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Sandra Detzer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Elisabeth H. •

Wie stimmen Sie bei der Verabschiedung des PUEG ab?

Sehr geehrte Frau Detzer,

mit der geplanten Verabschiedung des PUEG (Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz) geht eine massive Ungleichbehandlung von BewohnerInnen von SeniorInnen-Heimen und solchen einer Pflege-WG einher. Dies darf auf keinen Fall passieren. Ambulant betreute Pflegewohngemeinschaften sind ein sehr wichtiger und elementarer Beitrag zu einem selbstbestimmten Leben im Alter. (Auch ich habe vor, wenn ich pflegebedürftig werden sollte, in einer solchen Wohngemeinschaft zu leben.) Ich weiß, dass auch jetzt schon die Finanzen dieser Betreuungs- und Lebensform auf "Kante genäht" sind. Das neue PUEG bedeutet deren Aus.
Ich bitte Sie eindringlich, gegen das PUEG in dieser Form zu stimmen!!
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth H.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG).

Wir stehen in der Pflege vor großen Herausforderungen. Nicht nur Pflegebedürftige, sondern auch pflegende Angehörige und Heimbetreiber verlassen sich auf eine stabile, soziale Pflegeversicherung.

Über vier Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland werden zu Hause versorgt. Ein Großteil von ihnen wird durch Angehörige gepflegt, oft ganz ohne professionelle Unterstützung. Pflegende Angehörige sind damit das Rückgrat der pflegerischen Versorgung in Deutschland. Es ist uns wichtig, ihren Einsatz wertzuschätzen. Sie verdienen gute Bedingungen und ausreichende Unterstützung im Alltag. Nach den Belastungen in der Corona-Zeit steht die häusliche Pflege aber aktuell immer mehr unter Druck, da die Leistungen der Pflegeversicherung durch die steigende Inflation an Wert verlieren. Dagegen wollen wir angehen.

Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz enthält dafür wichtige Bausteine. Das Pflegegeld wird zum 01. Januar 2024 um fünf Prozent angehoben, ebenso wie die Zuschüsse der Pflegeversicherung zur Bezahlung von Pflegediensten, die ambulanten Sachleistungen. Das Pflegeunterstützungsgeld, das pflegenden Angehörigen zur Verfügung steht, wenn sie zur Organisation der Pflege kurzfristig nicht arbeiten können, kann künftig zehn Tage in jedem Jahr und nicht nur einmalig in Anspruch genommen werden. Die Zuschüsse zu den Eigenanteilen von Pflegeheimbewohner*innen sollen ebenfalls ansteigen. Für die Jahre 2025 und 2028 sind weitere Anhebungen aller Leistungen der Pflegeversicherung vorgesehen.

Im Zuge der parlamentarischen Beratungen konnten wir außerdem wichtige Nachbesserungen erreichen. Das Entlastungsbudget wurde, anders als im Regierungsentwurf vorgesehen, wieder in das Gesetz aufgenommen und wird ab dem 1. Juli 2025 eingeführt. Damit wird es möglich, Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege flexibel zu kombinieren, sodass pflegende Angehörige eine Auszeit nehmen können und die Pflegebedürftigen währenddessen gut versorgt sind. Für Eltern von pflegebedürftigen Kindern mit Pflegegrad 4 oder 5, die nicht älter als 25 Jahre alt sind, steht dieses Entlastungsbudget schon ab dem 01. Januar 2024 zur Verfügung. Denn sie müssen über viele Jahre die Pflege ihrer Kinder sicherstellen, oftmals neben ihrer Erwerbstätigkeit, und sind dadurch besonders belastet.

Außerdem konnten wir vereinbaren, Modellvorhaben zur Förderung von Unterstützungsmaßnahmen für Pflege im Quartier einzuführen. Das ist ein wichtiger Schritt, um mehr Strukturen vor Ort aufbauen zu können, die die häusliche Pflege unterstützen. Von 2025 bis 2028 stehen dafür jährlich 30 Mio. Euro bereit, die durch die Bundesländer oder Kommunen auf bis zu 60 Mio. Euro aufgestockt werden können. Ebenso konnten wir durchsetzen, dass die Fördermaßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, insbesondere für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bis zum Jahr 2030 verlängert werden, anstatt dass sie 2024 auslaufen.

