Frage an Sibylle Schmidt von Olwen B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
In wie weit stimmen Sie den Ausübung des Vorkaufsrecht, durch den Stadt zu? Wie finden Sie es, dass der Bezirk Kreuberg-Friedrichshain, gerade 4,4 Millionen für ein Vorderhaus mit Seitenflügel bezahlt hat in der Zossener Str um den Milieu zu erhalten?
Liebe Olwen,
vor einigen Monaten wollte ein Investor das Neue Kreuzberger Zentrum am Kottbusser Tor für 57 Millionen € kaufen. Auch hier wurde das Vorkaufsrecht des Bezirks zugunsten einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft angewendet. Welches „Milljöh" soll denn am Kotti erhalten werden? Reanimierte Drogenopfer? Halluzinierende Touristen? Intubierte Gewaltopfer oder traumatisierte Anwohner? In traurige Punkte muss Bewegung hinein. Am Besten durch Kreativität und Investitionen der Privatwirtschaft statt eines Eingriffs in den freien Wettbewerb. Nur weil es dort so aussieht, wie es aussieht, muss man doch noch die Vorstellungskraft haben, es zu ändern. Es gibt im Bezirk eine Gestaltungsverordnung, die immer dann nicht angewendet wird, wenn Geschäftsleute ohne Stil zugemeterte Klassizismusfassaden mit rotgrünorangen Lichterketten verzieren, damit unscharf fotografierte Fleischberge auf breit angelegten Neontafeln besser zur Geltung kommen.
Meines Erachtens soll das Vorkaufsrecht des Bezirkes linksrotgrüne Wähler in Abhängigkeit halten, so dass sie auch bei der nächsten Wahl wieder dankbar die 50 € Verbesserung ihrer Lebenssituation annehmen, die linksrotgrün kurz zuvor versprechen. Ich kenne die Zossener Straße 18 seit Jahren. Eine Mieterin erzählte freudestrahlend, dass sie zwar eine Mieterhöhung hinnehmen müssen, das Haus aber nicht in Eigentumswohnungen aufgeteilt wird. Viele Mieter wünschen sich, ihre Wohnung kaufen zu können. Auch wenn Kaufpreise hoch sind, werden Wohnungen zu Spardosen, die problemlos wieder verkauft werden können. Wenn es in der Bezirksverordnetenversammlung um das Vorkaufsrecht geht, schaut die Hälfte der Grünen betreten zur Seite. Durch die künstliche Verknappung steigt der Wert bestehender Eigentumswohnungen der klassischen Erbengeneration beträchtlich. Letztendlich könnte es zum Geschäftsmodell werden, von Milchmädchen regierten Bezirken auf diese Art und Weise zu überteuerten Preisen ein Haus anzubieten. 4400 € pro qm ist selbst für Kreuzberg völlig übertrieben. Die Substanz des Hauses wurde nicht geprüft. Im Keller riecht es nach Schimmel. Wenn die Gewobag Rücklagen hat, könnte sie zuerst asbestverseuchte Fußböden aus zahlreichen Wohnungen herausreißen. Hier sollten kurz vor der Wahl auf Kosten von Steuerzahlern drei Mieter beruhigt werden. Die anderen sind stocksauer und werden Parteien wählen, für die Wirtschaft und Finanzen nichts mit „Verteilungsgerechtigkeit“ zu tun haben. Es gibt nicht die einfachen Lösungen, die linksrotgrün versprechen.
Selbst in armen Ländern leben Menschen in eigenen Hütten. Wir brauchen ein Vorkaufsrecht für Mieter, statt für Bezirke. Raus aus der Miete! Wir brauchen Wohnungskredite für jede Einkommensart. Selbst Alg II Formulare sind auf Kreditzahlungen vorbereitet. Die Wohnung sollte Banken als Sicherheit genügen. Statt einer Eigenheimförderung könnte bei Familien die Grunderwerbssteuer wegfallen. Staatliche Wohnungsbaugesellschaften sollten Wohnungen einzeln an Mieter verkaufen. Besitzer pflegen und renovieren selbst bewohnten Wohnraum, so dass auch in langweiligen Siedlungen kreative Eigentümergemeinschaften entstehen werden. Es sollte problemlos ein Zimmer an Studenten oder Touristen vermietet werden können. Airbnb und Co. ermöglichen auf diese Art und Weise auch ärmeren Menschen eine Reise. Tourismus kommt direkt bei den Bürgern an. Er gibt Impulse und es bilden sich weltweite Bekanntschaften. Ich möchte, dass weniger wohlhabende Menschen innerhalb von 15 Jahren ihre Lebenssituation verbessern können. Leben heißt Veränderung. Berlin könnte Schulden abbauen durch den Verkauf von Wohnungen landeseigener Gesellschaften an die eigenen Mieter mit Krediten der Landesbank. Gleichzeitig würde eine ganze Einkommensschicht innerhalb einer Generation ihren Lebensstandard erhöhen.
Liebe Grüße
Sibylle