Frage an Ruth Weckenmann von Alexander M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Weckenmann,
die SPD unterstützt das Projekt Stuttgart 21, fordert aber inzwischen einen Volksentscheid. Aus meiner Sicht wird der SPD der Stuhl zu heiß. Denn sind wir mal ehrlich: Das Plebiszit wird in Deutschland nie Gebrauch finden. Schon gar nicht bei solchen Großprojekten wie Stuttgart 21. Die Schweizer sind da von anderer Mentalität. Doch lassen Sie uns nicht vom Thema abkommen. Statt konkret Stellung zu Stuttgart 21 zu beziehen, verlässt die SPD die Front um sich nicht die Finger zu verbrennen.
Meine Frage an Sie: Glauben Sie wirklich, dass die SPD mit solch einer Hinhaltetaktik den gebildeten Wähler blenden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
so richtig kurz kann ich leider nicht antworten.
Die SPD BW fordert seit vielen Jahren eine Erleichterung des Volksbegehrens und des Volksentscheid, das formale Recht in der Landesverfassung ist aufgrund der Quoren noch niemals realisiert worden (in großem Unterschied zur Bürgerbeteiligung in Bayern, ob dafür oder dagegen, wir erinnern uns alle an die Volksabstimmung zum Rauchverbot.
Senken wir endlich die Hürden für ein Volksbegehren und den Volksentscheid, dann werden wir sehen, ob sich nicht auch auf Landesebene nachvollzieht, was wir auf der kommunalen Ebene beim Bürgerbegehren sehen, die Menschen mischen sich ein.
Sie wissen, wir haben in der SPD dazu unterschiedliche Positionen, damit kann ich leben. Anders wäre dies bei der Frage des Mindestlohns. Der Riss in dieser Frage geht quer durch meine, meine Familie, durch meine ArbeitskollegInnen, meinen Freundeskreis und das gilt bestimmt auch für Sie.
Dieser Widerstand wurde durch ein unglaubliches Verhalten der Bahn nahezu gepflegt, fast erzeugt. Wo war die Bahn, wenn kritische Fragen kamen, wo bezog sie Stellung, wo klärte sie auf? Sie hat Ängste, Bedenken, berechtigte und unberechtigte Kritik einfach ignoriert, so verhält man ich nicht zu BürgerInnen. Dann ein OB der Stadt, der nicht für das beschlossene Projekt eintrat, der immer dann, wenn er gebracht worden wäre; um besorgten Bürgern wieder und wieder die Entscheidung zu begründen, er war abgetaucht. Dann hatte der widerstand eine Dimension, wo das "Augen zu, weiter so" nicht mehr machbar war und ist.
Ich bin für S 21, aber: ich will das Projekt nicht durchsetzen gegen den Widerstand von Menschen, die ich achte und mit denen ich viele- für mich viel wichtigere politische Positionen teile. Für mich ist unvollstellbar, dieses Projekt mit der Staatsgewalt durch zu setzen. Was im Schlossgarten als Machtexempel exekutiert wurde, ist unseres Landes und unserer Stadt unwürdig und junge Menschen, auch mein Sohn hätten nie gedacht, dass die Staatsgewalt so missbraucht wird.
Die SPD hat im Untersuchungsausschuss aufgezeigt, dass der Polizeipräsident sehr wohl den MP über das Vorgehen am Tag davor beim Gespräch informiert hat, schade, dass die Öffentlichkeit sich nicht wundert, wenn Mappus sagt: Ich war nur beim Gespräch dabei, habe nichts entschieden. Seid wann ist die Polizei ein Staat im Staat?
Deswegen gibt es für mich nur einen respektablen Weg und das ist die Volksabstimmung über das Projekt.
Eine letzte Anmerkung: Keiner der bauen will, hat mir gesagt, wie er den Widerstand brechen will. Durchschlagen lassen auf dem Rücken einer missbrauchten Polizei? Lassen wir in einer Volksabstimmung abstimmen, ich vertraue auf die Argumente.
Als Demokratin erschrecke ich eher vor dem Gedanken, die Landtagswahl zur Abstimmung über ein Bauprojekt zu machen.
In dieser Wahl sollte über eine verfehlte Schulpolitik, über Spaltung statt Integration, über eine stringente Besetzung öffentlicher Positionen nach Parteibuch, über den Arbeitsplatz- zerstörenden Ausstieg aus dem Atomausstieg, dem Nichtkauf der Steuerdatei, die Aushebelung des Landtags beim ENBW- Deal, einen Justizminister, der immer noch eine Waffe hat, weil er sich selbst verteidigen muss und…… abstimmen.
Ich würde mich über eine Antwort von Ihnen freuen
Ruth Weckenmann