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Sören Bartol
SPD
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Frage von Klaus Peter S. •

Frage an Sören Bartol von Klaus Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Bartol,

ich habe Ihnen bei der letzten Bundestagswahl meine Stimme gegeben.

Mit Entsetzen sehe ich nun, dass Sie für das Gesetz gestimmt haben, welches der Exekutiven ermöglicht, über geheime Sperrlisten Inhalte im Internet auszublenden.

Bitte erläutern Sie mir, Ihrem Wähler, welche Argumente Sie persönlich zu diesem Schritt bewogen haben.

Danke. Gruss, Klaus Peter Schmidt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

gern erläutere ich Ihnen meine Sicht der Dinge und damit mein Abstimmungsverhalten zum Kinderpornografiebekämpfungsgesetz. Die Zusammenhänge verlangen, dass ich ein wenig aushole. Vorweg möchte ich betonen, dass ich dem Ursprungsentwurf der Gesetzesvorlage nicht zugestimmt hätte. Die von CDU und CSU eingebrachte Vorlage hätte dazu geführt, dass das individuelle Nutzerverhalten im Internet zu sehr überwacht hätte werden können. Die ursprünglich geplante Speicherung personenbezogener Daten von Nutzern, die aus Versehen bzw. durch eine Suchmaschine auf eine gesperrte Seite gelenkt werden, und die zusätzlich ebenfalls ursprünglich geplante Übermittlung dieser Daten zum Zwecke einer eventuellen Strafverfolgung, hätte ein angstfreies Surfen im Internet beeinträchtigt. Dies war für mich und meien Fraktion nicht akzeptabel. Das nun verabschiedete Gesetz ist dank des Einsatzes der SPD-Bundestagsfraktion nun ein reines Präventionsgesetz, bei dem keine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Zudem ist es nun ein gesondertes Spezialgesetz und damit nicht Bestandteil des Telemediengesetzes. Das ist insofern wichtig, alsdass alle getroffenen Regelungen ausschließlich für den Tatbestand Kinderpornografie rechtsgültig sind. Einer Ausweitung auf andere Bereiche wurde damit ein Riegel vorgeschoben. Außerdem wird die Geltungsdauer des Gesetzes bis zum
31.12.2012 befristet, damit es nur dann verlängert wird, falls eine Evaluierung belegt, dass die Maßnahme erfolgreich war. Die Änderungen dieser Punkte waren für mich ausschlaggebend, um dem Entwurf des Kinderpornografiebekämpfungsgesetzes doch noch zuzustimmen.

Ich bin überzeugt, wir alle wollen einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung. Natürlich ist die Löschung und Sperrung von kinderpornografischen Seiten hierbei nur ein kleiner Baustein. Die SPD-Fraktion hat mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan ein umfassendes Konzept mit konkreten zusätzlichen Maßnahmen vorgelegt. Eine unserer Kernforderungen lautet, dass die Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut ausgestattet sind und die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden weiter gestärkt wird. In den vergangenen Jahren haben wir zudem bereits das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornografie lückenlos unter Strafe gestellt.

Der Kampf gegen Kinderpornografie hat viele Facetten, die sich ergänzen und nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten. Unabhängig von der Frage, ob der Missbrauch von Kindern selbst zugenommen hat, stellt sich zunehmend das Problem der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten im Internet. Dies liegt an den Besonderheiten des Internets, in dem auch rechtswidrige Inhalte schnell verbreitet und anonym sowie ohne soziale Kontrolle konsumiert werden können. Die Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet ist deshalb ein wichtiges Thema. Das dürfte weitgehend unbestritten sein. Auch ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Ein rechtswidriges Verhalten dort kann selbstverständlich strafbar sein oder zivilrechtlich verfolgt werden.
Fraglich ist letztlich, mit welchen Maßnahmen die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet angemessen, rechtsstaatlich und möglichst effektiv verhindert oder zumindest erschwert werden kann.

Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornografie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, umgehend von den Internetprovidern heruntergenommen. Ein solcher direkter Zugriff ist im Ausland nicht möglich.
Zwar gilt auch hier der Grundsatz "Löschen vor Sperren", allerdings kann es hier oft Wochen oder Monate dauern, bis die entsprechenden Seiten in Kooperation mit dem jeweiligen Behörden des Landes entfernt werden - falls dies überhaupt gelingt. Nur deshalb stellt sich die Frage nach Zugangssperren. Es geht hierbei aber nicht um eine Internetzensur - es geht um die Bekämpfung krimineller Handlungen in einem ganz besonders gelagerten Fall.

Mit dem Gesetz wird das Ziel verfolgt, den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt aber auch darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Auch wenn dadurch der Missbrauch des jeweiligen Kindes nicht mehr verhindert werden kann, gilt es auch, das Persönlichkeitsrecht des Opfers zu schützen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass missbrauchte Kinder ohne jegliche Zugangssperre in Deutschland im Internet zur Schau gestellt werden, nur weil der Server sich im Ausland befindet.

Ich selbst bin jahrelanger Internet-User und verstehe das Argument nicht, warum meine Meinungsfreiheit durch eine Sperrung derartiger kinderpornografischer Seiten eingeschränkt sein soll. Ich halte die Vergleiche mit China und Iran in diesem Zusammenhang für absurd.
Selbstverständlich würde ich mich als Abgeordneter gegen jeden Versuch wehren, politische Meinungsäußerungen im Internet zu zensieren. Die freie Meinungsäußerung ist und bleibt in Deutschland geschützt, sowohl im Internet wie in den Print- und sonstigen Medien. Die Verbreitung von Kinderpornografie ist aber keine vom Grundgesetz geschützte Meinungsäußerung, sondern ein Straftatbestand.

Mit dem nun beschlossenen Gesetz wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf ganz wesentlich überarbeitet und verbessert, wobei die SPD-Bundestagsfraktion ihre wichtigsten Änderungsvorschläge in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion durchsetzen konnte. Wir haben damit auch die wesentlichen Kritikpunkte, die sich aus der Bundestagsanhörung und der Stellungnahme des Bundesrates ergeben haben, positiv aufgegriffen.
Der endgültige Beschluss hat insbesondere folgende Änderungen gebracht.
1. "Löschen vor Sperren":
Die Regelung kodifiziert den Grundsatz "Löschen vor Sperren". Danach kommt eine Sperrung durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornografischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist.
2. Kontrolle der BKA-Liste:
Die Neuregelung nimmt den Wunsch nach mehr Transparenz auf und etabliert ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Mit Blick auf die vornehmlich juristischen Aufgaben, nämlich zu bewerten, ob Inhalte die Voraussetzungen des § 184 b StGB erfüllen, muss die Mehrheit der Mitglieder des fünfköpfigen Gremiums die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder sind berechtigt, die Sperrliste jederzeit einzusehen und zu überprüfen. Mindestens einmal im Quartal erfolgt zudem zusätzlich auf der Basis einer relevanten Anzahl von Stichproben eine Prüfung, ob die Einträge auf der Sperrliste den Voraussetzungen des Paragraphen 1 Satz 1 erfüllen. Sollte die Mehrheit des Gremiums zu der Auffassung kommen, dies sei nicht der Fall, hat das Bundeskriminalamt den Eintrag bei der nächsten Aktualisierung von der Liste zu streichen. Das Expertengremium wird vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Dauer der Geltung des Gesetzes (31. Dezember 2012) bestellt.
3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden.
Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
4. Spezialgesetzliche Regelung:
Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Regelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte ausgeschlossen bleiben soll. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden.
5. Befristung:
Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Auf der Grundlage der nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob die Maßnahme erfolgreich war, um endgültig zu entscheiden.

Mit der neuen gesetzlichen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem Schreiben meine Position verständlich machen konnte und Sie mein Abstimmungsverhalten verstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol

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