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Sören Bartol
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Frage von Sina Bunde und Anna S. •

Frage an Sören Bartol von Sina Bunde und Anna S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Bartol,

wir sind Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe Q2 an der Elisabethschule in Marburg, welche Sie im Rahmen des "Speeddatings" im September vergangenen Jahres besuchten.
In unserem Politik- und Wirtschaftkurs beschäftigen wir uns momentan mit Lobbyismus. Vergangene Stunde haben wir uns mit Chancen und Gefahren von Lobbyismus auseinandergesetzt.
Wir hatten herausgearbeitet, dass die Gefahr besteht, dass Politiker sich zu stark von Lobbyisten beeinflussen lassen. Abgesehen davon finden wir aber, dass Lobbyismus auch die Chance für Politiker darstellt, sich von Experten beraten zu lassen. Uns stellte sich dabei nun die Frage, wie Sie als Politiker zu Lobbyismus stehen. Lassen Sie sich oft von Lobbyisten beraten und inwiefern profitieren Sie davon? Und wenn sie sich beraten lassen, vertrauen Sie dann auf Meinungen einzelner Lobbygruppen, welche Ihnen dasselbe raten, oder holen Sie sich unterschiedliche Meinungen ein, sodass sie verschiedene Blickwinkel erhalten und somit verschiedene Interessen vertreten können? Außerdem hat es unseren Kurs interessiert, ob sie manchmal das Gefühl haben, dass sie sich zu stark von solchen Beratungen beeinflussen lassen.

Wir würden uns über eine schnelle Antwort von Ihnen sehr freuen!
Mit freundlichen Grüßen Sina Bunde und Anna Seifart stellvertretend für den Powi-Kurs der Q2 der Elisabethschule.

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Antwort von
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Hallo und vielen Dank für Ihre Anfrage!

Lobbyismus ist Teil der Politik, dem man sich nicht entziehen kann. Dessen muss man sich als Politiker bewusst sein und sich darauf einstellen.

Es liegt immer auch an Politikerinnen und Politikern, wie sie mit Lobbyismus umgehen. Dabei ist es wichtig, dass Verbandsvertreter mit offenem Visier kämpfen, also klar machen, für wen und mit welchem Interesse sie arbeiten. Dies ist beispielsweise bei einigen Lobbyeinrichtungen, die sich als Forschungsinstitute tarnen und vermeintlich wissenschaftlich-objektive Erkenntnisse publizieren, nicht der Fall. Man muss also bei allen Arten von Informationen immer prüfen, wer sie aus welchem Grund verfasst hat. Das gilt ganz besondere für Menschen, die politische Verantwortung tragen, aber auch für jede und jeden, die/der sich aus den Medien und dem Internet informiert.

Interessen gegenüber der Politik zu äußern ist nicht per se etwas Schlechtes. Ein Wirtschaftsverband hat nicht unbedingt nur die Gewinne der Mitgliedsunternehmen im Auge. Verknüpft damit ist unter Umständen auch der Erhalt von Arbeitsplätzen, was auch gut für die Gesellschaft ist. Außerdem gibt es eine Reihe von Verbänden, die gar nicht nur ihre eigenen Partikularinteressen vertreten, sondern weitere gesellschaftliche, soziale oder ökologische Ziele verfolgen. Bekannte Beispiele sind die großen Umweltverbände. Auch diese Organisationen betreiben Lobbying im Parlament.

Ich profitiere vom Fachwissen der Gesprächspartner aus den Verbänden. Sie sind oft Spezialisten auf ihrem Gebiet und sind damit einem Politiker, der sich mit einer Vielzahl von Themen beschäftigen muss, voraus. Sie sind häufig auch näher dran an den konkreten Problemen, um die es geht. Dafür ist es aber Aufgabe der Politik, größere Zusammenhänge und mögliche Auswirkungen auf die Zukunft zu sehen – das können (und wollen) Lobbyisten wiederum nicht unbedingt, weil sie sich auf die Interessen ihres Verbandes konzentrieren.

Natürlich haben manche Verbände erheblich mehr Ressourcen als andere. Ein großer Wirtschaftsverband kann sich eine hochprofessionelle Webseite leisten und Hochglanzbroschüren zu Treffen mitbringen. Die Vertreterinnen und Vertreter einer regionalen Bürgerinitiative können das nicht. Von derartigen Unterschieden darf man sich nicht blenden lassen. Die Bürgerinitiative hat möglicherweise viel relevantere Informationen als der große Verband.

Steht eine konkrete politische Entscheidung an, gibt es immer Verbände, die in die eine, und Verbände, die in die andere Richtung argumentieren. Und da es bei den meisten Themen nicht nur schwarz und weiß gibt, gibt es meist auch Verbände, die dazwischen liegende Meinungen vertreten. Mein Ziel ist es, mir Input von Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Interessen zu holen. Meine Aufgabe ist es dann, die relevanten Informationen herauszufiltern und mir unter anderem auf dieser Grundlage eine eigene Meinung zu bilden, die möglichst viele Interessen und auch langfristige Entwicklungen berücksichtigt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen. Wenn nicht, melden Sie sich bitte noch mal bei mir.

Viele Grüße
Sören Bartol MdB

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