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Sabine Poschmann
SPD
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Frage von François H. •

Wie stehen Sie als Mitglied des deutschen Bundestages zu dem durch den internationalen Strafgerichtshof untersuchten mutmaßlichen Völkermord an den Palästinensern sowie Deutschlands Verantwortung?

Dies soll keiner Gutheißung der Hamas gleichkommen; diese hat ohne Zweifel ebenfalls GRÄUELtaten begangen, um sich an Israel in ungehöriger Weise zu rächen. Das, was dann von israelischer Seite folgte, kann man aber nicht im entferntesten auch nur als Verteidigung bezeichnen - man Blicke nur in die Berichte des IGH, der VN, sowie der NGOs vor Ort. Stattdessen wird aber immer von "Verteidigung" gesprochen, und selbst im deutschen Bundestag werden Geschichtslügen der israelischen Siedlungsbewegung wiederholt (z.B. von der "leeren Wüste" - eine Behauptung, die auf so viele Arten falsch ist, dass sie den Rahmen der Zeichenbegrenzung hier sprengen würde), und bis auf absolut wirkungslose und angesichts der Verhältnisse widerlich gemäßigte Worte bleibt die Unterstützung Deutschlands praktisch bedingungslos. Die Lehre aus Deutschlands historischer Verantwortung sollte aber sein, JEDEN Völkermord zu verhindern, nicht die bedingungslose Förderung Israels - oder etwa nicht?

Wie stehen Sie dazu?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Auch mich beschäftigen die Bilder aus Israel und Palästina. Das Leid der Opfer, Geiseln, Verletzten, Traumatisierten und Angehörigen bewegt mich sehr. Deshalb haben wir uns mit allen Mitteln dafür eingesetzt, die Zivilbevölkerung in Gaza mit Medikamenten, Lebensmitteln, Energie und Wasser zu versorgen. Insgesamt wurde die deutsche Hilfe für die palästinensischen Gebiete seit dem 7. Oktober 2023 um mehr als 300 Millionen Euro aufgestockt. Ich möchte aber auch anmerken, dass unser Einsatz für die Menschenrechte in Palästina und unsere besondere Verantwortung für Israel keine Gegensätze sind, sondern beide Grundsätze unserer Nahostpolitik sind.

Der Vorwurf des Völkermords ist die schlimmste Anschuldigung, die gegen einen Staat erhoben werden kann. Ich begrüße, dass der IStGH hier ermittelt und unterstütze die Aufklärung. Ich will dem Urteil des IStGH nicht vorgreifen und bin selbst auch keine Völkerrechtlerin, aber das Ausmaß der Zerstörung in Gaza ist für mich zutiefst erschütternd und kaum zu verteidigen. Die Anzahl der Opfer ist nicht zu rechtfertigen, auch nicht durch die verabscheuungswürdigen Taten der Hamas und der legitimen Selbstverteidigung Israels. Wo bereits Anklage erhoben wurde oder durch die EU Verstöße festgestellt wurden, müssen wir auf Worten Taten folgen lassen und Sanktionen gegen die Verantwortlichen erlassen, sowohl in Israel als auch Palästina.

Die lang ersehnte Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln sind wichtige erste Schritte für einen möglichen Frieden und die Perspektiven für den Wiederaufbau. Wir setzen uns weiterhin über diplomatische Kanäle für einen Erhalt der Waffenruhe und einen nachhaltigen Frieden ein und werden Gaza anschließend auch beim Wiederaufbau unterstützen. Ich hoffe, auch Israel erkennt, dass eine Zukunftsperspektive für die Palästinenser in seinem eigenen Interesse liegt, denn langfristig kann nur die Zwei-Staaten-Lösung für Frieden im Nahen Osten sorgen und nicht die jüngst von Donald Trump geäußerten völkerrechtswidrigen und absurden Vorschläge zur Übernahme des Gazastreifens durch die USA.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Poschmann

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