Frage an Roman Simon von Lars R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Simon,
wie stehen Sie zur aktuellen Diskussion um die Eurobonds?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Richter,
bisher haben wir die Situation, dass jeder einzelne Staat am Kapitalmarkt Schulden selber aufnimmt und für diese allein die Zinslasten zu tragen und die Tilgung zu erbringen hat. Die Einführung gemeinsamer europäischer Anleihen - so genannter Eurobonds - würde zur Folge haben, dass anstelle des einzelnen Staates die europäische Staatengemeinschaft gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten des schuldenaufnehmenden Staates einzustehen hat.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy haben Mitte August 2011 sinnvolle Vorschläge für eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euro-Staaten vorgelegt. Damit sollen die Verschuldung und das Auseinanderfallen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten effektiver bekämpft und die Eurozone auf den Finanzmärkten widerstandsfähiger gemacht werden. Im Einzelnen:
- Nach deutschem Vorbild soll in allen Euro-Staaten bis Mitte 2012 eine „Schuldenbremse“ in der nationalen Verfassung verankert werden.
- Bis Ende September werden die Finanzminister einen gemeinsamen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer im europäischen Rahmen erarbeiten.
- Deutschland und Frankreich wollen einen Vorschlag für eine gemeinsame Unternehmenssteuer beider Länder erarbeiten. Dies schließt die Abstimmung von Bemessungsgrundlagen und Steuersätzen ein.
- Die EU-Förderprogramme müssen ab 2013 konsequent auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet werden. Für notleidende EU-Staaten soll die Kommission sogar ein Eingriffsrecht in die Verwendung der Programme vor Ort bekommen.
- Die Koordinierung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone soll in Zukunft unter dem Vorsitz eines gewählten Präsidenten erfolgen. Dafür vorgeschlagen ist der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy.
Die Eurobonds nehmen den hoch verschuldeten Mitgliedsstaaten den Anreiz erforderliche Sparmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um ihre eigenen Haushalte zu stabilisieren. Denn meiner Ansicht nach wird die Haushaltsdisziplin der hoch verschuldeten Mitgliedsstaaten nicht dadurch angeregt, wenn andere zahlungskräftigere Mitgliedsstaaten die Haftung für deren Schulden übernehmen würden. Jedoch sind insbesondere dauerhaft angelegte und hart erarbeitete Maßnahmen der einzelnen Staaten erforderlich, um das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen.
Deutschland würde aus heutiger Sicht eine deutlich höhere Zinslast durch die Eurobonds tragen müssen. Nach Berechnungen des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung würde dies auf lange Sicht ca. 47 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Und das Jahr für Jahr. Dies würde sich nicht nur auf den Bundeshaushalt, sondern bis hin zu den kommunalen Haushalten sehr belastend auswirken. Die Haushaltslage in Berlin ist aber schon heute desolat. Die Steuereinnahmen decken nicht einmal die Hälfte der Ausgaben! Eine weitere Verschlechterung dieser Finanzlage sollte nicht billigend in Kauf genommen werden.
Alles in allem bin ich gegen die Einführung von Eurobonds. Ich denke, dass die von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen geeignet sind, um das Euro-Währungsgebiet zu stabilisieren.
Mit freundlichen Grüßen
Roman Simon