Ria Angelika Garcia Rodriguez
PIRATEN
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Frage von Michele F. •

Frage an Ria Angelika Garcia Rodriguez von Michele F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat erklärt, dass jüngeren Beschäftigten im Öffentlichen Dienst mehr Urlaub zusteht. Die Altersstaffel in den Tarifverträgen, die Urlaubstage von 26 für unter 30-jährige sowie 29 Tage für unter 40-jährige und 30 Tage ab 40 Jahren vorsieht, verstößt - so das Bundesarbeitsgericht - gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und ist deswegen unwirksam.
Als Beamter in der Landesfinanzverwaltung würde mich Ihre Position zu einer dem Urteil entsprechenden Anpassung der Urlaubstage interessieren.

Mit freundlichen Grüßen aus der Gartenstadt

Antwort von
PIRATEN

Guten Abend Herr Franco,

Sie stellen mir eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist. Ich bin von Beruf Personalberaterin und habe in dieser Funktion natürlich auch ständig mit den Auswirkungen des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzt) zu tun. Es fängt schon damit an, dass wir unsere deutsche Sprache nicht mehr so frei einsetzen, wie wir es vormals gewohnt waren. Die Mehrzahl, wenn sie Männer und Frauen betrifft, ist in unserer, wie auch vielen anderen Sprachen, nun mal männlich. Durch das AGG sind wir alle verunsichert und bemühen uns ständig so zu formulieren, dass sichergestellt ist, dass die Ansprache sowohl Männern, wie auch Frauen gilt. Daraus resultieren dann Schreibweisen wie „BeraterInnen“.

Ich bin absolute Unterstützerin der Forderung, dass wir niemanden aufgrund seiner Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität diskriminieren dürfen. Aber was ist Diskriminierung? Wo fängt sie an und wo hört sie auf?

Das jemand nicht eingestellt wird, weil er über 50 ist, ist sicher eine Diskriminierung, vor allem, weil über 50jährige heute durch den Prozess des lebenslangen Lernens so „viel jünger“ im Geiste und meist auch körperlich sind, als vor 50 Jahren. Außerdem bringen sie Erfahrungen ein, die ein 20jähriger noch nicht gemacht hat.

Aber ist es diskriminierend, dass wir in der Vergangenheit der Meinung waren, dass Menschen mit zunehmendem Alter ein paar Tage mehr Urlaub haben sollten, weil sie mehr Zeit zur Regeneration benötigen? Oder war es nicht einfach eine Anerkennung des Alterungsprozesses?

Zu mir selbst: Ich bin selbständige Personalberaterin und kann natürlich auch frei entscheiden, wann und wie viel Urlaub ich mir zugestehe. Der Urlaub fällt bei mir sehr viel geringer aus, als zu angestellten Zeiten, aber natürlich mache ich mir Gedanken darüber, wie jetzt und in Zukunft Angestelltenverhältnisse so gestalten können, dass sie fair, in jedem Fall den Lebensunterhalt sichernd und erfüllend sind.

Wir befinden uns in Zeiten, in denen wir alles was bisher war in Frage stellen und das muss wohl auch so sein, weil wir an vielen Stellen an Grenzen stoßen, die unser gesamtes System in Frage stellen. Sicher hat sich aus das Bundesarbeitsgericht in Erfurt dieser Problematik gegenüber gesehen und versucht eine Entscheidung im Sinne des AGG zu treffen. Wir müssen uns in der gesamten Gesellschaft und auch in der Politik die Frage stellen, wo Diskriminierung anfängt oder aufhört und wo möglicher Weise gesellschaftlich oder wirtschaftlich wichtige Anerkennung anfängt und aufhört.

Wir gehen insgesamt mit unserer älter werdenden Bevölkerung und auch mit unserer Jugend, die nach Chancen strebt, in dieser Zeit nicht richtig um.

Es wird uns nicht erspart bleiben, dass wir in Zukunft wichtige gesellschaftspolitische Fragen neu stellen und neu beantworten. Dabei ist aus meiner Sicht besonders wichtig, dass wir dies in gegenseitigem Respekt tun.

Auch wenn ich Ihnen hier vielleicht nicht die „perfekte Antwort“ auf Ihre Frage geben konnte, hoffe ich, dass sie verstehen, dass wir alle zur Zeit mit Zukunftsfragen umgehen, auf die wir erst noch die passenden Antworten finden müssen.

Herzliche Grüße

Ria Garcia