Frage an Rosa Domm von Andrea D. bezüglich Verkehr
Liebe Frau Domm, die Klimakrise wird immer mehr zur existentiellen Bedrohung. Trotzdem steigt auch in Hamburg das Verkehrsaufkommen auf den Straßen laut Statistikamt Nord weiter. Welche Maßnahmen plant der Senat in der nahen Zukunft um Anreize für eine klimafreundliche Mobilität bei der Bevölkerung zu schaffen? Wird es eine weitere Finanzierungsrunde von Fahrrädern und Lastenfahrrädern geben? Werden Pop-Up Radwege initiiert? Wird das Netz an Bussen und Bahnen zeitnah ausgebaut? Wie sieht es mit dem Erhalt von altem Baumbestand zur Kompensation von CO2-Emissionen aus? So wurden laut Medienberichten unter dem Rot-Grünen Senat seit 2015 mehr Bäume gefällt als gepflanzt.
Ich würde mich sehr über eine Antwort auf meine Fragen freuen.
Liebe Frau D.,
Vielen Dank für Ihre Anfrage vom 09. November zu unserer Hamburger Klimapolitik.
Sie haben recht damit, dass der Verkehrssektor angesichts der Klimakrise momentan unser größtes Sorgenkind ist. Anders als in den anderen Sektoren fallen die Emissionen hier nicht nur nicht ausreichend, sondern der CO2-Ausstoß steigt sogar noch an. Das heißt, es geht noch nicht mal in die richtige Richtung. Jedes Jahr werden kontinuierlich mehr Autos zugelassen. Der Hamburger Pkw-Bestand umfasst mittlerweile über 800.000 Autos. Hier müssen wir eine Trendwende schaffen. Dabei ist nicht nur der CO2-Ausstoß allein das Problem. Auch Verschmutzung durch Reifenabrieb, Feinstaub und Lärm, der Parkdruck und die Verkehrssicherheit machen ein Umdenken weg vom motorisierten Individualverkehr notwendig. Der Platz in den Innenstädten und die Lebensqualität in unseren Wohnräumen sind zu wertvoll, als dass wir sie für diese ineffiziente Art der Fortbewegung im Auto zur Verfügung stellen können - insofern helfen uns also hier auch E-Autos nicht weiter, wir müssen auf Rad- und Fußverkehr und den öffentlichen Nahverkehr setzen.
Eine zukunfts- und klimafreundliche Mobilität ist daher eines unser erklärten Herzensanliegen. Wir planen eine Vielzahl an Anreizen und Maßnahmen, mit denen wir diese in Hamburg verankern, und vieles davon konnten wir auch schon umsetzen.
Mit der Radverkehrsförderung in Hamburg geht es besonders kräftig voran: Im Jahr 2020 waren rund ein Drittel mehr Menschen auf dem Rad unterwegs als im Vorjahr. An vielen Zählstellen hat sich der Radverkehr im Vergleich zu 2011 verdoppelt, verdreifacht oder sogar vervierfacht. Das ergaben Zählungen des neu eingerichteten Radverkehrszählnetz. Auch der Ausbau des Radwegenetzes schreitet deutlich voran. Das Hamburger Velorouten-Netz umfasst, wenn es fertig gestellt ist, 14 stadtweite Routen mit einer Gesamtlänge von rund 280 Kilometern. Dieses bezirks- und stadtteilübergreifende Netz soll den Alltagsradverkehr auf möglichst autoverkehrsarmen Strecken bündeln und die Wohngebiete der inneren und äußeren Stadt mit den Stadtteilzentren und der City verbinden. Im letzten Jahr kamen 24 neue Kilometer zum Veloroutennetz dazu, damit sind nun knapp zwei Drittel des gesamten Velorouten-Netzes fertig. Das verbleibende Drittel ist fast komplett in Bearbeitung. So werden bald alle Ecken Hamburgs durch eine große, durchgängige Infrastruktur miteinander verbunden, auf der das Radfahren nicht nur komfortabel und zügig möglich ist, sondern auch noch richtig Spaß macht.
