Frage an Sabine Friedel von Siegemund W. bezüglich Bildung und Erziehung
Liebe Frau Friedel,
zu Ihrer Antwort - d´accord.
Ich freue mich, dass Sie gleich und auf Augenhöhe geantwortet haben. Ich habe Herrn Lichdi im Abgeordnetenwatch darauf hin gewiesen. Mal sehen, ob er reagiert. Vielleicht kommt so wenigstens etwas Leben in den Verlautbarungsstil von Abgeordnetenwatch.
Natürlich bin ich nicht mit Ihrer Antwort nicht vollständig einverstanden - wer wäre das als Frager jemals:
Der erfolgreiche Beitrag der sächsischen SPD zur Bildungspolitik. Dass auf SPD-Betreiben in Sachsen die Noteneingangshürde für die Bildungsempfehlung Gymnasium auf 2,5 gesenkt wurde - das war ja wohl nichts, wie die gestiegene Rückkehrerquote von etwa 15% vom Gymnasium an die Mittelschule zeigt. Und an den eingerichteten Gemeinschaftsschulen zumindest in Dresden erweist sich, dass die übergroße Mehrheit der Schüler bei entsprechenden Orientierungsarbeiten sich lieber die Schwierigkeitsanforderungen für Mittelschulen als die für Gymnasien aussucht. Das spricht nicht für die Leistungsstärke und den Leistungswillen von Schülern dieser Schulen.
Und das wollen Sie im neuen Landtag noch ausbauen?
Der Turm von PISA ist schon schief genug, in deutschen Bundesländern mit großem Gemeinschaftsschulanteil oder Gesamtschulanteil deutlich schiefer als in Sachsen.
Mit freundlichem Gruß
Walter Siegemund
Sehr geehrter Herr Siegemund,
danke für Ihre Antwort. Mit dem Thema Bildungspolitik haben Sie wirklich eines der wichtigsten getroffen. Zu Ihren Argumenten:
Die SPD habe die Bildungsempfehlung auf 2,5 herabgesetzt. Das ist nicht zutreffend. Das Kultusressort wird von der CDU geführt, derzeit Minister Wöller. Zum Zeitpunkt der Entscheidung war der jetzige CDU-Fraktionsvorsitzende Flath Kultusminister, in seinen Verantwortungsbereich fällt diese Entscheidung. Die SPD plädiert dafür, die Bildungsempfehlung wirklich als "Empfehlung" zu belassen und im gemeinsamen Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräch zu klären, welcher Fortgang unter den derzeitigen Bedingungen der beste wäre.
Eigentlich jedoch, da haben Sie Recht, halten wir die Trennung nach der 4. Klasse für zu früh und plädieren für ein längeres gemeinsames Lernen mindestens bis zu 8. Klasse. Die Gemeinschaftsschulen, die es jetzt als Modellversuche gibt, zeigen, dass dieser Weg richtig ist, denn überall sind die Anmeldezahlen hoch und die Zufriedenheit von Eltern und Schülern groß. Dass das sächsische Kultusministerium diesen Schulen auferlegt hat, trotzdem eine Binnendifferenzierung nach Mittelschule und Gymnasium vorzunehmen, zeigt, dass die Gemeinschaftsschule dort noch nicht verstanden wurde. Gäbe es diese Binnendifferenzierung nicht, dann würde auch nicht das von Ihnen beschriebene Problem entstehen.
Deshalb wollen wir im Landtag "echte" Gemeinschaftsschulen ausbauen. Über die Ungerechtigkeit des gegliederten Schulsystems gibt es übrigens eine interessante Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (http://bibliothek.wzb.eu/pdf/2009/i09-503.pdf) vom April 2009: Diese kommt zu dem Ergebnis, dass 30 Prozent der dt. Schülerinnen und Schüler die "falsche" - ihrem Leistungsniveau nicht angemessene - Schule besuchen, in Sachsen sogar 45 Prozent. Hier werden vielen Jugendliche durch die frühe Trennung Zukunftschancen vorenthalten, das möchten wir ändern.
Beste Grüße
Sabine Friedel