Wir sind uns bewusst, dass auch ambulant betreute Wohngemeinschaften ein wichtiges Angebot für pflegebedürftige Menschen in Deutschland sind und dass sie aktuell mit steigenden Kosten zu kämpfen haben. Dementsprechend haben wir uns in den Verhandlungen zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz für bessere finanzielle Rahmenbedingungen, insbesondere für eine Anhebung des Wohngruppenzuschlages, eingesetzt. In den bis zum Schluss angesichts der Haushalts- und Wirtschaftslage sehr schwierigen Verhandlungen innerhalb der Koalition konnten wir hier aber leider keine Verbesserung erreichen. Nun gilt, dass der Wohngruppenzuschlag wie die anderen Leistungsbereiche der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2025 und 1. Januar 2028 angehoben wird.

Wir lassen uns aber nicht entmutigen und werden die Belange der ambulanten Wohngemeinschaften in den nächsten Gesetzesverhandlungen zur Pflege wieder einbringen. Das gilt ebenso für mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Kommunen in der Pflege.

Eine weitere wichtige Änderung, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vorgenommen wurde, ist, dass es künftig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der telefonischen Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit geben soll. Dies war ein Wunsch der Medizinischen Dienste, die die Begutachtungen durchführen, aber auch von pflegebedürftigen Menschen selbst. Allerdings soll diese Möglichkeit nicht bestehen, wenn es sich beispielsweise um eine erstmalige Begutachtung oder um pflegebedürftige Kinder handelt. Voraussetzung ist außerdem, dass der Medizinische Dienst Bund entsprechende Richtlinien erlässt, die auf pflegewissenschaftlichen Studien zu der Frage basieren, in welchen Fallkonstellationen eine Begutachtung durch ein strukturiertes, telefonisches Interview erfolgen kann. Wir halten das für eine gute Lösung, um dem Wunsch nach einem vereinfachten Verfahren Rechnung zu tragen. Gleichwohl wird dabei aber nicht außer Acht gelassen, dass ein Besuch in der Häuslichkeit der Pflegebedürftigen ausschlaggebend dafür sein kann, um ihren tatsächlichen Hilfebedarf sicher erkennen und einschätzen zu können.

Um die Pflegeversicherung zu stabilisieren und die genannten Leistungsverbesserung zu finanzieren, wird der Beitragssatz zum 01. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Er wird künftig 3,4 Prozent betragen, für Kinderlose 4,0 Prozent. Ab dem zweiten Kind ist eine Entlastung um 0,25 Prozent vorgesehen, bis das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat. Diese Abstufung setzt die Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts um, die Anzahl der Kinder in der Pflegeversicherung zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um einen notwendigen Schritt, um diese Gerechtigkeitslücke zu schließen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Umstellung für alle Seiten gut und mit möglichst wenig Aufwand gelingt. Deswegen haben wir im parlamentarischen Verfahren eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025 geschaffen. Bis dahin gilt ein vereinfachtes Nachweisverfahren und Beiträge können rückberechnet und zurückerstattet werden. Außerdem wird bis März 2025 ein digitales Verfahren erarbeitet.

Aus unserer Sicht ist es jedoch keine nachhaltige Lösung, ausschließlich über die Anhebung des Beitragssatzes zu gewährleisten, dass die Pflegeversicherung ausreichend Mittel zur Verfügung hat. Im Koalitionsvertrag haben wir weitere Maßnahmen verabredet, um für eine bessere und gerechtere Finanzierung zu sorgen. Dazu gehört es, die von der Pflegeversicherung getragenen Pandemiekosten und die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige aus Steuermitteln zu erstatten. Das halten wir nach wie vor für richtig und werden uns weiter dafür einsetzen.

Mit besten Grüßen

Sandra Detzer​​​​

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