Und wir haben noch viele weitere Pläne und Ideen in Bearbeitung: Wir wollen das stadteigene Fahrradverleihsystem „StadtRAD“ auch in die Außenbezirke bringen, Radwegrouten rund um die Schulen bauen und sicheres Fahrradparken in der ganzen Stadt ermöglichen. Hierzu wollen wir jedes Jahr 1000 neue Bügel aufzustellen – ein Ziel, das wir derzeit deutlich übererfüllen. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck am Leasing von Dienstfahrrädern, so dass Menschen sich bequem und einfach schon auf ihrem Arbeitsweg fit halten können. Nachdem die letzten beiden Förderrunden für Lastenräder sehr erfolgreich liefen und mit 2,2 Mio. € ein erheblicher Beitrag zur Mobilitätswende in diesem Bereich geleistet wurde, berät die zuständige Behörde für Verkehr und Mobilität derzeit über eine dritte Förderrunde. Fahrradfahren wird so immer mehr selbstverständlicher Teil der Alltagsmobilität, und das tut uns, unserer Stadt und dem Klima gut.
Fahrradförderung allein reicht allerdings nicht aus für die Mobilitätswende. Für z.B. Regentage, mobilitätseingeschränkte Personen und weitere Strecken brauchen wir auch den öffentlichen Nahverkehr. Auch hier stehen ebenfalls eine Menge Projekte an: Wir bauen bei den U-Bahnen die U4 aus und die U5 komplett neu, bei den S-Bahnen werden die S4 und die S21 verlängert und die Metrobuslinien ausgeweitet. Das gerade gestartete Expressbus-Netz wird in den kommenden Jahren ausgeweitet. Wir führen den HamburgTakt ein und stellen den HVV angebotsorientiert um. Das kommt allen Hamburger*innen in den nächsten Jahren spürbar zugute. Zusammen mit Carsharing, dem Fußverkehr und E-Taxen werden wir so einen klimafreundlichen, CO2-armen Mobilitätsmix in der Stadt haben, der das eigene Auto einfach überflüssig macht.
Und tatsächlich trägt unsere Arbeit schon Früchte: auf den Straßen Hamburgs sind immer weniger Autos unterwegs. Hier helfen wir noch ein wenig weiter nach: zum einen machen wir besonders wichtige Flaniermeilen in der Innenstadt komplett autofrei, wie den Jungfernstieg und das Zentrum von Ottensen und Volksdorf. Zum anderen nehmen wir über das Anwohnerparken sukzessive kostenlose Parkplätze aus den Straßen. Verkehrsversuche wie „Ottensen macht Platz“ zeigen, dass die meisten Anwohner*innen und auch die Händler*innen von der Autobefreiung profitieren.
Neben dem Mobilitätssektor gibt es noch weitere Maßnahmen, die uns helfen, CO2 einzusparen: so wird es ab 2023 bei Neubauten Pflicht sein, eine Photovoltaik auf dem Dach zu installieren. Damit tragen wir die dezentrale Energiewende in die Städte. Wenn das Kohlekraftwerk Moorburg Mitte dieses Jahres abgeschaltet bzw. in die Sicherheitsreserve überführt wird, wird nicht nur die Luft in Hamburg besser, sondern es können an dem Standort künftig innovative Anlagen zur Sektorkopplung mit Wasserstoff und Wärme in das Norddeutsche Energiesystem integriert werden.
Bäume sind ein wichtiger Teil des Hamburger Stadtbildes, sie bieten Raum für mehr Biodiversität und verbessern das Stadtklima, gerade an Hitzetagen, die in der Zukunft deutlich zunehmen werden. Zusätzlich speichern Bäume durch Wachstum CO2. Diese Aspekte sind uns Grünen sehr wichtig und wir wirken darauf hin, dass die Nachpflanzungen weiter zunehmen. Grundsätzlich hat der Hamburger Baumbestand in den letzten drei Jahren insbesondere aufgrund der Trockenheit und der Starkwetterereignisse schwer gelitten. Aus Verkehrssicherungsgründen, wegen Schädlingsbefall und Nachverjüngung kam es zu vermehrten Fällungen. Nicht immer eignet sich ein Standort direkt zur Nachpflanzung und auch die dichte Abfolge von Fäll- und Pflanzsaison führt häufig dazu, dass Bäume nicht sofort ersetzt werden können. Welche Nachpflanzungen zur Zeit beispielsweise in Wandsbek geplant sind, können Sie hier sehen https://www.hamburg.de/wandsbek/baumpflanzungen/ . Falls Sie Bedenken bei Fällungen haben, fragen Sie gerne direkt bei uns oder im zuständigen Bezirk nach. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass die Überarbeitung der BaumschutzVO schnellstmöglich fertig gestellt wird. Den aktuellen Straßenbaumbestand in Hamburg können Sie unter diesem Link abrufen: https://www.hamburg.de/strassenbaeume-online-karte/
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige Einblicke in unsere GRÜNE Klimapolitik geben und Sie damit überzeugen!
Mit freundlichen Grüßen
Rosa Domm