Wie stehen Sie zur geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab 2026 und zur Entwicklung europäischer Waffen dieses Typs?
Sehr geehrter Herr C.,
zunächst vielen Dank für Ihre Nachricht.
Im August des vergangenen Jahres hat das SPD-Präsidium einen Beschluss zur Sicherheit für Deutschland und Europa gefasst, der auch heute noch Gültigkeit hat. Denn seit mehr als drei Jahren führt Russland einen erbarmungslosen Krieg gegen seinen Nachbarn. Angesichts dieser Bedrohungslage hat die SPD-geführte Bundesregierung - gemeinsam mit vielen unserer europäischen Partner - in den vergangenen Jahren wichtige Weichenstellungen vorgenommen, um Frieden, Sicherheit und unsere Freiheit in Europa zu schützen. Diesen Weg gilt es fortzusetzen.
Ein gerechter Frieden in der Ukraine muss ebenso unser Ziel sein wie die Rückkehr zu einer wirksamen Rüstungskontrolle in Europa und der Aufbau einer neuen regelbasierten Friedensordnung, an die sich die Länder unseres Kontinents gebunden fühlen. Grundlage für Frieden, Rüstungskontrolle und eine solche Friedensordnung ist die Zurückweisung der völkerrechtswidrigen russischen Aggression, die Wiedererlangung der Fähigkeit zur Verteidigung unseres Landes und die enge Einbindung in das nordatlantische Bündnis.
Die Vereinbarung der SPD-geführten Bundesregierung mit der US-Regierung, ab 2026 amerikanische Raketen größerer Reichweite in Deutschland zu stationieren, ist ein wichtiger Baustein. Dieser Schritt ist eine Reaktion auf den eklatanten Völkerrechtsbruch Russlands in der Ukraine.
Schon heute sind Sicherheit und Frieden in Deutschland und Europa konkret in Gefahr, zum Beispiel durch hybride Angriffe aus Russland oder durch russische Drohungen gegen unsere unmittelbare Nachbarschaft, insbesondere gegen unsere Partner in Mittel- und Osteuropa. So sehr wir Frieden wollen und an gerechten Friedensperspektiven arbeiten, müssen wir auch in Zukunft Sicherheit vor Russland organisieren.
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine systematische Aushöhlung und Aufkündigung von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen bedeuten auch einen massiven Angriff auf die bisherige europäische Sicherheitsarchitektur. Deutschland übernimmt in enger Abstimmung mit seinen Partnern eine Führungsrolle bei der Verteidigung von Sicherheit, Frieden und Freiheit in Europa. Wir stärken die Bundeswehr und den europäischen Pfeiler in der NATO. Ein wichtiger Baustein ist dabei der Aufbau einer effektiven Luftverteidigung in Europa mit der European Sky Shield Initiative von Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich inzwischen 21 europäische Staaten angeschlossen haben.
Die wirksame Stärkung der Luftverteidigung in Europa ist ebenso wie die Entwicklung eigener abstandsfähiger Präzisionswaffen bereits in der Nationalen Sicherheitsstrategie 2023 der Bundesregierung ausdrücklich vorgesehen. Die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland dient somit den von der Bundesregierung bereits definierten Zielen.
Diese Stationierung ist keine konfrontative Aufrüstung, sondern eine Stärkung unserer Landesverteidigung und der Bündnisfähigkeit von NATO und EU mit Waffensystemen, über die Russland seit Jahren verfügt. Parallel dazu wird seit geraumer Zeit die Entwicklung eigener europäischer Fähigkeiten mit unseren europäischen Partnern vorangetrieben. Die geplanten Waffen sollen mit konventionellen Sprengköpfen bestückt und in bestehenden US-Militäreinrichtungen im Westen Deutschlands stationiert werden. Eine nukleare Bewaffnung der Systeme ist nicht vorgesehen. Die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Zwei-plus-Vier-Vertrag werden eingehalten.
Europa braucht eine glaubwürdige Abschreckung, gerade um eine Ausweitung der kriegerischen Aktivitäten zu verhindern und letztlich auch, um der Ukraine zu helfen, Russland perspektivisch zu Verhandlungen über einen gerechten Frieden für die Ukraine zu bewegen.
Europa muss diese Verhandlungen aus einer Position der Stärke führen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Investitionen in unsere umfassende Sicherheit erhöhen und auf die Bedrohung durch Russland reagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Roloff