Frage an Simone Peter von Philip V. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Frau Peter,
erläutern Sie bitte ihre Position zu den Griechenlandhilfen bzw. der Pleite Griechenlands und welche Haltung Sie zu den Rettungspaketen der EU haben?
Mit freundlichen Grüßen
Philip Vollmar
Sehr geehrter Herr Vollmar,
die gelungene Umschuldung, die eine Voraussetzung für die tatsächliche Auszahlung des zweiten Hilfspakets gewesen ist, macht deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir glauben an ein gemeinsames Europa und sind bereit, viel für dessen Zusammenhalt zu tun. Der erfolgreiche Schuldenschnitt zeigt: Nur durch ein entschiedenes und mutiges Vorgehen lässt sich die Situation unter Kontrolle bringen und zum Guten wenden. Die Bundesregierung verspielt Vertrauen, wenn immer wieder einzelne Kabinettsmitglieder, wie Innenminister Friedrich, einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone thematisieren. Ein solches Verhalten ist unverantwortlich und schadet dem gesamten Europäischen Projekt.
Der Schuldenschnitt ist unerlässlich, damit Griechenland eine realistische Chance bekommt, die Krise langfristig zu überwinden. Die Teilnahmequote von über 85 Prozent ist ein wichtiger Etappenschritt dazu. Jetzt müssen diejenigen, die sich bisher dem Schuldenschnitt verweigert haben, dazu gezwungen werden. Zur Wahrheit gehört: der Schuldenschnitt kostet auch den deutschen Steuerzahler etwas. Die Hypo Real Estate hat zum Beispiel angekündigt, mit 8,2 Milliarden an der Umschuldung teilzunehmen. Das heißt, weil die Bank zu 100 Prozent im Besitz des Steuerzahlers ist, etwa sechs Milliarden Euro Verlust. Die Bundesregierung muss umgehend die exakten Summen offenlegen und vor allem klären, wer eigentlich für diese Verluste aufkommen soll. Wenn die Bundesregierung weiter die Frage unbeantwortet lässt, wer die Kosten der Finanzkrise tragen soll, dann ist zu befürchten, dass es gerade die Menschen mit kleinen Einkommen in Deutschland sind, die über immer geringere öffentliche Leistungen und höhere Gebühren und Abgaben herangezogen werden. Das wollen wir verhindern.
Die sozialen Kosten einer Pleite wären - nicht nur für Griechenland - unerträglich. Die bisherige Rettungsstrategie für Griechenland hat bei weitem nicht den erhofften Erfolg gebracht. Die Bundesregierung hat bisher viel zu einseitig auf eine reine Spar-Politik gesetzt. Das neue Rettungspaket korrigiert dieses Vorgehen an verschiedenen Stellen. An einer Konsolidierung des Haushalts kommt Griechenland zweifellos nicht vorbei. Gleiches gilt für die notwendigen Strukturreformen und der Behebung des Einnahme-Problems.
Bis Ende Februar hat sich das griechische Parlament verpflichtet, eine Reihe von Sparmaßnahmen zu beschließen. Dazu gehören Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst sowie Kürzungen bei den Renten- und Gesundheitsausgaben. Diese Schritte sind hart und schmerzhaft. So notwendig sie sind, um die Vereinbarungen mit der Troika aus EU, IWF und EZB zu erfüllen, so wichtig ist es, jetzt nicht stehen zu bleiben. Deshalb muss Europa Investitionen in Griechenland ermöglichen. Mit einer gemeinsamen europäischen Anstrengung für Investitionen in Infrastruktur und Energie.
Griechenland ist kein armes Land, hat aber massive Probleme bei der Steuereintreibung. Viele wohlhabende Griechen haben ihr Geld ins Ausland verschoben und vor dem griechischen Fiskus in Sicherheit gebracht. Alleine in der Schweiz liegen nach Schätzungen Schweizer Medien 286 Milliarden Euro griechisches Privatvermögen. Griechenland alleine hat keine Möglichkeiten, die Schweiz zu einer Nennung der Kontoinhaberinnen und -inhaber zu bewegen. Druck kann nur durch die EU kommen. Sie muss mit einer europäischen Steuerpolitik dafür sorgen, dass griechisches Vermögen - egal, wo es liegt - seinen fairen Beitrag zur Lösung der Krise leistet. Die Bundesregierung lehnt dies strikt ab und torpediert eine europäische Steuerpolitik: Statt in der EU gegen Steuerflucht zu kämpfen, will sie lieber mit der Schweiz ein eigenes Abkommen unterzeichnen. Das unterwandert alle Anstrengungen zu einer wirklichen europäischen Steuerpolitik, und damit schwinden die Chancen, griechische Vermögen angemessen zu besteuern.
Die privaten Gläubiger müssen auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten. So soll eine Reduzierung der griechischen Schulden um 107 Milliarden Euro erreicht werden. Darüber hinaus verpflichten sich die Banken, neue griechische Anleihen in Höhe von 63 Milliarden Euro über 30 Jahre zu einem sehr günstigen Zinssatz zu akzeptieren. Insgesamt ergibt sich eine Privatgläubigerbeteiligung von über 70 Prozent.
Neben dem Schuldenschnitt brauchen wir ein Instrument, das überall in Europa die Schulden abbaut. Das kann der Schuldentilgungsfonds des Sachverständigenrats sein. Er verbindet europäische Solidarität über eine gemeinsame Haftung mit einem Plan zur Verringerung der Schulden. Finanziert werden soll der Pakt unter anderem durch eine Abgabe auf große Vermögen. Denn die Schulden des einen sind die Vermögen der anderen. Auf beiden Seiten müssen wir ansetzen.
Investitionen in Bildung, Klimaschutz oder Hilfen bei einer Verwaltungsreform - all dies kann Griechenland helfen, langfristig aus der Krise zu kommen. Finanzieren können wir dies zum Beispiel durch eine Finanztransaktionssteuer. Deren Aufkommen soll an die EU fließen.
Allein mit Ausgabenkürzungen wird Griechenland nicht aus der Misere herauskommen. Sie ist auch kein faires Angebot an die Menschen dort. Die notwendigen Reformen verkrusteter Strukturen sind nur tragbar, wenn alle ihren Teil beitragen. Deswegen dürfen die Kürzungen nicht alleine stehen, sondern gehen nur zusammen mit besseren Einnahmemöglichkeiten und einem soliden Schuldenabbau.
Ich hoffe, Ihnen eine befriedigende Antwort gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Simone Peter