Frage an Sören Bartol von Erich R. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Bartol,
ab dem 01. Januar 2009 wird der neue Gesundheitsfonds eingeführt. Seither war ich mit meiner Frau, die selbst versichert ist, bei einer Krankenkasse mit einem Beitragssatz von 12,4% versichert. Ich selbst habe 49 Jahre ununterbrochen gearbeitet und Beiträge bezahlt. Meine Rente beträgt brutto ca. 1350 Euro. Dazu kommt noch eine Zusatzrente von 500 Euro. Meine Frau hat eine Rente von 1000 Euro. Wenn ich jetzt, wie vorgesehen, von einem Beitragssatz von 15,8% ausgehe, dann habe ich ab dem 1. Januar so ca. 58 Euro weniger Rente. Meine Frage an Sie ist, ob Sie diesem Gesetz zugestimmt haben. Nicht nur für mich ist dieses Gesetz eines demokratischen Staates unwürdig. Solche Gesetze gab es in der DDR. Mir ist auch bekannt, das bei der Abstimmung über das Gesetz viele Abgeordnete, die sich mit der Gesundheitspolitik befassen, nicht zu gestimmt haben. Da dieser Rentenabzug nicht nur mich trifft sondern Millionen Menschen, können Sie sich schon auf das Wahlergebnis für die SPD freuen. Sie bekämpfen die Linke, aber mit ihrer Politik treiben Sie die Wähler zu dieser Partei.
Mit freundlichen Grüßen
Erich Runkel
Sehr geehrter Herr Runkel,
Vielen Dank für Ihre E-Mail.
Eine gute medizinische Versorgung für alle kostet Geld. Nicht zuletzt trägt die erfreulicherweise steigende Lebenserwartung vieler Menschen zu den steigenden Kosten im Gesundheitswesen bei. So ist die Beitragserhöhung nicht der Einführung des Gesundheitsfonds geschuldet: sie resultiert u.a. aus einer besseren Vergütung für ambulante ärztliche Leistungen, finanzieller Entlastung sowie aus steigenden Arzneimittelausgaben. Die Finanzierung des medizinisch-technischen Fortschritts und die Zunahme chronischer Krankheiten im Rahmen einer älter werdenden Gesellschaft erfordern zusätzliche Finanzmittel und auch strukturelle Veränderungen im Gesundheitswesen. Deshalb habe ich dem Gesetz zur Gesundheitsreform zugestimmt.
Mit der Einführung des Gesundheitsfonds und dem bundesweit einheitlichen Beitragssatz wird die Beitragsgerechtigkeit verbessert. Die heutige Verteilung ist nicht fair: Viele Mitglieder zahlen heute nicht etwa deshalb höhere Beiträge, weil ihre Kasse unwirtschaftlich ist, sondern weil ihre Kasse eine ungünstige Versichertenstruktur hat: so muss etwa die AOK einen Beitragssatz von 15,8% erheben, weil die Hälfte ihrer Versicherten Rentner sind. Da das Krankheitsrisiko im Alter zunimmt, muss eine solche Kasse mehr Leistungen finanzieren als die Konkurrenz. Andere so genannte Internetkassen z.B. haben hingegen nur einen sehr geringen Anteil älterer Versicherter und kommen auch deshalb mit Beitragssätzen unter 13% zurecht. Mit der Neuordnung der Finanzierung wird dafür gesorgt, dass dieser verzerrte Wettbewerb aufhört und dass Beitragsmittel fair und gerecht verteilt und damit ungerechtfertigte Beitragsvorteil und -belastungen abgebaut werden: Denn Krankenkassen, die mehr ältere und mehr kranke Menschen versichern, erhalten durch die Neuordnung mehr Geld aus dem "Solidartopf" als bisher. Der Fonds führt damit zu einer gerechteren und einfacheren Verteilung der Beiträge der Versicherten. Es kann nicht sein, dass bestimmte Kassen Probleme bekommen, weil sie immer höhere Beiträge verlangen müssen, da bei ihnen besonders viel kranke, alte oder Menschen mit geringem Einkommen versichert sind. Mit dem Gesundheitsfonds werden die unterschiedlichen Krankheitslasten der Versicherten besser berücksichtigt. Jeder Versicherte ist seiner Kasse gleich willkommen - ganz gleich, ob er wenig verdient oder ein höheres Einkommen hat. Der Fonds macht den Kassenwettbewerb transparent. Die Kassen werden sich im Qualitätswettbewerb um den besten Service sehr anstrengen.
