Frage an Sören Bartol von Georg A. P. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Bartol,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Studien zeigen, dass die Sexualaufklärung in der Schule schädliche Folgen hat. Das war bereits Mitte der 70er Jahre durch Studien in Schweden bekannt, wo die flächendeckende Sexualaufklärung in Schulen schon Mitte der 50er eingesetzt hatte. Die Studien zeigten: Um 400 % erhöhte Geschlechtskrankheiten bei Minderjährigen und um 900 % gestiegene Schwangerschaftsabbrüche. Trotzdem wurde die Sexualaufklärung in Deutschland eingeführt.
Das sind die gesellschaftlichen Realitäten, mit denen wir es heute zu tun haben. Diese haben viele Ursachen: Einflüsse der Medien, allgemeiner Werteverfall, aber eben auch eine Sexualaufklärung, die nicht nur neutral aufzeigt, sondern auch manipuliert. Wenn zum Beispiel im kleinen Körper-ABC steht, das dem Kennenlernen des Körpers dient, dann muss da nicht stehen Schwulsein ist normal. Und wenn es da steht, sollte auch da stehen: Ehe ist normal. Oder nicht? Und zu den AIDS-Kampagnen: Plakate, in denen Werte wie Treue berücksichtigt werden, sind mir nicht bekannt. Meinen Sie nicht auch, dass eine positive Darstellung solch einer Lebensform eine wirksamere Hilfe wäre als diese feucht-fröhlichen Mach´s mit-Aufrufe?
Ich finde es gut, dass Sie Deutschland familienfreundlicher machen wollen und ich erkenne die Bemühungen der SPD in dieser Richtung an. Allerdings muss man die Dinge auch differenziert sehen. Warum hat der Fraktionssprecher Olaf Scholz denn seinerzeit (2002) gesagt, dass mit den Ganztagesschulen die SPD die „Lufthoheit über den Kinderbetten erringen“ werde und dass damit das Auslaufmodell Familie endgültig den Weg zum sozialistischen Fortschritt freimachen würde? Ich bin manchmal nicht ganz sicher, in welche gesellschaftspolitische Richtung die Erfolge Ihrer Familienpolitik zielen.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Pflüger
Sehr geehrter Herr Pflüger,
meinen Standpunkt zur Notwendigkeit der Sexualaufklärung habe ich Ihnen schon ausführlich dargelegt. Hinzufügen möchte ich noch, dass wir uns meines Erachtens als Gesellschaft über jede (auch gleichgeschlechtliche) Beziehungsform, in der zwei Menschen sich aus freien Stücken zueinander bekennen und füreinander einstehen wollen, freuen sollten. Was normal ist oder nicht, das muss jeder für sich selbst herausfinden.
Sehr gern füge ich auch den von Ihnen angesprochenen Ausschnitt aus der Bundestagsrede von Olaf Scholz vom 30. Oktober 2002 an. In diesem wird der Zusammenhang, in dem er die Wendung „Lufthoheit über den Kinderbetten“ – zugegebenermaßen sicher auch nicht die glücklichste Formulierung – verwendet hat, sicher noch einmal klarer:
„Meine Damen und Herren, in der Familienpolitik haben Sie ein ähnliches Problem. Was Sie dabei falsch machen, grenzt schon ans Dramatische. Ich erinnere mich sehr genau daran, dass sich ein früherer Generalsekretär Ihrer Partei darum bemüht hat, aufzuzeigen, dass Sie bei der Familienpolitik ein Defizit haben. Das war Ihr Herr Geißler. Er ist daran gehindert worden. Dann haben Sie 1998 die Wahl verloren. Ich erinnere mich noch ganz genau an alle Wahlanalysen, die Sie gemacht haben. Eigentlich haben Sie gesagt: Hätten wir doch zehn Jahre früher auf den Geißler gehört. Wir haben ein Defizit in der Familienpolitik. Niemand glaubt uns da mehr was.
Konsequenzen gab es keine. Nun war die Bundestagswahl. Sie haben die Analysen der Meinungsforschungsinstitute gelesen. Darin stand schon wieder das Gleiche. Dann durfte sich Frau Reiche kurzfristig profilieren. Jetzt haben Sie die Wahl verloren und haben gemeinsam analysiert: Wir haben die Wahl verloren, weil wir in der Familienpolitik ein nicht mehr zeitgemäßes Profil haben. Und was ist? Frau Reiche ist abgemeldet und Sie kritisieren die Politik der Bundesregierung aus dem gleichen Blickwinkel wie seit 1950. Ich glaube, dies ist Ihr Problem. Ich warne Sie auch: Retten Sie sich nicht mit den Formeln, von denen Sie glauben, dass Sie damit von der einen Tür zur nächsten kommen. Ihre Formel lautet immer, wir wollten den Menschen etwas vorschreiben, wir wollten ihnen zum Beispiel vorschreiben, dass sie arbeiten müssen. Das ist eigentlich das Einzige, was Ihnen zur Familienpolitik einfällt. Dabei ist dies nicht das Problem unserer Gesellschaft.
Wir haben eine Gesellschaft, in der es für Familien, in denen beide Partner berufstätig sein wollen, so schwierig ist wie in kaum einem anderen Land in Europa, dies zu organisieren, weil wir weniger Ganztagsbetreuungsplätze und weniger Ganztagsschulen als zum Beispiel Frankreich haben.
Deshalb sage ich Ihnen: Sie haben ein großes Problem. Wenn Sie sich politisch nicht bewegen, werden Sie es auch nicht lösen können. Sie haben die Lufthoheit über den Kinderbetten verloren. Solange das der Fall ist, werden Sie keine Wahl in Deutschland gewinnen können.“
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol, MdB