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Rita Schwarzelühr-Sutter
SPD
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Frage von Andreas M. •

Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter,

die EU verfolgt weiterhin trotz folgenschwerer Krise ab 2008 einen extremen "Öffnungskurs" für Weltkonzerne und Finanzindustrie für unsere Märkte und umgekehrt. Die aktuellen Verhandlungen zu den Handelsabkommen beweisen, das wir europäischen Bürger nicht eingebunden werden sollen, da sich Widerstand formieren könnte wenn der tatsächliche Inhalt zu Tage kommt.

Der Abbau von lange Jahre hart erkämpften sozialen, wirtschaftspolitischen und umweltpolitischen Standards ist offensichtlich und gefährdet nicht nur den sozialen Frieden.

Sind Sie nicht auch daran interessiert die Inhalte dieser Verhandlungen aus den verschlossen Räumen zu erfahren um mitgestalten zu können?

Setzen Sie sich dafür ein, das wir Bürger den Inhalt dieser Abkommen erfahren und diskutieren können?

Haben Sie auch das Gefühl das sehr viele Bürger besorgt über die undemokratische Vorgehensweise der EU sind?
Die aktuellen Verhandlungen zeigen auf, das Sie als Parlamentarier demnächst fast kein Mitspracherecht mehr in der Gestaltung unserer Politik haben werden. Beängstigt Sie das nicht?

Vielen Dank für Ihre kurze Rückmeldung
mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Merkel,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In dieser bemängeln Sie die intransparente Verhandlungsführung der Kommission. Ich teile diese Kritik und bin der Meinung, dass die Europäische Kommission wesentlich offener über die Handelsabkommen hätte berichten müssen.

Die SPD hat sich von Anfang an für mehr Transparenz stark gemacht. So hat die deutsche Bundesregierung, insbesondere auch auf Betreiben der SPD, immer die Veröffentlichung des TTIP-Mandates gefordert, was mittlerweile erfolgt ist. Außerdem begrüßen wir, dass die neue EU-Kommission das Thema Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen zu einer ihrer Prioritäten erklärt hat. Die zuletzt vorgestellte Transparenzinitiative der neuen EU-Kommission, die wir nachdrücklich eingefordert haben, weist in die richtige Richtung. Folgende Transparenzmaßnahmen wurden bzw. werden umgesetzt:

- Die Europäische Kommission will EU-Verhandlungsdokumente veröffentlichen, die sie bereits den EU-Mitgliedstaaten und dem Europaparlament vorgelegt hat.
- Die Europäische Kommission will allen Europaabgeordneten den Zugang zu TTIP-Verhandlungsdokumenten ermöglichen.
- Die Europäische Kommission will die Geheimhaltungsstufe bei vielen Papieren herabstufen.
- In Deutschland haben wir die Transparenz in den Berichten an den Deutschen Bundestag erhöht, indem jetzt über konsolidierte Verhandlungsdokumente Auskunft gegeben wird.
- Das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium hat aktiv den engen Austausch mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund gesucht und sich mit dem DGB auf ein Leitlinienpapier geeinigt.
- Neben den Gewerkschaften hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel weitere Verbände und Organisation aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen in einen TTIP-Beirat des Ministeriums eingeladen.

Die Transparenz, die wir Sozialdemokraten politisch von der EU-Kommission einfordern, wollen wir auch selbst in unserer Diskussion erreichen. Nur auf Grundlage von Information und Meinungsaustausch kann Vertrauen wachsen und letztlich eine fundierte Entscheidung getroffen, die der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tragweite der Abkommen gerecht wird.

Das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) ist in der rechtsförmlichen Prüfung und noch nicht unterschrieben. Es können also noch Änderungen vorgenommen werden. Sigmar Gabriel hat zuletzt erreicht, dass sich die sozialdemokratischen Handelsminister aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Luxemburg auf eine gemeinsame Position verständigt haben – vor allem bei dem besonders umstrittenen Thema Investitionsschutz.

Unser Ziel ist es diesbezüglich, einen „Internationalen Handelsgerichtshof“ zu etablieren. Wir wollen die Transparenz weiter erhöhen, eine Berufungsmöglichkeit schaffen, die Auswahl der Richter auf Berufsrichter und qualifizierte Wissenschaftler beschränken und dadurch die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren sichern. Auf einem Treffen der sozialdemokratischen Regierungschefs und Parteivorsitzenden in Europa am 21. Februar in Madrid wurde diese Position ausdrücklich unterstützt.

Der SPD-Parteikonvent hat im Übrigen im September beschlossen, dass vor einer Entscheidung der SPD zu CETA und TTIP die Beschlussgremien der SPD (vsl. ein erneuter Parteikonvent) beraten und abstimmen werden (Siehe: https://www.spd.de/scalableImageBlob/123760/data/20140920_parteikonvent_beschluss_ttip-data.pdf ). Auch sollen die Vertragsergebnisse im Verbund mit unseren europäischen Schwesterparteien bewertet werden.

Im Ergebnis kommt es entscheidend auf den konkreten Wortlaut der final vereinbarten Regelungen an.

Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter

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