Davon profitieren alle Versicherten.
Der Fonds ist auch nicht das bürokratische Monstrum, als das er immer wieder gerne beschrieben wird. Das Prinzip ist einfach: ab dem 1. Januar 2009 zahlen alle Versicherten denselben prozentualen Krankenkassenbetrag. Dieses Geld wird zusammen mit dem wachsenden Zuschuss des Bundes, in dem Fonds gebündelt. In einem zweiten Schritt wird das Geld aus dem Fonds an die Kassen bezahlt und zwar nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel, der sich nach Alter, Geschlecht und Krankheit der Versicherten richtet. Für ältere und kranke Versicherte bekommen Kassen mehr Geld als für junge und gesunde Versicherte. Übrigens gibt es bereits seit 1995 Ausgleichszahlungen zwischen den Kassen. Der Fonds vereinfacht dieses System und macht es dadurch transparenter. Die Idee dahinter ist, dass die Kassen zu fairen Bedingungen in den Wettbewerb untereinander treten.
Derzeit gibt es 217 Krankenkassen mit gleichen Leistungen, aber unterschiedlichen Beitragssätzen. D.h. die Versicherten zahlen unterschiedliche Beiträge, obwohl sie das gleiche Krankenhaus oder den gleichen Arzt aufsuchen. In einem Solidarsystem wie der gesetzlichen Krankenversicherung ist es aber richtig und gerecht, wenn für gleiche Leistungsansprüche ein einheitlicher Beitrag bezahlt wird. Dies wird künftig über einen bundesweit einheitlichen Satz geregelt. Damit gilt in Zukunft: gleicher Beitragssatz für gleiche Leistung - wie in der gesetzlichen Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung. Der allgemeine Beitragssatz gilt auch für Rentnerinnen und Rentner. 70% von ihnen zahlen bislang einen überdurchschnittlichen Beitrag, weil sie Mitglied in einer der sog. Versorgerkassen sind (wie AOK oder Ersatzkassen). Viele ältere Menschen, die etwa bei der AOK versichert sind, zahlen daher ab Januar 2009 auch mit dem angehobenen Beitragssatz weniger als bisher. Etwa 56% der Rentnerinnen und Rentner zahlen mit dem neuen Beitragssatz 2009 entweder weniger oder maximal 0,1% von ihrer Rente mehr an die Krankenkassen als bisher. Bei rund 30% aller Rentnerinnen und Rentner liegt die Mehrlastung zwischen 0,1% und 0,5%, gut 13% aller Rentner sind bei Kassen, die für ihre Mitglieder zwischen 0,5% und 0,95% teurer werden.
Festzuhalten bleibt, dass die der Anhebung des Beitragssatzes zugrundeliegende Steigerung der Kosten der medizinischen Versorgung ohne den Fonds mit seinem einheitlichen Beitrag und der fairen Verteilung der Mittel zu einer sehr ungleichen Belastungsverteilung geführt hätte: die großen Versorgerkassen mit vielen Rentnerinnen und Rentnern hätten ihren Beitrag sicherlich um einen Prozentpunkt oder mehr anheben müssen, während die "Internetkassen" mit einer weitaus niedrigeren Anhebung ausgekommen wären. Die Beiträge wären noch weiter auseinander gegangen, der unfaire Wettbewerb hätte sich weiter verschärft.
Abschließend noch drei Sätze zur Linkpartei: Fordern kann man vieles, finanzieren nicht. Unbestritten macht die Linkspartei mit ihren teils populistischen Forderungen meiner Partei das Leben schwer. Mit sozial gerechter Politik aber haben die Versprechen der "Linke" nichts zu tun: ihre Konsequenz wäre ein handlungsunfähiger Staat - den aber können sich nur Reiche leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol