Frage an Rolf Mützenich von Sylvia G.
Sehr geehrter Herr Mützenich,
die gestrige Abstimmung der SPD zu CETA ist ein Schlag ins Gesicht der Bürger, die zu Hunderttausenden ihre Ablehnung bekundet haben.
1. Glauben Sie tatsächlich an die "Unschädlichkeit" dieses Abkommens?
2. Denken Sie, dass noch ein größerer Teil der Wähler, ihre Partei wählen wird und nicht zur AfD überläuft, ohne sich zu informieren, welche unakzeptablen Pläne diese in ihrem Parteiprogramm vertritt?
3. Herr Gabriels zukünftiges Leben ist sicher finanziell gut abgesichert, da er alle Anforderungen der Industrie mustergültig erfüllt. Aber wie geht es den anderen Parteimitgliedern, wenn sie sehen, dass die Worte "sozial" und "demokratisch" dermaßen konterkariert wird?
Viele Grüße
Sylvia Gossani
Sehr geehrte Frau Gossani,
der SPD-Parteikonvent in Wolfsburg hat mit deutlicher Mehrheit dafür votiert, in den parlamentarischen Beratungs-und Ratifizierungsprozess des Freihandelsabkommens CETA mit Kanada einzutreten. Vor dieser Entscheidung hat sich unsere Partei und auch die SPD-Bundestagsfraktion lange und intensiv mit den Argumenten von Befürwortern und Kritikern auseinandergesetzt. Während andere Parteien einer ernsthaften Diskussion aus dem Weg gehen, führt die SPD die notwendige Debatte über eine gerechte Handelspolitik offen und konstruktiv.
Denn wir wissen: Internationale Kooperationen und Handelsabkommen sind unverzichtbar, um faire Regeln für den globalen Handel durchzusetzen. Ich bin überzeugt: Das Ringen um ein gutes EU-Handelsabkommen mit Kanada hat sich gelohnt. Wir haben dadurch ein noch fortschrittlicheres Abkommen erzielt. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die SPD es geschafft, dass ein bereits fertig ausgehandeltes Handelsabkommen in für uns zentralen Punkten nachgebessert wurde.
So wird es erstmals keine privaten Schiedsgerichte mehr geben, sondern einen internationalen Handelsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern. Zusätzlich wurden Standards bei Arbeitnehmer- und Verbraucherrechten sowie beim Umweltschutz angehoben. Außerdem werden wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa die kommunale Wasserversorgung, geschützt. In unserem gestrigen Beschluss haben wir jedoch deutlich gemacht, dass an einigen Stellen noch Klärungsbedarf besteht. Daher ist es gut, dass der kanadische Premierminister Justin Trudeau und Sigmar Gabriel sich gemeinsam dafür ausgesprochen haben, den CETA-Vertrag durch eine rechtsverbindliche Erklärung der Vertragsparteien zu konkretisieren.
Klar ist: Erst nach einer positiven Entscheidung des Europäischen Parlaments können bestimmte Teile des Abkommens, die nicht unter nationale Zuständigkeit fallen, vorläufig angewendet werden. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass das Europäische Parlament vor einer vorläufigen Anwendung zunächst eines ausführlichen Anhörungsprozesses mit den nationalen Parlamenten und der Zivilgesellschaft durchführt und abschließt.
Ob es zu einer Ratifizierung von CETA durch den Deutschen Bundestag und Bundesrat kommen wird, ist von den anstehenden Verhandlungen im Ratifizierungsprozess abhängig. Doch wir können schon heute festhalten: Ohne das Beharren der SPD und Sigmar Gabriel bei CETA weiter zu verhandeln sowie die Forderung unserer Partei nach einer Zustimmung durch die nationalen Parlamente, wären diese Erfolge nicht möglich gewesen. Die Konservativen in Deutschland und Europa hätten CETA und auch TTIP schon längst ohne großen Widerspruch abgesegnet.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich