Frage an Sören Bartol von Bärbel S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Bartol,
vielen Dank für Ihre Antwort zu der ich eine Nachfrage habe. Das Erschreckende für mich ist, dass m. E. auch nach dem neuen Gesetzentwurf eine Privatisierung von Autobahnabschnitten mittels Öffentlich-Privaten-Partnerschaften in großem Umfang und mit erheblichem Finanzvolumen möglich ist, wenn ich Ihre Antwort lese: „Wie vom Koalitionsausschuss vereinbart, kann eine Beschaffung im Rahmen von ÖPP nur auf der Ebene von Einzelprojekten erfolgen (maximal 100 Kilometer, nicht räumlich miteinander verbunden)."
Wenn jede Möglichkeit für privates Kapital ausgeschlossen ist – wo bleibt dann der Aufschrei der institutionellen Anleger?
Ein einziges 100km-ÖPP-Projekt hat immerhin ein Volumen von bis zu 2,5 Mrd. Euro! Wer noch mehr Anlagemöglichkeiten sucht, kann sich ÖPPs, die ja handelbar sind zusammenkaufen. Ein Dutzend davon machen allein schon 10 Prozent unseres Staatshaushaltes aus!!! Damit haben Anleger doch alles, was sie brauchen.
Sie schreiben weiterhin: " Mautgläubiger bleibt der Bund (für LKW-Maut und PKW-Maut). Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, wird gestrichen."
Der Bund muss doch für die privaten Investoren das Geld eintreiben. Das geschieht auch bei den heutigen ÖPP`s schon. Aber künftig schließt die formell private -nicht mehr durch den Bundestag kontrollierte- Autobahn-GmbH die ÖPP-Verträge, für die dann die Einnahmen zu beschaffen sind, um daraus die Renditen der Anleger zu bedienen.
Ich will ganz offen sein: Für mich verstößt der abzustimmende Gesetzentwurf eklatant gegen Gemeinwohlinteressen.
Meine Frage:
Werden Sie dem Gesetzentwurf in der jetzigen Form zustimmen oder werden Sie sich für eine wirkliche Nachbesserung einsetzen, die eine Privatisierung vollumfänglich verhindert.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Schwarz-Köppl
Sehr geehrte Frau Schwarz-Köppl,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben beschlossen, dass es eine Begrenzung im Grundgesetz für die Beschaffung im Rahmen von ÖPP gibt. Näheres ist im Errichtungsgesetz geregelt worden. Bisher gab es keine rechtlichen Vorgaben, ob nur einzelne Projekte oder Teilnetze bzw. das ganze Bundesfernstraßennetz mit Unterstützung von privaten Investoren ausgebaut und betrieben werden kann. Zukünftig wird es nur die Möglichkeit geben, Einzelprojekte mit einer maximalen Länge von 100 Kilometer mit Hilfe von ÖPP zu beschaffen. Außerdem dürfen sie nicht aneinander grenzen.
Damit wird es nicht zu einer grenzenlosen Ausweitung von ÖPP bei Bundesfernstraßen kommen. Die Bundesfernstraßengesellschaft steht unter der Kontrolle des Deutschen Bundestags. Die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments werden größer sein, als bisher gegenüber dem Bundesverkehrsministerium und den sechzehn Landesstraßenbauverwaltungen. Bundestagsabgeordnete werden in den Aufsichtsgremien der Gesellschaft Mitglied sein. Der Finanzierungs- und Investitionsplan der Gesellschaft wird die Zustimmung des Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses des Bundestags benötigen. Die Satzung (Gesellschaftervertrag), in dem die konkrete Aufgabenbeschreibung der Gesellschaft enthalten sein wird, sowie wesentliche Änderungen stehen ebenfalls unter dem Vorbehalt der Zustimmung der beiden Ausschüsse.
Außerdem kann nur im Rahmen von ÖPP beschafft werden, wenn die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) zeigt, dass der Ausbau und Betrieb einer Bundesfernstraße mit Unterstützung von privaten Dritten für den Steuerzahler besser ist. Die im Vergleich zur konventionellen Beschaffung höheren Finanzierungskosten dürfen innerhalb des Projekts nicht dazu führen, dass die öffentliche Hand draufzahlt. Dies kann u.a. durch die Realisierung im Lebenszyklusansatz möglich sein. In dem Wissen der Kritik der Rechnungshöfe hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits Ende letzten Jahres dafür gesorgt, dass die Methodik der WU zusammen mit dem Bundesrechnungshof (BRH) überarbeitet wurde. Dabei wurde die Kritik des BRH aufgenommen und die Methodik entsprechend verändert. Alle neuen ÖPP-Projekte bei Bundesfernstraßen müssen nach der neuen Methodik berechnet werden. Bei der A49 überprüft derzeit der BRH, ob die neue Methodik durch das Bundesverkehrsministerium eingehalten wurde. Außerdem kämpfe ich dafür, dass die WU transparent veröffentlicht wird. Das scheitert bisher an dem Widerstand der CDU/CSU. Sie verweist darauf, dass dann das Bundesverkehrsministerium ihre Preisvorstellungen offenlegen müsste, die sie im Rahmen der konventionellen Beschaffung gegenüber den Bauunternehmen realisieren möchte. Diese könnte zu Nachteilen für die öffentliche Hand bei zukünftigen Ausschreibungen führen.
Ich habe nach Abwägung aller Argumente für die Gesetzentwürfe zur Überführung der Kompetenzen für Planung, Bau, Erhalt und Betrieb von Bundesautobahnen und weiteren Bundesstraßen von den Ländern an den Bund gestimmt. Entscheidend ist für mich, dass keine privaten Investoren Einfluss auf die Investitionen des Bundes bekommen werden. Damit wird es nicht zu einer Privatisierung der Bundesfernstraßen kommen. Außerdem habe ich die Hoffnung, dass die Bundesfernstraßengesellschaft so effizient arbeiten kann, dass ÖPP im Vergleich zur konventionellen Beschaffung keine Vorteile mehr hat. Das Beispiel ASFINAG in Österreich zeigt, dass eine staatsnahe Infrastrukturgesellschaft nicht mehr auf ÖPP zurückgreift.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol