Frage an Simone Peter von Harald K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Dr. Peter,
in den Medien ist in letzter Zeit immer häufiger von einer möglichen Bewaffnung des Irans mit Atomwaffen zu hören.
Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit einer militärischen Bedrohung Israels durch den Iran ein?
Mit freundlichen Grüßen,
H. Kiefer
Sehr geehrter Herr Kiefer,
hierzu lasse ich Ihnen zwei Statements unseres Iran-Spezialisten und grünen MdB Omnid Nouripour zukommen:
Iran: Bewaffnete Auseinandersetzung verhindern
Freitag, den 09. März 2012
Die Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Konflikts mit dem Iran laufen nach der Parlamentswahl im Land wieder an. Trotzdem begibt sich die Tageszeitung taz auf die Suche nach möglichen Szenarien für den Fall, dass der Konflikt weiter eskaliert. Omid Nouripour warnt vor einer Blockade der Straße von Hormus. Die taz schreibt dazu:
Auf ein anderes Szenario als eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran weist der grüne Politiker Omid Nouripour hin. Er glaubt nicht an einen Schlag Israels gegen den Rivalen im Osten. „Die größte Gefahr besteht darin, dass Irans Präsident Ahmadinedschad die Straße von Hormus blockiert“, sagt Nouripour über die unter anderem für Öltransporte entscheidende Meerenge am Persischen Golf.
Dieser Fall würde zwangsläufig eine UNO-Resolution nach sich ziehen - und einen Militäreinsatz gegen die Blockade. Dann wäre wohl auch Deutschland direkt betroffen: „Einem solchen Einsatz könnte sich niemand entziehen“, sagt Omid Nouripour. Damit es möglichst zu keinem der Szenarien kommt, sind Diplomaten der Bundesregierung seit Wochen in der Region aktiv.
"Der Bad Guy ist eindeutig der Iran"
Montag, den 06. Februar 2012
Die Lage im Konflikt mit dem Iran spitzt sich weiter zu. Omid Nouripour spricht am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit t-online.de über mögliche Entwicklungen und fordert zu Rationalität und kluger Reaktion im Umgang mit dem Iran auf. Er hoffe, dass Sanktionen dazu führen, dass der Iran zu neuen Gespräch bereit ist, so Nouripour im Interview.
t-online.de: Herr Nouripour, steht die Welt vor einem Krieg um Irans Atomprogramm?
Omid Nouripour: Ich hoffe nicht, aber wir waren noch nie so kurz davor. Es sieht so aus, als würde die israelische Politik den Boden der Rationalität verlassen und einen Militärschlag in Erwägung ziehen, der das iranische Atomprogramm gar nicht stoppen kann - mit unabsehbaren politischen Konsequenzen für die ganze Region.
Was treibt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an?
Ich befürchte, das ist eher innenpolitisch motiviert. Ich verstehe sehr gut, dass die Israelis in großer Aufregung sind. Eine iranische Atombombe ist eine Gefahr für Israel, die man sehr sehr ernst nehmen muss. Aber die nicht-militärischen Druckmittel sind längst nicht ausgeschöpft. Es wäre töricht, jetzt einen Militärschlag zu unternehmen.
Ist die Krise nicht vor allem Irans Schuld? Das Regime spielt seit Jahren mit seiner Atom-Option.
Natürlich. Der "Bad Guy" in diesem Spiel ist eindeutig der Iran, das ist gar nicht die Frage. Die Frage ist: Haben wir die Gelassenheit und die Rationalität damit auch klug umzugehen? Das scheint mir nicht immer der Fall zu sein. Dass das Problem der Iran ist, ist unbestritten. Aber wir dürfen auch nicht auf jede Provokation eingehen.
Was könnte in den kommenden Wochen passieren?
Im schlechtesten Fall gibt es einen Militärschlag gegen den Iran, der dazu führen wird, dass die Iraner ihren kalten Krieg mit Saudi-Arabien in den verschiedenen Nachbarländern eskalieren lassen - vom Libanon bis Bahrein. Ich hoffe aber, dass die Sanktionen oder vielleicht noch weitergehende Sanktionen den Druck so weit anheben, dass die Iraner bereit sind, ein ernsthaftes Gespräch zu führen.
Bisher haben sich die Iraner in solchen Situationen eher durch ihre Hinhaltetaktik ausgezeichnet.
Das größte Problem im Iran ist, dass die Macht nicht homogen ist. Es ist nicht einfach, mit einer Seite eine Vereinbarung zu treffen und gleichzeitig sicher zu sein, dass eine andere Seite innerhalb der Machtstrukturen das nicht hintertreibt. Der Staatspräsident und der Revolutionsführer bekriegen sich ziemlich offen.
Wie sollte sich Deutschland im Falle eines Krieges dazu stellen?
Ich will darüber gar nicht nachdenken, weil das fatal wäre. Natürlich ist Israel ein Land, dem wir sehr verpflichtet sind und wir müssen alles dazu beitragen, was wir können, dass Israels Sicherheit auch gewährleistet ist. Das Größte, was wir im Moment dazu tun können, ist, Israel von einer solchen Dummheit abzuhalten.
Sie haben gute Kontakte in den Iran. Wie erleben die Menschen dort die augenblickliche Krise?
Die Verunsicherung ist sehr groß, die wirtschaftliche Lage durch die schlechte Wirtschaftspolitik von Präsident Ahmadinedschad miserabel und die Sanktionen der EU verunsichern die Leute noch mehr. Der Punkt aber ist, dass ein Militärschlag die Zerrissenheit im Land vorübergehend zugunsten von Ahmadinedschad aufheben würde. Die Möglichkeit, dass viele Menschen, die diese Regierung hassen, sich um sie gruppieren, weil ihr Land im Krieg ist, ist weiterhin da.
Das heißt, ein Krieg wäre schlecht für die Grüne Revolution?
Ein Krieg wäre das Ende aller Freiheitsbestrebungen im Land, weil das die ultimative Ausrede wäre, politisch unliebsame Menschen aus dem Weg zu räumen.
Mit freundlichen Grüßen,
Simone Peter