Frage an Roland Adelmann von Mark R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Adelmann,
auf Ihrer Web-Site und in Nümbrecht Aktuell haben Sie geschrieben, dass die SPD den 61a den die CDU/FDP Regierung eingefügt hat, gestrichen hat.
Meine Frage: Wann genau hat die alte Regierung diesen Paragraphen eingebracht? Da wüsste ich gerne, wann genau das war.
Meines Wissens hat das noch Rau i.V.m. B. Höhn in 1995 zu verantworten. Bitte nennen Sie mir die genauen Daten. Ansonsten gehe ich davon aus, dass Sie an dieser Stelle einfach die Unwahrheit verbreitet haben. Ich beziehe mich auf die Daten, die auf den Seiten des Landes veröffentlicht sind.
Das Problem mit der Dichtheitsprüfung, hat Ihre Partei selbst heraufbeschworen, oder sehe ich das völlig falsch? Wenn Sie mich korrigieren, dann bitte anhand von Fakten.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüße
Mark Rohsiepe
CDU Nümbrecht
Sehr geehrter Herr Rohsiepe,
zuerst einmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich mich erst heute auf Ihre Anfrage bei abgeordnetenwatch.de melde. Ihren Eintrag habe ich bereits im Dezember gelesen, aber leider aufgrund meiner vielen täglichen E-Mails bei der Nachverfolgung übersehen.
Ich möchte Ihnen jedoch gerne, wenn auch etwas verspätet, auf Ihre Frage antworten. Sie beziehen sich in Ihrer E-Mail auf den Paragraphen 61a des Landeswassergesetzes bzw. der Landesbauordnung.
Die Dichtheitsprüfung wurde in NRW für private Abwasseranlagen 1995 landesgesetzlich verbindlich vorgeschrieben.
Die CDU/FDP-geführte Landesregierung hat am 14.08.2007 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes, der Landesbauordnung und des Landesabfallgesetzes in die Beratungen eingebracht (Drucksache 14/4835) und in § 61 des Landeswassergesetzes neue Fristen für die Dichtheitsprüfung beschlossen. Im Juli 2009 wurde im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes verbindliche Grundpflichten für die Überwachung von Zustand und Funktionsfähigkeit von Abwasserleitungen in §§ 60, 61 festgeschrieben.
In Gesetzentwurf vom 14.08.2007 wurde zusätzlich zum Paragraphen 61 der neue Paragraph 61a eingebracht.
Hier ein Auszug aus dem Gesetz, Punkt 33.:
Nach § 61 wird folgender § 61a eingefügt:
„§ 61a
Private Abwasseranlagen
(1) Private Abwasseranlagen sind so anzuordnen, herzustellen und instand zu halten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen
können. Abwasserleitungen müssen geschlossen, dicht und soweit erforderlich zum Reinigen eingerichtet sein. Niederschlagswasser kann in offenen Gerinnen abgeleitet
werden. Im Übrigen gilt § 57 entsprechend.
(2) Die Gemeinde ist berechtigt, die Errichtung und den Betrieb von Inspektionsöffnungen
oder Einsteigeschächten mit Zugang für Personal auf privaten Grundstücken satzungsrechtlich vor.
(3) Im Erdreich oder unzugänglich verlegte Abwasserleitungen zum Sammeln oder Fortleiten von Schmutzwasser oder mit diesem vermischten Niederschlagswasser sind nach der Errichtung von Sachkundigen auf Dichtheit prüfen zu lassen.
Ausgenommen sind Abwasserleitungen zur getrennten Beseitigung
von Niederschlagswasser und Leitungen, die in dichten Schutzrohren so verlegt sind, dass austretendes Abwasser aufgefangen und erkannt wird. Über das Ergebnis der Dichtheitsprüfung ist eine Bescheinigung zu fertigen. Die Bescheinigung ist von dem Eigentümer des Grundstückes, in dem die Leitungen verlegt sind, aufzubewahren und der zuständigen Behörde oder der Gemeinde auf Verlangen vorzulegen.
Die Dichtheitsprüfung ist in Abständen von höchstens zwanzig Jahren zu wiederholen.
(4) Bei bestehenden Abwasserleitungen muss die erste Dichtheitsprüfung
gemäß Absatz 3 bei einer Änderung, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2015 durchgeführt werden.
