Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Tom Robert R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Bezugnehmend auf Ihr Abstimmungsverhalten:
Sind Sie sicher immer noch in der richtigen Partei zu sein? Die Mehrheit in der Bundesrepublik wünscht Mindestlöhne. Ist Ihnen das bekannt? Folgen sie hier nicht eher Ihrer Kariereleiter (wer sich nicht der Parteidisziplin beugt kann nichts werden) als dem Gewissen? Werden so nicht die Grundprinzipien sozialdemokratischer Politik verraten? Wer soll Sie dann noch wählen?
Sehr geehrter Herr Rausch,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich bin für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Es muss beim Einkommen eine Grenze nach unten geben. Leider war mit unserem Koalitionspartner ein Mindestlohn nicht zu machen. Trotzdem konnten wir in schwierigen Verhandlungen Verbesserungen erreichen: Die Einbeziehung weiterer Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und die Revitalisierung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen sind ein Fortschritt gegenüber der bestehenden Rechtslage. Diese Verabredung geht über den Koalitionsvertrag hinaus. Das ist eine gute Botschaft für Millionen von Menschen. Aber die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist weiterhin mein Ziel und das Ziel der SPD.
Ich kann gerade deshalb Ihre Verwunderung darüber verstehen, dass ich – und mit mir die SPD-Bundestagsfraktion – gegen den Antrag der Fraktion Die Linke gestimmt habe. Meine Beweggründe habe ich parallel zur Abstimmung im Bundestag gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen der SPD in einer so genannten Persönlichen Erklärung dargelegt, die ich Ihnen gerne zur Kenntnis gebe:
„Persönliche Erklärung nach § 31 GO-BT (…) zu dem Antrag: Deutschland braucht Mindestlöhne/
Der Antrag findet meine Unterstützung nicht.
Ich halte Mindestlöhne für ein unerlässliches Instrument, um in Deutschland Armutslöhne zu verhindern und ein Existenz sicherndes Einkommen zu eröffnen.
Trotzdem stimme ich bei diesem Antrag mit Nein, da es sich einzig und alleine um eine Provokation gegenüber den Betroffenen handelt. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist durch den Koalitionsvertrag an ein einheitliches Abstimmungsverhalten mit ihrem Bündnispartner CDU/CSU gebunden. Denn in der Koalition erreichen wir die Fortsetzung unserer bereits unter Rot-Grün gestarteten erfolgreichen Regierungspolitik nur durch ein gemeinsames Vorgehen trotz zahlreicher unterschiedlicher Vorstellungen in Sachfragen, unter anderem auch beim Mindestlohn.
Die sozialdemokratische Kontinuität im Regierungshandeln wird unter anderem darin deutlich, dass wir in der heutigen Koalition das Elterngeld eingeführt haben, den Atomausstieg beibehalten, das Betriebsverfassungsgesetz nicht verändert wird, der Kündigungsschutz bleibt, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm erfolgreich ist, Handwerker besser gefördert werden, das hohe Engagement für Ausbildung und wir mit der Aufnahme des Gebäudereinigerhandwerks weitere 850.000 Arbeitsplätze mit in das Entsendegesetz aufgenommen haben. Wir haben eine Gesundheitsreform verabschiedet, die ein deutlicher Schritt Richtung Bürgerversicherung ist und bei der Unternehmenssteuerreform schließen wir erstmals für Kapitalgesellschaften die Scheunentore der Steuerschlupflöcher und gehen gegen Gewinnverlagerungen ins Ausland insbesondere durch die Zinsschranke vor. Ferner brauchen wir stabile Mehrheiten, um nach der Föderalismusreform I auch die Föderalismusreform II auf den Weg zu bringen. Wir brauchen auch stabile Mehrheiten bis zur nächsten Bundestagswahl, um unter anderem die Kinderbetreuung der unter 3-Jährigen vernünftig auf den Weg zu bringen, die Erbschaftssteuerreform sowie die Reform der Pflegeversicherung sozialdemokratisch mit zu gestalten und die Gelder sowohl für Forschung und Bildung als auch für Investitionen in den Klimaschutz und die Förderung regenerativer Energien zu verstetigen.
Besonnenheit, Vertragstreue und stabile Mehrheiten bei vereinbartem Vorgehen um den Wohlstand aller zu sichern sind nicht nur in der Politik ein hohes Gut! Deshalb findet dieser Antrag nicht meine Unterstützung.“
Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB