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Sabine Grützmacher
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Felix S. •

Wie stehen Sie zu den von Multipolar freigeklagten RKI-Dokumenten? Fühlen Sie sich als Politiker richtig informiert oder wächst in Ihnen der Eindruck, dass Sie gezielt in die Irre geführt wurden?

Laut einem Bericht des Nordkuriers ist es fraglich, ob inhaltliche Gründe oder Willkür die Grundlage der Verschärfung der Coronamaßnahmen waren. https://www.nordkurier.de/politik/rki-files-der-tag-der-deutschland-fuer-immer-veraenderte-2372445 In dem abgedruckten Dokument heißt es, es soll hochskaliert werden, man warte auf das Signal einer Person, deren Name jedoch geschwärzt ist. Da steht nicht, dass aufgrund einer Entwicklung etwas passieren muss, sondern jemand hat da ein Sollen beschlossen, für das man auf das Signal zur Ausführung wartet. Ist es mit einer transparenten Politik vereinbar, dass man die signalgebende Person schwärzt und keine Gründe nennt, die zu dieser Hochskalierung führten?
Werden Sie eine Aufarbeitung der Politik und Maßnahmen der Coronajahre fordern?
Wollen Sie, dass solche Akten künftig einsehbar veröffentlicht werden müssen damit jeder die Beschlüsse nachvollziehen kann und sich sein eigenes Bild machen kann?
Wie stehen Sie zum WHO-Pandemievertrag?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.

ich fühle mich als Politikerin richtig informiert und nicht in die Irre geführt. Die Corona-Pandemie war eine Situation, in die Deutschland, Europa und alle anderen Staaten sehr unvorbereitet hineingelaufen sind. Es war anfangs nicht absehbar, auf welchen Wegen und mit welchem Risiko das Virus übertragen werden würde. Dementsprechend wurde gerade auch erst erforscht, welche Maßnahmen nötig und erfolgreich sein würden, uns alle vor Ansteckung und insbesondere Risikogruppen vor einem tödlichen Verlauf zu schützen. Wir haben alle noch die Bilder im Kopf, Schlangen von Kranken- und Leichenwagen etwa in Bergamo/ Italien. Deshalb wurden auch Maßnahmen ergriffen, von denen sich manche im Nachhinein – hinterher ist man ja bekanntlich immer klüger – als zu hart, zu weitgehend erwiesen.

Das Robert-Koch-Institut hat in dieser Situation sehr schnell reagiert und hat die Gefahrenlage hoch eingeschätzt. Es ging bei dem zitierten Satz um die Veröffentlichung der Risikobewertung, bei der es um die Zustimmung ging. "Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald (Personenname geschwärzt) ein Signal dafür gibt." Die Entscheidung zu treffen, wann man Risikobewertungen veröffentlicht, muss immer abgewogen und besprochen werden. Schließlich geht es darum einerseits keine Panik zu erzeugen, andererseits aber auch glaubwürdig zu bleiben.

Es kommt jetzt darauf an, die richtigen Lehren aus der Pandemiebewältigung zu ziehen um für das nächste Ereignis besser vorbereitet zu sein. Bei der Frage der Veröffentlichung geht es immer auch um den Schutz der handelnden Personen. Wenn Veröffentlichungen dazu dienen, dass man aus der Vergangenheit lernt, dann gerne. Wenn sie aber dazu diesen, handelnde Personen zu diffamieren, dann sehe ich das kritisch.

Die Nachrichten über das Vogelgrippe-Virus wirken derzeit alles andere als beruhigend. Deshalb bin ich sehr froh, dass die WHO das Projekt des Pandemie-Vertrages angegangen ist. Die vorhandenen Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR 2005) bedurften der Überarbeitung, das war bereits bei den Ebola-Ausbrüchen 2014 klar. Die Corona-Pandemie hat dann gezeigt, dass die internationalen Richtlinien dringend überarbeitet werden müssen.

Was wir sicherlich aus der letzten Pandemie gelernt haben sollten ist, dass ein Virus nicht an Ländergrenzen halt macht, Ozeane ohne Probleme überwindet und innerhalb von Stunden auf weit entfernten Kontinenten präsent ist und dass wir das Virus nicht allein bekämpfen können. Es muss uns allen klar sein, dass ein Pandemie-Vertrag allen Menschen nützt und wir auf diesem Planeten nur überleben, wenn wir das begreifen.

Das Ziel des WHO Pandemie-Vertrags ist es, durch eine Stärkung der Gesundheitssysteme weltweit, Pandemien zu vermeiden, Leben zu retten, Krankheitsfolgen zu reduzieren und den Lebensunterhalt zu schützen. Durch die Stärkung der Gesundheitssysteme wird es möglich sein, Pandemien zu verhindern, gleichzeitig auf Pandemien vorbereitet zu sein und auf Herausforderungen durch Pandemien angemessen zu reagieren.

Eine schnellere und bessere Reaktion auf Covid-19 hätte viele Leben gerettet, viel Leid erspart, immense Kosten in der Pandemiebekämpfung eingespart und sicherlich auch unnötige Maßnahmen verhindert. Die Erfahrungen aus der letzten Pandemie werden untersucht und bewertet und fließen in die Maßnahmen ein.

Wie jedes staatliche Handeln ist auch das Handeln in der Corona-Pandemie Gegenstand politischer wie öffentlicher Aufarbeitung. Diese betreiben der Bundestag und seine Fachausschüsse ebenso wie beispielsweise Medien und ja auch die öffentliche Debatte. Schließlich sind ja auch Briefwechsel, wie wir ihn gerade führen, ein Teil davon. Hier gibt es in meinen Augen keine Veranlassung für weitere Forderungen.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Grützmacher, MdB


 

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