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Rolf Mützenich
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Frage von Rüdiger K. •

Frage an Rolf Mützenich von Rüdiger K. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Mützenich,

in diesem Monat soll das "Investitionsbeschleunigungsgesetz" in den Bundestag eingebracht werden. Laut "Zeit" sollen Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe künftig in erster Instanz zuständig sein für bestimmte Bauprojekte, darunter auch Straßenbauvorhaben.
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-08/investitionsbeschleunigungsgesetz-bahnverkehr-erneuerbare-energien-bundesregierung-peter-altmaier

Ist es Ihrer Fraktion bewusst, dass das eine erhebliche Einschränkung der Rechte von Bürgern, Bürgerinitiativen und Verbänden bedeutet?
Klagen vor Oberverwaltungsgerichten unterliegen vermutlich einer Anwaltspflicht und das finanzielle Risiko einer Klage kann eventuell eine fünfstellige Höhe erreichen.
Wie wird Ihre Fraktion bitte sicherstellen, dass sich nicht nur Wohlhabende, sondern auch einfache Bürger gegen möglicherweise rechtswidrige Planfeststellungen zur Wehr setzen können?
Oder möchten Ihre Fraktion, dass sich ein reicher Golfclub oder ein Villenbesitzer gegen eine neue Straße oder einen 5G-Mobilfunkmasten wehren kann, ein wenig begüterter Landwirt aber nicht?
Die eigentlich zweite Instanz zur ersten Instanz zu machen ist unsozial.

Bedeutet das Gesetz auch, dass umstrittene Straßenbauprojekte aus dem erweiterten Bedarf des Bundesverkehrswegeplans wie der Stuttgarter Nordostring per "Sofortvollzug" an den Bürgern vorbei durchgezogen werden können und die Enteigneten lediglich noch bezüglich der Höhe der Entschädigung vor Gericht ziehen können?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kopp,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Das sogenannte "Investitionsbeschleunigungsgesetz" steht noch am Anfang der parlamentarischen Phase und auch hier gilt die alte Weisheit, dass kein Gesetz den Bundestag verlässt wie es eingereicht wurde.

Wir sehen als SPD-Fraktion in dem vorgeschlagenen Gesetz durchaus Verbesserungen für mögliche Klägerinnen und Kläger. Die Oberverwaltungsgerichte sind bisher schon für Bundesverkehrsstraßen zuständig und können dabei auf dieses Know-How zurückgreifen. Dadurch kann schneller und kompetenter ein Gerichtsverfahren abgeschlossen werden, was auch im Sinne der Klageseite ist. Uns als SPD-Fraktion war dabei wichtig, dass die OVGs diese zusätzlichen Aufgaben auch personell schultern können. Dazu enthält der Gesetzentwurf mehrere Verbesserungen, insbesondere können jetzt spezielle Fachsenate oder Fachkammern für Planungsrecht gebildet werden, was die Kompetenz noch einmal erhöht. Rein fachlich können Kläger also damit rechnen, dass Ihre Klagen noch kompetenter als bisher behandelt werden und dass auch schneller entschieden wird.
Auch zeigt die Erfahrung, dass gerade bei so komplizierten Verfahren wie im Verkehrsrecht nahezu immer Anwält*innen die Klageseite vertreten. Umweltverbände haben in den bisherigen Gesprächen hier keine Kritik geäußert. Wir werden diesen Punkt aber in die weiteren Diskussionen aufnehmen und erneut prüfen.

Sofortvollzug bedeutet nicht, dass die Klagen nicht verhandelt werden bei den zuständigen Gerichten. Sind die Klagen erfolgreich, müssen die Planungen entsprechend geändert werden. Da dies die zuständigen Planungsbehörden verhindern wollen, werden diese ein eigenes Interesse an einer echten Bürger*innenbeteiligung haben, um mögliche Einwände in ihre Planungen zu integrieren.
Daher ist es uns als SPD-Fraktion wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger, Verbände und Interessengemeinschaften bei den Planungsverfahren durch eine ordentliche Beteiligung mitgenommen werden im Prozess. Hierzu konnten wir schon die Möglichkeiten ausbauen, wollen diese aber im Sinne einer echten, frühen und guten Beteiligung weiter verstärken. Hier sind wir mit der Union noch in Gesprächen, da CDU/CSU sich hier noch widersetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Mützenich

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