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Frage von Bernd L. •

Frage an Sabine Friedel von Bernd L. bezüglich Menschenrechte

Guten Tag,

im "zweiten Gesetzentwurf zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" steht im §28 des Infektionsschutzgesetzes unter anderen der Passus, dass sich betroffene Personen durch eine Impf- oder Immunitätsdokumentation ausweisen müssen. Das heisst im Klartext "Impfpflicht"!? Wie stehen Sie zu, in unserem im Grundgesetz verankertem Recht, auf körperliche Unversehrtheit?? Mit derartigen (eventuellen) Zwangsmassnahmen würde mein Vertrauen zu unserer Regierung und zu unserer Demokratie erheblich beschädigt.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Langer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Langer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Im ursprünglichen Vorschlag der Bundesregierung für eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes war keine Pflicht zur Impf- oder Immunitätsdokumentation und auch nicht zur Impfpflicht verankert. Vorgesehen war eine Ergänzung des § 28 um den folgenden Text:

"Bei der Anordnung und Durchführung von Schutzmaßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist in angemessener Weise zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine Person, die eine bestimmte übertragbare Krankheit, derentwegen die Schutzmaßnahmen getroffen werden, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft wegen eines bestehenden Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität nicht oder nicht mehr übertragen kann, von der Maßnahme ganz oder teilweise ausgenommen werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Soweit von individualbezogenen Maßnahmen abgesehen werden soll oder Ausnahmen allgemein vorgesehen werden, hat die betroffene Person durch eine Impf- oder Immunitätsdokumentation nach §22 oder ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, dass sie die bestimmte übertragbare Krankheit nicht oder nicht mehr übertragen kann.“

Der Zweck dieses Vorschlages war zu sagen: Wenn eine Person bereits krank war und daher Immunität erlangt hat, dann sollte man ihr ermöglichen, nicht mehr den Beschränkungen unterworfen zu sein. Und damit nicht einfach jeder behaupten kann "Ich hatte es schon und muss mich nicht dran halten", ist die Immunität quasi per Attest nachzuweisen. Ich verstehe den ursprünglichen Gedankengang dieses Vorschlags. Er sollte ermöglichen, dass die Freiheitsbeschränkungen, die momentan alle treffen - auch bereits Genesene - Schritt für Schritt verringert werden können. Von einer Impfpflicht ist hier keine Rede, wie Sie sehen können. Und auch eine Pflicht zur Immunitätsdokumentation hätte sich nur ergeben, wenn eine Person sich den aktuellen Beschränkungen nicht unterwerfen will. Also beispielsweise wenn sie Ihre Angehörigen im Pflegeheim besuchen will, obwohl das derzeit niemandem erlaubt ist. Dann hätte die Person das nur dann gedurft, wenn sie einen "Immunitätsausweis" besitzt.

Die öffentliche Debatte hat aber gezeigt, dass ein solcher Vorschlag keine Akzeptanz in der Bevölkerung findet. Deshalb enthält der Gesetzentwurf, der heute im Bundestag beraten und beschlossen werden soll, diese Ergänzung des § 28 nicht mehr. Nach einer Änderung im § 27 folgt eine Änderung in § 30, der § 28 bleibt, wie er vorher war.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Sie finden den ursprünglichen Vorschlag der Bundesregierung hier: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/covid-19-bevoelkerungsschutz-2.html und den von der Koalition dann eingebrachten Gesetzentwurf hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/189/1918967.pdf

Beste Grüße
Sabine Friedel

 

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Antwort von
SPD

Ergänzend erhielt ich gerade noch folgende Zeilen aus der Bundestagsfraktion der SPD:

"Um es gleich klarzustellen: Eine Impfpflicht für SARS-CoV-2 wird es nicht geben. Sie stand und steht nicht zur Debatte. Sie war auch in keiner Fassung des Gesetzentwurfes für ein Zweites Bevölkerungsschutzgesetz vorgesehen, auch nicht zwischen den Zeilen. Hier wird ein Szenario heraufbeschworen, das es nicht gibt.

Wir haben uns außerdem gegen die Regelung einer Immunitätsdokumentation für SARS-CoV-2 in diesem Gesetz ausgesprochen. Es ist zwar für Medizinerinnen und Mediziner nichts Ungewöhnliches, Immunität zu bestätigen. Auch heute können entsprechende Befunde, zum Beispiel für Röteln oder Hepatitis im Impf- oder Mutterpass dokumentiert werden. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass derzeit für SARS-CoV-2 kein gesicherter Nachweis der Immunität möglich ich ist. Auch nach einem ggf. möglichen und positiven Antikörpertest wissen wir heute nicht, ob und wie lange die konkrete Person tatsächlich immun ist. Wenn sie immun wäre, wissen wir nicht, ob die Person trotzdem das Virus weiter trägt und damit auch weitergeben kann. Solange die Frage der Infektiosität nicht geklärt und eine Immunität nicht sicher nachweisbar ist, kann und darf sie auch nicht dokumentiert werden. Alles andere wäre leichtsinnig.

Sollte zukünftig eine wissenschaftlich gesicherte Aussage zur Immunität und Infektiosität bezüglich SARS-CoV-2 möglich sein, hätte die Person, die einen entsprechenden Test durchführen lässt, einen Anspruch auf die Dokumentation seines Ergebnisses, sofern sie das möchte. So ist das auch bei jedem anderen medizinischen Testbefund und auf der Grundlage der datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Fall. Entscheidend ist, dass daraus keine Stigmatisierung entstehen darf. Der Gesetzgeber hat dann darauf zu achten, dass für diese Personen keine anderen Freiheits- oder Persönlichkeitsrechte gelten. Und das werden wir auch tun."

Freundliche Grüße
Sabine Friedel