Sehr geehrte Kandidatin, wie stehen Sie zu Ausbau der s.g. regenerativen Energien, zu Kernkraft und Wiederbelebung der russischen Gaslieferungen (Nordstream Pipeline)?

Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und die damit verbundene offene Auseinandersetzung mit meinen energiepolitischen Positionen.
Ich setze mich für eine klare, zukunftsorientierte und sozialgerechte Energiewende, die auf dem Ausbau regenerativer Energien basiert und eine nachhaltige und dezentrale Energieversorgung fördert, ein. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie der verstärkte Einsatz kommunaler Fernwärme und verbrauchernahe Kraftwerke die richtigen Schritte sind, um unsere Energieversorgung unabhängig und nachhaltig zu gestalten. Das haben wir als SPD auch so in unserem Wahlprogramm festgehalten.
Einen Wiedereinstieg in die Kernkraft lehne ich entschieden ab. Nicht zuletzt, war es mein Engagement in der Anti-Atombewegung, dass mich in die Politik geführt hat. Die Atomkraft ist nicht nur eine ineffiziente und teure Technologie, sondern sie birgt auch enorme langfristige Risiken, insbesondere im Hinblick auf die Entsorgung radioaktiver Abfälle und die Gefahren, die von veralteten Atomkraftwerken ausgehen. Gesellschaftspolitisch liefert die Atomkraft und die Frage nach der Lagerung radioaktiver Abfälle darüber hinaus tiefgehenden Anlass für gesellschaftliche und generationenübergreifende Herausforderungen und Konflikte.
Der Atomausstieg in Deutschland beruht auf einem gesellschaftlichen Konsens nach der Einsetzung einer pluralistisch besetzten Ethikkommission und Teil eines erfolgreichen, gesellschaftlichen Wandels, den die Anti-Atom-Bewegung maßgeblich mitgestaltet hat. Tatsächlich hat der Atomausstieg nicht nur unser Land sicherer gemacht, sondern auch gezeigt, dass es andere, zukunftsfähigere Alternativen gibt, um unsere Energieversorgung auf nachhaltige Beine zu stellen.
Was die Wiederbelebung der russischen Gaslieferungen betrifft, so hat die SPD-geführte Bundesregierung die einseitige Abhängigkeit von russischem Erdgas erfolgreich beendet. Dieser Schritt war notwendig, um nicht nur unsere Energiesouveränität zu sichern, sondern auch geopolitische Risiken zu minimieren. Stattdessen setzen wir auf eine stärkere Förderung erneuerbarer Energien und eine verstärkte Integration von Batterietechnologien und Wasserstoffstrategien, um eine stabile, klimafreundliche Energieversorgung sicherzustellen. Die SPD-geführte Bundesregierung hat in gerade einmal drei Jahren die Ausbauziele erhöht und Genehmigungsverfahren von Windkraft an Land und auf See sowie Freiflächen-Photovoltaik (PV) vereinfacht, den Bau von PV-Anlagen finanziell erleichtert und mehr Flächen bereitgestellt. Auch Stromnetze können nun schneller und unbürokratischer ausgebaut werden. Für erneuerbare Energien haben wir erstmals verbindliche Flächenziele für jedes Bundesland festgelegt. Das Ergebnis lässt sich sehen: Wir haben das Tempo beim PV-Ausbau verdoppelt und die für 2024 geplanten Ausbauziele bereits vor Jahresende erreicht. Auch bei der Windkraft kommen wir gut voran. 2023 stammte bereits über die Hälfte des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien. In den ersten drei Quartalen 2024 haben erneuerbare Energien 56 Prozent des Bruttostromverbrauchs gedeckt. Und wir sind auf gutem Kurs, bis 2030 ganze 80 Prozent unseres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien abzudecken.
Diese Entwicklung ist entscheidend, um nicht nur dem Klimawandel zu begegnen, sondern auch die Energieversorgung für die kommenden Generationen sicherzustellen – unabhängig von fossilen Brennstoffen und Atomkraft. Natürlich ist mir auch bekannt, dass es zu Konflikten beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und beim Netzausbau kommen kann. Hier kann das KNE – das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende durch professionelle Moderation und Mediation zur Vermeidung, Klärung und Lösung von Konflikten beitragen.
Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter