Portrait von Sören Bartol
Sören Bartol
SPD
100 %
39 / 39 Fragen beantwortet
Frage von Bastiaan Z. •

Frage an Sören Bartol von Bastiaan Z. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Bartol,

sie hatten mir am 21.7. auf meine Frage von mitte Mai (die mittlerweile verschollen ist?) geantwortet. Ich hatte ihre Antwort derweil mehrmals gelesen und sie dennoch nicht verstanden.

Daher beantworten sie mir bitte erneut, und diesmal, wenn möglich, ohne Zuhilfenahme von undefinierten Begriffen, meine Frage:

Warum halten sie es für sinnvoll, Kredite anderer Leute zu bedienen?

Im einzelnen geht es hierbei um Aktionen wie die Verstaatlichung der HRE, die Einrichtung von "Bad Banks" und dergleichen. Die Situation gleicht jener, in der ich von meinem Nachbarn 100 € leihe, und ihm, anstatt sie zurückzuzahlen, sage: "Frag doch jemand anderen", nur, dass "jemand anderes" in diesem Falle ich bin und meine Mitbürger, und Sie willens sind und in der Lage, dieses Geld von mir notfalls zu erpressen.

Halten sie es für sinnvoll, Privatleute, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, mit Gefängnis, öffentlicher Ächtung und ewiger Wirtschaftsunfähigkeit (Stichwort "Schufa") zu drohen, für gigantische Unternehmen (die im übrigen die Steuern, die Sie von mir erpresst haben, die Sie diesen Unternehmen geschenkt haben, wie üblich ihren Vorstandsmitgliedern auszahlen) aber eben Verpflichtungen abzunehmen?

Ich kann nach wie vor nicht erkennen, dass die Insolvenz von Unternehmen wie der "HRE", der "Landesbanken" oder dergleichen mich irgendwie betreffen würde. Die einzigen Menschen, die davon betroffen wären, sind die Mitarbeiter dieser und vergleichbarer Unternehmen. Und, tut mir leid, mein Mitgefühl für eine Branche, die sich jahrelang auf Kosten der Allgemeinheit bereichert hat, angekündigt hat, dies weiter tun zu wollen, jetzt dafür auch noch die Macht des Staates in die Hände nimmt, tendiert in letzter Zeit strikt gegen 0.

Wollen sie tatsächlich, dass die große Koalition als eine Zeit der beispiellosen Verstrickung des Staates in ein unlauteres, jedem einzelnen Bürger widerwärtiges Unterfangen im Gedächtnis bleibt?

Portrait von Sören Bartol
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zapf,

auch ich bin nicht dafür, die Kredite anderer Leute zu bedienen. Und ich glaube auch nicht, dass das bisher passiert ist.

Die Entscheidungen zur HRE sind gerade getragen davon, dass wir nicht bereit sind, als Bund Belastungen zu übernehmen ohne die Verfügungsberechtigung mit zu erwerben. Wir haben mit viel Geld die HRE an der Existenz erhalten, haben sie erworben (weitgehend) und werden sie so lange behalten (und aus ihr Gewinn ziehen), bis das investierte Geld zurück ist.

Darüber hinaus bin ich persönlich dafür, die Haftung von Verantwortlichen in Banken und ähnlichen Geldhäusern zu verschärfen. Allerdings ist die SPD mit diesem Vorhaben am Widerstand der CDU gescheitert. Ich hoffe, dass wir in der neuen Legislaturperiode mehr erreichen können.

Sie schreiben, dass Sie die Bedeutung von großen Geldinstituten für sich nicht sehen. Dies ist - was die direkte Beziehung angeht - sicherlich richtig. Aber Sie übersehen die grundsätzlichen Wirkungsmechanismen des Geldsystems: Geldinstitute müssen über liquide Mittel verfügen, um diese denjenigen zur Verfügung zu stellen, die einen Finanzbedarf (also einen Kreditbedarf) haben. Die großen Geldinstitute sind wirtschaftlich stark miteinander verknüpft. Sie halten Geschäftsanteile, Schuldverschreibungen und andere Finanztitel voneinander. Wenn eine dieser Banken bankrott geht, dann verlieren andere Geldinstitute soviel an materiellen Werten, dass sie über keine liquiden und damit ausleihbaren Mittel mehr verfügen. Das würde bedeuten, dass die gesamten Möglichkeiten der Kreditfinanzierung für die Wirtschaft verloren gingen. Damit könnten keine kreditgestützten Investitionen mehr getätigt werden, damit würde die Nachfrage nach Investitionsgütern zurückgehen, damit würden Arbeitsplätze in den Betrieben gefährdet. Steigt die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Menschen, die dann auf Leistungen aus den sozialen Sicherungssystemen angewiesen sind, müssen diese Systeme gegebenenfalls durch staatliche Mittel gestützt werden (wenn die einkommenden Beiträge nicht ausreichen) und damit wären wir - wenn auch über viele Zwischenstationen - an der Stelle, wo der Staat und damit wir alle - finanziell einstehen muss, um die Stabilität unserer Sicherungssysteme nicht zu gefährden. Dabei gehen Experten davon aus, dass das letztlich viel teuer wäre als das was erforderlich ist, um den Zusammenbruch einzelner Geldinstitute zu verhindern. Zusätzlich weise ich darauf hin, wie schon in meiner letzten Antwort, dass wir als Staat die Gelder für die Banken nicht umsonst geben, sondern uns diese Dienstleistung bezahlen lassen und die Gelder - nach erfolgreicher Rettung - auch wieder zurück verlangen (was bei Zahlungen in die Sicherungssysteme nicht der Fall wäre!).

Sicherlich waren meine Ausführungen an dieser Stelle etwas lang, aber es ist mir wichtig, die Zusammenhänge (wenn auch sehr vereinfacht) darzustellen. Die Rettung des Finanzsystems geschieht nicht um der Banker willen, sondern um in unserem Land Schaden zu vermeiden. Nicht Mitgefühl mit den Banken leitet unser Handeln, sondern Vorsorge für die Menschen. Und das ist, so finde ich, eine gute Entscheidungsgrundlage.

Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Sören Bartol
Sören Bartol
SPD