Was für Auswirkungen hätte ein bedinungsloses Grundeinkommen auf den Arbeitsmarkt, die Löhne, die Inflationsrate und die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen und wie würden Sie damit umgehen?
Ich bin ein Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens, sehe aber eine Umsetzung unter dem Gesichtspunkt der Bedingungslosigkeit als derzeit schwer bis unmöglich an. Daher werde ich im Folgenden auf die Auswirkungen eines Grundeinkommens generell eingehen. Vieles gilt aber in beiden Fällen. Vorab muss ich aber anmerken: Das ist alles sehr theoretisch und die tatsächlichen Auswirkungen lassen sich erst wirklich feststellen, wenn ein groß angelegter Versuch durchgeführt wird.
Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind schwierig vorherzusehen. Es wird mit Sicherheit Menschen geben, die mit einem Grundeinkommen ihre Arbeitszeit reduzieren. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass die Zeit wieder gefüllt werden muss, weshalb neues Personal eingestellt werden muss. Die Alternative wäre eine Reduktion der Produktionsleistung und ich sehe nicht, dass ein Unternehmen das so machen wollen wird. Deswegen wird ein Grundeinkommen vermutlich nach einer Übergangsphase eher für eine Senkung der Arbeitslosenquote sorgen. Das wiederum könnte auch durch eine vermehrte Selbstständigkeit passieren, aber dazu weiter unten mehr. Insgesamt ist das aber eine gute Entwicklung.
Die Auswirkungen auf die Löhne könnten das System zum Scheitern bringen. Prekäre Arbeitsverhältnisse könnten zunehmen, die Löhne würden stellenweise sicherlich stagnieren. Hier muss in jedem Fall ein Gleichgewicht gefunden werden, um die Sicherheit, die ein Grundeinkommen leisten soll, nicht direkt zu gefährden. Eine Lösung dafür habe ich ad hoc leider nicht parat.
Die Auswirkungen auf die Inflationsrate hängen stark von der Höhe des Grundeinkommens ab. Hier eine pauschale Aussage zu liefern, finde ich falsch. Experten gehen davon aus, dass ein Grundeinkommen wegen des Preisanstiegs aufgrund der erhöhten Nachfrage zu einer höheren Inflationsrate führt. Das würde aber womöglich vor allem solche Produkte betreffen, die von Menschen hergestellt werden. Grundsätzlich gilt aber, dass das nur dann eintritt, wenn zusätzliches Geld in das Finanzsystem gebracht wird. Ein Grundeinkommen auf Basis einer Umverteilung hat weniger gravierende Effekte. In beiden Fällen aber müssen die Zentralbanken in den kritischen Momenten gegensteuern.
Die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen sind ebenfalls recht unterschiedlich. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter zu schlechten Bedingungen haben arbeiten lassen, werden sich dringend umorientieren müssen, da sie vermutlichen einen deutlichen Personalmangel erleben werden. Das ist dann aber wieder ein Zeichen dafür, dass diese Unternehmen kein guter Ort zum Arbeiten waren. Gute Arbeitsbedingungen werden Menschen immer auch motivieren, deswegen ist eine solche Umgebung in Kombination mit einem Grundeinkommen vermutlich insgesamt sogar förderlich. Meiner Einschätzung nach wird es auch eine Zunahme von Neugründungen geben. Ein Start-up zu gründen ist immer ein Risiko, mit einer finanziellen Absicherung aber ist das wesentlich leichter möglich. Menschen mit Ideen, mit Gründungsvorhaben werden das tun, wenn ihnen die Chance gegeben ist. Auch Künstler, Musiker, Autoren und viele andere werden von einem Grundeinkommen profitieren können und so ihren Beitrag zur Wirtschaftsleistung auf ganz eigene Art leisten.
Ich bleibe weiterhin bei meiner Einschätzung, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen ideal wäre, aber politisch ist es derzeit noch nicht umsetzbar. Schrittweise kann der Weg dahin aber geebnet werden (es wird immer Menschen geben, die dem Ganzen negativ gegenüber stehen), um letztlich eine Einführung zu vollführen. Wir sollten daran arbeiten, weil die Chancen deutlich die Risiken aufwiegen.
(2) https://www.mein-grundeinkommen.de/erkenntnisse/was-ist-es
(3) https://www.grundeinkommen-hamburg.de/grundeinkommen/auswirkungen/
(4) https://www.ifo.de/DocDL/ifo_Forschungsberichte_121_Mikrosimulation-Grundeinkommen.pdf]
(5) https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.880044.de/diwkompakt_2023-195.pdf