Frage an Sabine Friedel von Alexander L. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Friedel,
in Sachsen gibt es gegenwärtig noch erhebliche Defizite bei der Bereitstellung einer zukunftstauglichen Breitbandinfrastruktur. Dies trifft sowohl auf den ländlichen Raum als auch auf einzelne Stadtgebiete zu. Als Lösung wird von der Politik neuerdings die Nutzung der Digitalen Dividende (Internet per TV-Frequenzen) angepriesen. Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aus fachlich fundierter Sicht halte ich den Internetzugang unter Nutzung der frei gewordenen TV-Frequenzen jedoch nur für eine Interimslösung in dünn besiedelten Gebieten und für ungeeignet, das Rückgrat einer wirklich zukunftstauglichen Breitbandinfrastruktur zu bilden. Daher meine Fragen:
1.) Welche Anreize kann und sollte die Politik setzen um einen nachhaltigen Breitbandausbau, sowohl in den weißen Flecken im städtischen Raum als auch auf dem Lande zu fördern?
2.) Welche konkreten, über allgemeine Willensbekundungen hinaus gehenden Maßnahmen und Aktionen wurden seitens Ihrer Partei zur Verbesserung der Breitbandsituation in die Wege geleitet?
3.) Das SMWA fördert meines Wissens gegenwärtig lediglich die Bedarfs- und Infrastrukturerfassung für den Breitbandausbau. Den Ausbau selbst soll dann der Markt regeln. Halten Sie das für ausreichend bzw. was sollte sich an dieser Strategie ändern?
4.) Wie sollte mit den mittels Steuergeldern erfassten Infrastrukturdaten verfahren werden? Sollten diese, aus was für Gründen auch immer, lediglich etablierten kommerziellen Anbietern zur Verfügung stehen oder beispielsweise in Form eines frei und kostenlos zugänglichen Infrastrukturatlas auch Startups und privaten Initiativen als Planungsgrundlage dienen können?
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Lorz
Sehr geehrter Herr Lorz,
vielen Dank für Ihre Frage. Zu den Details musste ich mich erst schlau machen, deshalb hat es etwas länger gedauert. Zu Ihren Fragen:
1.) Welche Anreize kann und sollte die Politik setzen um einen nachhaltigen Breitbandausbau, sowohl in den weißen Flecken im städtischen Raum als auch auf dem Lande zu fördern?
Grundsätzlich gibt es zwei Wege, auf denen der Staat aktiv wird: Durch die Setzung von Regeln und durch die Förderung von Investitionen. Ersteres passiert beispielsweise gerade, denn zwischen den Bundesländern und der Bundesnetzagentur werden derzeit die Versorgungsauflagen für die "digitale Dividende" verhandelt. Zum anderen unterstützt die Politik seit vielen Jahren Bürger und Unternehmen bei konkreten Anliegen – in vielen Fällen erfolgreich – bei der Beschaffung eines Breitbandanschlusses. Wenn ein Breitbandanschluss nicht wirtschaftlich allein gestemmt werden kann, unterstützt der Freistaat die Schließung von Breitbandversorgungslücken auch finanziell mit Förderprogrammen.
2.) Welche konkreten Maßnahmen wurden seitens des SPD-geführten Wirtschaftsministeriums zur Verbesserung der Breitbandsituation in die Wege geleitet?
