Frage an Renate Harant von Schiemel G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
(1) Warum kandidieren Sie im WK 6, wenn Sie doch auch über Liste gewählt werden ? Andersherum: Was tun Sie für Ihren WK?
(2) Was sagen Sie zu den Zuständen im Abschiebegewahrsam Grünauer Strasse; kennen Sie die Verhältnisse persönlich durch einen Besuch?
Sehr geehrter Herr Schiemel,
zu Frage 1: das Abgeordnetenhaus von Berlin setzt sich zu 60 Prozent aus direkt gewählten Kandidaten und zu 40 Prozent aus Kandidaten zusammen, die über die Listen der Parteien ins Parlament einziehen. Erreicht man also in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen unter den Direktkandidaten, ist man gewählt. Über die Liste der Partei rücken soviele Kandidaten nach, wie nötig sind, um das Wahlergebnis der einzelnen Parteien prozentual umzusetzen. Da die Entscheidung um das Direktmandat häufig sehr knapp und ungewiss ist, sichern viele Parteien die Direktkandidaten über die Liste ab. Ein guter Listenplatz (ich habe den Listenplatz 2) kann dann trotz verlorener Direktwahl den Einzug ins Parlament ergeben.
Wie Sie sehen, ist eine Direktkandidatur und gleichzeitig eine Listenkandidatur kein Widerspruch, sondern sie ergänzen sich.
Natürlich setze ich mich mit aller Kraft dafür ein, meinen Wahlkreis direkt zu gewinnen, und die Prognosen sehen zur Zeit ja gar nicht schlecht aus.
In diesem Zusammenhang fragen Sie auch, was ich für meinen Wahlkreis tue.
Als Mitglied des Abgeordnetenhauses bin ich für die Gesetzgebung im Land Berlin und für die Kontrolle der Regierung zuständig.
Gleichzeitig kümmert sich wohl jeder Abgeordnete - besonders wenn er in seinem Wahlkreis wohnt, wie das bei mir der Fall ist- um die Entwicklungen und Probleme vor Ort. Zu Recht werde ich daher auch immer wieder von meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern angesprochen und auf Themen hingewiesen, um die ich sich annehmen soll.
Meist geht es dabei um die Schulen, um Sportplätze und Sportvereine, um Verkehrsanbindung u. ä.
Als Mitglied des Bildungsausschusses und des Sportausschusses konnte ich oft (natürlich nicht immer)dazu beitragen, dass Probleme wahrgenommen und gelöst wurden. Kurzum: als Abgeordnete nutze ich meine Kontakte und Möglichkeiten, um in meinem Wahlkreis, für den ich mich natürlich besonders verantwortlich fühle (aber nicht nur dort!), Verbesserungen zu erreichen..
zu Frage 2:Menschen, die sich im Abschiebegewahrsam Berlin Grünau befinden, sind in der Regel keine Straftäter, sondern Personen, die mit dem deutschen Ausländerrecht in Konflikt geraten sind und nun schnellstmöglich in ihr Heimatland zurückkehren sollen.
Besondere Probleme waren unter anderem die lange Aufenthaltsdauer im Gewahrsam ( u. a. weil die Heimatländer sich oft weigern, ihre Landsleute zurückzunehmen), mangelnde Verständigungs- sowie Beschäftigungsmöglichkeiten und generelle Mängel an Räumlichkeiten.
Vertreter der SPD-Fraktionen aus Abgeordnetenhaus und BVV waren in den letzten drei Jahren mehrfach vor Ort und konnten mit Leitung, Personal und Insassen reden und nach gemeinsamen Lösungen für die Verbesserung der Situation suchen. Dank dieses Einsatzes wurde Folgendes erreicht:
- die Verweildauer konnte von 50 auf 30 Tage gesenkt werden
- Innenvergitterungen und Trennwände im Besucherbereich wurden abgebaut
- eine Spielecke für Kinder wurde im Besucherzimmer eingerichtet
- die lange unbesetzte vierte Sozialarbeiterstelle wurde besetzt
- bessere Schulung und Sensibilisierung des Personals erfolgt
- Möglichkeit zur Arbeit im Gewahrsam gegen ein Entgelt sind jetzt gegeben
Auch weiterhin werden sich die SPD-Fraktionen im Abgeordnetenhaus und in der BVV Treptow-Köpenick um die Situation kümmern und mit der Leitung und den Insassen in Kontakt bleiben. Persönlich bin ich mit dieser Thematik nicht befasst, weiß aber, dass meine Kolleginnen und Kollegen sich dieses Themas sehr engagiert annehmen und bin auch über die Maßnahmen informiert.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Harant