Frage an Roland Adelmann von Michael, Dr. P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Adelmann,
wieso hat die SPD nicht dafür gesorgt, dass mit dem neuen ZDF-Staatsvertrag Konfessionslose / Atheisten ihrer Anzahl entsprechend vertreten sind?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Pongs
Sehr geehrter Herr Dr. Pongs,
die Ministerpräsidenten der Länder haben beschlossen, dass der ZDF-Fernsehrat mit Beginn seiner neuen Amtsperiode von bisher 77 auf künftig 60 Sitze verkleinert wird. Der Anteil der als staatsnah zu betrachtenden Mitglieder wird entsprechend der gerichtlichen Vorgaben im Fernsehrat, im Verwaltungsrat wie auch in den Ausschüssen verkleinert.
20 Plätze sollen künftig an staatliche und staatsnahe Vertreter vergeben werden. Hierzu gehören auch zwei von der Bundesregierung sowie zwei von den kommunalen Verbänden bestimmte Mitglieder. Darüber hinaus werden insgesamt 40 weitere Plätze für Mitglieder zur Verfügung stehen, die von nicht-staatlichen bzw. nicht-staatsnahen Organisationen entsandt werden. Dabei ist zur Dynamisierung der Zusammensetzung des Gremiums auch vorgesehen, dass jedes der 16 Bundesländer, entlang definierter Interessenbereiche, eigenständig jeweils eine weitere entsendeberechtigte Organisation benennt. NRW hat den Bereich „Medienwirtschaft und Film“ übernommen. Durch diese zusätzliche Benennungsmöglichkeit wird den aktuellen gesellschaftlich relevanten Strömungen und Kräften in Deutschland Rechnung getragen und deren Vielfalt widergespiegelt. Es ist seitens der Länder vorgesehen, dass der Staatsvertrag am 18. Juni 2015 auf der Ministerpräsidentenkonferenz unterzeichnet wird.
Grundsätzlich ist eine weite Öffnung für eine möglichst große Zahl an gesellschaftlichen Gruppen und Perspektiven wünschenswert. Dem setzt aber einerseits die Größe des Gremiums und dessen Arbeitsfähigkeit Grenzen. Zum anderen haben im Konkreten Religion und Weltanschauung sehr unterschiedliche Facetten. Fraglich wäre daher, welche Organisation für „die“ Atheisten/Konfessionslosen in ihrer Gesamtheit als Organisation repräsentativ wäre.
Für NRW wurde bei der Novellierung des Landesmediengesetzes bereits ein Verfahren zur Dynamisierung der Zusammensetzung der LfM-Medienkommission geschaffen, das der Versteinerung des Gremiums vorbeugt und eine Öffnung für nicht verbandlich organisierte Kräfte vorsieht. Zum einen wird es Verbänden und sonstigen Organisationen ermöglicht, sich um weitere Sitze in der LfM-Medienkommission zu bewerben. Die Auswahl erfolgt durch den Landtag auf der Grundlage einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Ausgeschlossen von einer Bewerbung sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen und Parteien, um auch hier dem Gebot der Staatsferne gerecht zu werden. Das von der Organisation zu entsendende Mitglied darf zudem durch die entsendeberechtigte Stelle erst nach dem Beschluss des Landtags bestimmt werden. Zum anderen wird es nicht verbandlich organisierten Interessenten ermöglicht, einen Sitz in der Medienkommission zu erhalten: Einzelpersonen können sich um einen Sitz in der Medienkommission bewerben.
Über ein vergleichbares Verfahren für den WDR-Rundfunkrat wird im Rahmen der derzeitigen Novellierung des WDR-Gesetzes diskutiert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Roland Adelmann