Neben dem Wirtschaftsministerium ist vor allem das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft in diesem Bereich zuständig. Ein Eckpunktepapier aus diesem Hause (http://www.smul.sachsen.de/laendlicher_raum/download/Eckpunkte_Breitbandversorgung__05_09_08.pdf) enthält viele Informationen zur grundsätzlichen Situation und zu Handlungsmöglichkeiten. Die Erschließung des ländlichen Raumes mit Breitbandtechnologie ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Staat und Telekommunikationsbranche. Wir wollen und dürfen die Telekommunikationsunternehmen nicht aus ihrer Verantwortung gerade für den ländlichen Raum entlassen. Die nun aufgelegten Förderprogramme sowohl im Bund als auch in Sachsen sollen vor allem die Nachfrage bündeln um somit einen Anreiz zu schaffen für Investitionen. Neben dem DSL gibt es eine Vielzahl weiterer technischer Möglichkeiten an der schnellen Datenautobahn zu partizipieren. Aus heutiger Technologiesicht bieten grundsätzlich die leitungsgebundenen Technologien (DSL, Koaxialkabel, Powerline und Glasfaser) und die drahtlosen Technologien (UMTS/HSDPA, Evolved EDGE, WiMAX, WLAN und Satellit) breitbandige Internetverbindungen. Gerade auf dem Gebiet der Telekommunikation ist die Halbwertszeit von technischen Innovationen sehr gering – es lässt sich heute nicht vorhersagen, welches technische Verfahren sich durchsetzen wird. Aus diesem Grund wurde eine staatliche Koordinierungs- und Informationsstelle eingerichtet, die die regional sehr unterschiedlichen Probleme aufnimmt, die Nachfrage bündelt und für die Notwendigkeit von Breitbandanwendungen gerade in den Klein- und mittelständischen Unternehmen sensibilisiert. Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung und Technologiebewertung macht eine individuelle Handlungsempfehlung von Ort zu Ort notwendig. Übrigens war das sächsische Förderverfahren das zweite bundesweit, welches von der EU genehmigt worden ist und in vielen Punkten als Vorbild für die Breitbandförderinstrumente anderer Bundesländer gedient hat.
3.) Das SMWA fördert meines Wissens gegenwärtig lediglich die Bedarfs- und Infrastrukturerfassung für den Breitbandausbau. Den Ausbau selbst soll dann der Markt regeln. Halten Sie das für ausreichend bzw. was sollte sich an dieser Strategie ändern?
Hier sind Sie nicht richtig informiert: Gegenstand beider sächsischer Breitbandförderverfahren ist sowohl eine Bedarfs- und Verfügbarkeitsanalyse (Stufe 1) als auch die Förderung des Ausbaus durch eine Ausschreibung des zuvor ermittelten Bedarfs (Stufe 2). Diese Aufteilung ist nicht nur europarechtlich vorgegeben, sie ist auch sinnvoll. Der „Testlauf“ für die sächsische Breitbandförderung hat ergeben, dass in 5 von 12 untersuchten Ortsteilen eine wirtschaftlich selbsttragende Breitbanderschließung möglich ist. 4 dieser Ortsteile sind zwischenzeitlich ohne weitere Förderung erschlossen. Warum hätte man für diese 4 Ortsteile Steuermittel ausgeben sollen, wenn eine freundliche Moderation des SMWA TK-Unternehmen zu einem Ausbau bewegen kann?
4.) Wie sollte mit den erfassten Infrastrukturdaten verfahren werden? Sollten diese, aus was für Gründen auch immer, lediglich etablierten kommerziellen Anbietern zur Verfügung stehen oderbeispielsweise in Form eines frei und kostenlos zugänglichen Infrastrukturatlas auch Startups und privaten Initiativen als Planungsgrundlage dienen können?
Die Daten werden veröffentlicht (http://www.breitband-sachsen.de, auf dem Homepages der ausschreibenden Kommunen und künftig auch auf einer zentralen Bundesplattform) und stehen Startups, privaten Initiativen und etablierten und nichtetablierten kommerziellen Anbietern frei zur Verfügung. Die darin zusammengestellten Informationen bilden die Grundlage für die Ausschreibung, sofern sich kein Anbieter findet, der ohne weitere Förderung ausbaut. Gerade für kleine Anbieter sind darin Informationen enthalten, die für diese kaum recherchierbar sind (z. B. der ggf. verwendete Glasfasertyp, die Lage vorhandener Leerrohre und anderer Infrastrukturen, etc.). In den Infrastrukturatlas, den der Bund gegenwärtig von der Bundesnetzagentur erstellen lässt, werden die Daten dann auch einfließen.
Herzliche Grüße!
Sabine Friedel