(5) Die Gemeinde soll durch Satzung abweichende Zeiträume für die erstmalige Prüfung nach Absatz 4 Satz 1 festlegen,
1. wenn Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen in dem Abwasserbeseitigungskonzept nach § 53 Abs. 1a oder in einem gesonderten Kanalsanierungs- oder Fremdwassersanierungskonzept festgelegt sind oder
2. wenn die Gemeinde für abgegrenzte Teile ihres Gebietes die Kanalisation im Rahmen der
Selbstüberwachungsverpflichtung nach § 61 überprüft.
Die Gemeinde muss für bestehende Abwasserleitungen durch Satzung kürzere Zeiträume für die erstmalige Prüfung nach Absatz 4 Satz 1 festzuschreiben legen, wenn sich diese auf einem Grundstück in einem Wasserschutzgebiet befinden und
1. zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1990 errichtet wurden oder
2. zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1965 errichtet wurden.
Im Falle des Satzes 2 sind bei Festlegung des Zeitraumes die Schutzziele der Wasserschutzgebietsverordnung zu berücksichtigen. Die Gemeinde ist verpflichtet, die Grundstückseigentümer über die Durchführung der Dichtheitsprüfung zu unterrichten
und zu beraten.
(6) Die oberste Wasserbehörde ist ermächtigt, die Anforderungen an die Sachkunde durch Verwaltungsvorschrift festzulegen. Die Gemeinde kann bis zum Erlass der Verwaltungsvorschrift durch Satzung Anforderungen an die Sachkunde festlegen.
(7) Die Absätze 3 bis 5 gelten nicht für Abwasserleitungen, die aufgrund des § 61 Selbstüberwachungspflichten unterliegen.“
***
Dieser Gesetzentwurf wurde durch die mehrheitlichen Stimmen von CDU und FDP in der Plenarsitzung am 6.12.2007, 2. Lesung, verabschiedet (Verkündung im GV NRW 2007, Nr. 34, vom 28.12.2007) und war bis zum 27. Februar 2013 rechtsgültig.
Die Koalition aus SPD und BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN hat sich im Rahmen des Koalitionsvertrags von 2012 dazu entschlossen, den Verpflichtungen des WHGs nachzukommen und eine Novellierung des Landeswassergesetzes voranzubringen. Dabei stand für die SPD im Mittelpunkt eine Lösung zu finden, die bürgerfreundlich ist und dem Gewässerschutz dient. Der Koalitionsvertrag sieht vor:
- Die Prüfung von privaten und öffentlichen Kanälen soll möglichst gleichzeitig vollzogen werden. Hierbei muss es zu einem fairen Ausgleich zwischen den Interessen aller Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer und dem Gewässerschutz kommen.
- Eine Aufforderung an den Bund, eine bundeseinheitliche Regelung zur Funktionsprüfung - als Verordnung zum Wasserhaushaltsgesetz - schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.
Die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages wurden nun durch eine Änderung des Landeswassergesetzes umgesetzt. Die verabschiedete Gesetzesänderung sieht vor, dass der ehemalige § 61a des Landeswassergesetzes aufgehoben und an das WHG angepasst wird. Die Prüfung des Zustands und der Funktionsfähigkeit für sowohl öffentliche als auch private Abwasseranlagen wird nun ganzheitlich in einer Verordnung geregelt. Zudem werden die Dichtheitsprüfungsfristen flexibler gestaltet.
In Zukunft entfallen für private Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten jegliche Fristen. In Wasserschutzgebieten gilt: Häuser, die vor 1965 gebaut wurden, müssen bis 2015 eine Funktionsprüfung, Häuser jüngeren Datums bis 2020. Abwasserkanäle für industrielle und gewerbliche Abwässer müssen auch außerhalb von Wasserschutzgebieten geprüft werden.
Die Gemeinden erhalten zudem eine Erlaubnis für satzungsrechtliche Regelungen. Dies verschafft den Kommunen die Möglichkeit und die Flexibilität, die Kontrolle sowie die Sanierung der öffentlichen Abwasserentsorgung mit der Kontrolle privater Abwasserleitungen zu verzahnen. Zugleich sollen die Städte und Gemeinden weiterhin die Grundstückseigentümer über die Durchführung der Funktionsprüfung unterrichten und beraten.
Das Gesetz aus der 14. Wahlperiode, Drucksache 14/4835, können Sie gerne in der Parlamentsdatenbank des Landtags, auf der Seite www.landtag.nrw.de einsehen. Ebenso das Plenarprotokoll mit der Drucksachen-Nr. 14/77, S. 9068-9079 sowie das neue Gesetz der rot-grünen Landesregierung, Drucksache 16/1264.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragestellung hiermit ausführlich genug beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Roland Adelmann