Frage an Sören Bartol von Markus K. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag,
wie sehen Sie den neuesten Angriff auf Arbeitnehmerrechte durch Herrn Merz. (CDU)
Dieser schlägt vor das Betriebsräte duchr die Belegschaft finanziert werden sollen. Angeblich wird dieses schon in Österreich so praktiziert, was eine Desinformation ist.
Tatsache ist: Auch in Österreich trägt der Arbeitgeber die Kosten der Gehälter für freigestellte Betriebsratsmitglieder. So steht es im § 117 des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes. Die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder liegt auch nicht etwa im Ermessen der Belegschaft, sondern ist in der gleichen Vorschrift geregelt. Ab einer Belegschaftsgröße von 150 Arbeitnehmern ist ein Betriebsratsmitglied freizustellen, ab 700 zwei, ab 3.000 drei.
Anders als in Deutschland kann die Betriebsversammlung in österreichischen Betrieben beschließen, einen Betriebsratsfond einzurichten (§ 72 Arbeitsverfassungsgesetz). Die Umlage dazu darf nicht mehr als 0,5 Prozent der Bruttogehälter betragen. Aus diesem vom Betriebsrat verwalteten Fond werden einerseits Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrats bezahlt (Fahrt- und Schulungskosten), andererseits dient er zur Finanzierung von Sozialeinrichtungen, z.B. Betriebssport oder Unterstützungszahlungen an Belegschaftsmitglieder.
Sehr geehrter Herr Karger,
die Äußerung von Herrn Merz, Betriebsräte durch die Belegschaft finanzieren zu lassen, ist purer Populismus. Überall in Europa wird die Mitbestimmung (aus guten Gründen) durch die Unternehmen finanziert.
Ich freue mich, dass Sie mit Ihrem Detailwissen auch darauf hinweisen, dass die Behauptung, in Österreich würde dies praktiziert, falsch ist und dort lediglich ein Fonds für `zusätzliche Aktivitäten des Betriebsrates durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Betriebes umlagefinanziert wird.
Eine solche Regelung ist im Übrigen auch in den deutschen Mitbestimmungsgesetzen nicht vorgesehen, weil Betriebsräte über keine eigenen Kassen verfügen dürfen.
Wie Sie lehne ich die bei den konservativen in Mode gekommenen Angriffe auf Arbeitnehmerrechte ab. Für die SPD gehören sichere Arbeitnehmerrechte und der Schutz vor Willkür zu den zentralen Elementen unserer sozialen Marktwirtschaft. Wir sorgen für verlässlichen Kündigungsschutz, die Sicherung der Tarifautonomie und der Flächentarifverträge und vor allem ein hohes Niveau der Mitbestimmung.
Gerade zum Thema Betriebsräte, möchte ich zur Verdeutlichung unserer Politik an dieser Stelle gern auch auf unsere Erfolge seit 1998 verweisen, denn:
- Wir haben das Betriebsverfassungsgesetz reformiert. Seit 2001 haben die Betriebsräte mehr Rechte und bessere Arbeitsbedingungen.
- Wir haben die Bildung von Betriebsräten durch Entbürokratisierung und Vereinfachung des Wahlrechts in kleinen Betrieben vereinfacht.
- Wir haben Betriebsräte vergrößert und Freistellungsmöglichkeiten ausgeweitet.
- Wir haben neue Beschäftigungsformen in die Betriebsverfassung einbezogen, insbesondere die Leiharbeitnehmer. Wir haben Teilzeitmöglichkeiten verbessert.
- Wir haben ein Initiativrecht der Betriebsräte zur Beschäftigungssicherung und zur Qualifizierung im Betrieb im Betriebsverfassungsgesetz verankert.
- Und wir haben uns auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass unser hohes Mitbestimmungsniveau in Unternehmen seine Gültigkeit behält.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol, MdB