Sehen Sie hinsichtlich der Betrugsvorwürfe an der Universität Leipzig politischen Klärungsbedarf? Welchen Einfluss kann die Landespolitik auf die Prävention von Wissenschaftsbetrug nehmen?
MDR und LVZ berichteten kürzlich über eine Betrugsserie bei Doktorarbeiten. Augenscheinlich besteht an der Uni Leipzig ein System, bei dem Professoren und Postdocs mit den Doktoranden an Dissertationen schreiben bzw. Rohentwürfe zu wissenschaftlichen Werken „aufpolieren“ (siehe LVZ vom 14.02.2024). Dies steht in eklatanten Widerspruch zu den Regelungen im SächsHSG und der ständigen Rechtsprechung des BVerwG, weil die Dissertationen nicht eigenständig erstellt werden und somit keine Prüfungsleistung erbracht wird. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Promotionen dürfte rechtswidrig zustande gekommen sein.
Die Uni stuft die Vorwürfe als "schwerwiegend" ein. Allerdings scheint die Aufklärungsarbeit nur mit angezogener Handbremse zu laufen; jedenfalls dauert die Untersuchung bereits seit Mai 2023 an und befindet sich laut LVZ immer noch im Stadium einer „Vorprüfung“. Die Uni scheint sich davor zu scheuen, gegen die Beschuldigten, darunter hochrangige Professoren, vorzugehen.
Sehr geehrter Herr K.,
grundsätzlich sind die Hochschulen selbst für die Sicherstellung der Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit zuständig. An der Universität Leipzig ist nach Abschluss der Vorprüfung die „Ständige Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ tätig geworden. Was einerseits wie "angezogene Handbremse" aussehen mag, ist andererseits ein sehr gründliches Verfahren, das nicht zuletzt der Rechtssicherheit dient. Werden im Ergebnis einer Untersuchung Doktortitel aberkannt, so sind schnell ganze Existenzen betroffen; hier erscheint mir die Maxime "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" deshalb sehr angebracht.
Und sehr unangebracht erschiene es mir, wenn die Politik in solche Prozesse "eingreifen" würde. Die Regelungen im Hochschulgesetz sind klar und die Hochschulen haben die Pflicht, das Gesetz einzuhalten. Alles weitere obliegt der Hochschulautonomie, wobei man sich sicher sein kann, dass die Hochschulen selbst als in der Öffentlichkeit stehende Einrichtungen ein hohes Interesse daran haben, qualitätssichernde Maßnahmen zu ergreifen und wissenschaftliches Fehlverhalten zu unterbinden.
Einige Informationen sind dem letzten Artikel aus der LVZ zu diesem Thema vom März 2024 zu entnehmen (https://www.lvz.de/lokales/leipzig/uni-leipzig-leitet-nach-plagiatsaffaere-in-drei-faellen-hauptverfahren-ein-QOTV7MPNXREFXLOQDCSWVWFLWE.html). Leider ist es mir nicht gelungen, auf den Seiten der UL selbst entsprechende aktuelle Informationen über das Verfahren zu erhalten. Das ist aus meiner Sicht tatsächlich kritikwürdig: Dass die UL nicht selbst besser kommuniziert und transparent über die Vorfälle informiert. [Sollte ich doch einfach nur zu ungeschickt gewesen sein, die betreffenden Informationen aufzufinden, ziehe ich diese Kritik selbstverständlich zurück ;-)]
Freundliche Grüße
Sabine Friedel