Frage an Sören Bartol von Andreas F. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Bartol,
auch mich würde es interessieren, wie Sie zu den Privatisierungsvorstellungen einzelner Kabinettsmitglieder der SPD stehen.
Sind Sie für oder gegen eine Privatisierung?
Müsste im Fall einer Privatisierung der Bund tatsächlich für viele (15?!) Jahre weiterhin jährliche Milliarden "zuschießen"?
Wenn ja, warum wird dann für "ein paar Miliarden € (4-8 Mrd.) privatisiert?
Auf die Summe käme es dann auch nicht mehr an.
In gespannter Erwartung einer Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Andreas Freund
Sehr geehrter Herr Freund,
die Teil-Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG ist nicht nur die Vorstellung einzelner Kabinettsmitglieder. Vielmehr ist der Gesetzenwurf bereits im Bundeskabinett beschlossen und nun in das parlamentarische Verfahren eingebracht worden. Der Auschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem ich angehöre, beschäftigt sich seit eineinhalb Jahren intensiv mit dem Thema. Im Dezember letzten Jahres hat der Bundestag einen Antrag verabschiedet, der Eckpunkte für die Kapitalprivatisierung festlegt, auf die sich SPD- und CDU/CSU-Fraktion geeinigt haben.Wesentliche Punkte dabei waren, dass die Eisenbahninfrastruktur zu 100% im Eigentum des Bundes bleibt, das der Bund das Mehrheitseigentum an der DB AG behält und das in einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Qualitätsstandards für die Infrastruktur festgelegt werden, die bei Nichteinhaltung empfindliche Sanktionen nach sich ziehen. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf erfüllt diese Punkte.
Die Teilkapitalprivatisierung ist für mich die Konsequenz aus der Bahnreform von 1993. Damals wurde die neu geschaffene DB AG formell privatisiert. Diese privatrechtliche Betriebsorganisation hat in den vergangenen 15 Jahren zu einer insgesamt positiven Bilanz geführt: es gibt einen Anstieg der Verkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr, das Reisen mit der Bahn ist komfortabler geworden, viele Fahrzeiten haben sich verkürzt. Natürlich muss die DB AG in einigen Bereichen besser werden, z.B. was die Pünktlichkeit und die Wartung des Netzes angeht.
Durch die Marktöffnung im Schienengüterverkehr in Europa in diesem Jahr und die Marktöffnung im Personenverkehr 2010 steht die Bahn vor neuen Herausforderungen. Um den immens wachsenden Güterverkehr zu bewältigen und den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene zu stärken, brauchen wir eine starke und innovative DB AG, die ihre Chancen auch international sucht, um ihren nationalen Anforderungen nachkommen zu können. Durch die Teilprivatisierung bekommt die DB AG die erforderliche unternehmerische Flexibilität und die finanziellen Spielräume, um in neue Züge und die Erweiterung des Leistungsangebotes zu investieren. Wir brauchen dazu private Investoren, wenn wir die Steuerzahler nicht weiter belasten wollen.
Mit der - grundgesetzlich festgeschriebenen - Veranwortung des Bundes für die Schieneninfrastruktur, an der wir festhalten, sind natürlich auch finanzielle Verpflichtungen verbunden. Der Bundestag beschließt weiterhin über Neu- und Ausbaumaßnahmen. In der noch abzuschließenden Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung verpflichtet sich die DB AG zur Einhaltung von Qualitätsvorgaben und zu einem Eigenbetrag bei Infrastrukturinvestitionen, während der Bund im Gegenzug jährlich 2,5 Milliarden Euro jährlich für Investitionen bereitstellt. Dieser Zuschuss soll allmählich abgesenkt werden.
Unser Ziel ist eine Bahnreform, die der DB AG Planungssicherheit und eine gute Zukunftsperspektive in Schienenverkehr in Europa verschafft, die Arbeitsplätze der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sichert und gleichzeitig die Instrumente des Bundes zur Durchsetzung seiner grundgesetzlichen Infrastrukturverantwortung deutlich verbessert. In den kommenden Wochen beginnen die parlamentarischen Beratungen, in denen wir den Gesetzentwurf noch einmal auf Herz und Nieren prüfen werden.
Mit freundlichen Grrüßen
Sören Bartol