ihr Auftritt in Thüringen hat gezeigt, dass diese Partei die Demokratie von Innen zerstören will. Setzen Sie sich für die Demokrarie ein und leiten ein Verbotsverfahren ein?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Frage. 

Ich teile als Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag Ihre Sorgen und beobachte eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. Ich erkenne deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird an einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei deutlich.

Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.

Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Artikel 21 Absatz 2 GG wurde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets dahin ausgelegt, dass allein die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen für ein Verbot nicht ausreicht. Hinzukommen müssen eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint, sie also eine gewisse Potentialität besitzt. 

Ein Parteiverbotsverfahren kann nur aufgrund eines begründeten Antrags versehen mit Beweismitteln vom Bundesverfassungsgericht eingeleitet werden. Antragsberechtigt sind der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung als Verfassungsorgane. Das Bundesverfassungsgericht prüft den Antrag und entscheidet, ob es daraufhin das Hauptverfahren eröffnet oder den Antrag bereits als unzulässig zurückweist. Dies kann der Fall sein, wenn der Antrag nicht ordnungsgemäß gestellt wurde, weil er z. B. nicht hinreichend begründet wurde. Ein Antrag ohne ausführliche Darlegung und Würdigung der Beweismittel hat mithin keine Aussicht auf Erfolg.

Die zur Vorbereitung eines Verbotsantrags notwendige Materialsammlung, in der alle Erkenntnisquellen ausgewertet werden, wird realistischerweise einen Zeitraum von ca. neun bis zwölf Monaten in Anspruch nehmen, bis diese in einen Antragsentwurf münden können. Dies hängt auch davon ab, wann das Bundesamt für den Verfassungsschutz weitergehende, mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnene Erkenntnisse über die AfD vorlegt, die bei der Antragstellung mit einzubeziehen sind.

Wir setzen großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Wir werden deshalb die weiteren Erkenntnisse aus dieser weitergehenden Beobachtung abwarten, bevor wir als SPD-Fraktion entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen. 

Entscheidend ist auch, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. Ein Verbot könnte nur ergänzend erfolgen. In der Tradition unserer langen Geschichte setzen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein. Unser primäres Ziel muss es deshalb sein, die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.

Ich möchte aber, dass Sie wissen, dass wir durchgehend prüfen, ob uns und den Ämtern genügend Erkenntnisse vorliegen.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantworten konnte, bei weiteren Anliegen melden Sie sich gerne bei mir. 

Mit freundlichen Grüßen

Sonja Eichwede

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