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Sabine Grützmacher
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Yang Z. •

Warum die Haltefrist bei der Besteuerung von bisher nicht der KapESt unterliegenden Vermögenswerten abschaffen anstelle die Ursache für die Notwendigkeit der finanziellen Erträge der BRD angehen?

Liebe Fr. Grützmacher,
Das derzeitige Geldsystem ist ein "schuldenbasiertes Fiat-Geldsystem", in dem Nationen Schuldenberge anhäufen und die Geldmenge von den Zentralbanken gesteuert wird und Fehlanreize für Schuldenaufnahmen bietet [1]. Die Abschaffung des Goldstandards in den 1970er Jahren und der Übergang zu einem Fiat-Geldsystem hat es den Regierungen ermöglicht, viel höhere und einfacher Schulden anzuhäufen, da ihre Schulden nicht mehr direkt durch Goldreserven gedeckt sind [2-3].
Die erhofften Zuflüsse durch die Abschaffung der Haltefrist sind lediglich eine kurzfristige Symptomlinderung, die lediglich die negativen Effekte der Geld-Druckerpresse für kurze Zeit eindämmen.
Stattdessen sollte die Geldmengenausweitung durch ein "hartes" Geldsystem begrenzt werden. In der Volkswirtschaftslehre wurde die hierfür stehende "Österreichische Schule" mit einem Nobelpreis ausgezeichnet.

[1]https://t.ly/xPieK
[2]https://t.ly/Q_evX
[3]https://t.ly/byIfK

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Y.Z.,

vielen Dank für Ihre Frage, die an die Grundsätze unseres aktuellen Geldsystems anknüpft. Unser aktuelles Geldsystem ist in zwei unterschiedliche Geldkreisläufe unterteilt: Buchgeld und Zentralbankgeld.

Schon allein dadurch, dass jede Privatbank auf Nachfrage in beliebiger Höhe Geld erzeugen kann, ist eine Steuerung der Geldmenge heutzutage ausgeschlossen. Dies hat einige Vorteile: Schwankende Kreditnachfragen würden sonst zu stark schwankenden Zinssätzen oder deutlich höheren Risikoprämien für Banken führen, was wiederum negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte. Die dezentrale Kreditvergabe ermöglicht hingegen eine gewisse Flexibilität und Effizienz im Geldsystem.

Dieser dezentrale Bankenaufbau ist nicht neu: August Friedrich von Hayek beschrieb ihn bereits in den 1960er Jahren. Von den wenigen Vertretern der Österreichischen Schule und sogenannten Monetaristen wird heute noch manchmal ins Feld geführt, dass wir die Geldmenge begrenzen müssen, um die Inflation einzudämmen. Doch auch diese sogenannte Quantitätstheorie des Geldes gilt heute als widerlegt.

Darüber hinaus gilt die ökonomische Regel: Die Schulden des einen sind das Vermögen des anderen. Würde der Staat versuchen, die Schulden abzubauen, würde er seiner eigenen Bevölkerung Geld abnehmen. Vielleicht haben wir also ein Interesse daran, dass die Staatsschulden - unser Vermögen - eher wachsen.

In diesem Sinne,

mit freundlichen Grüßen,

Sabine Grützmacher, MdB

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