Portrait von Reinhard Löffler
Reinhard Löffler
CDU
40 %
/ 5 Fragen beantwortet
Frage von Barbara K. •

Frage an Reinhard Löffler von Barbara K. bezüglich Finanzen

Stuttgart hat für 99 Jahre seine Stadtbahnwagen, seine 3 Klärwerke in Münster, Möhringen, Plieningen und sein Abwasserkanalsystem an US-Investoren verkauft und für ca. 29 Jahre zurückgemietet. Diese hochriskanten Cross Border Leasing (CBL) Verträge können für Stuttgart zu sehr hohen Schadenersatzzahlungen führen bzw. auch dazu, dass unsere Einrichtungen bis Ende der langen Vertragszeit von den US-Investoren betrieben werden, sollte der Stadt Stuttgart eine "Vertragsverletzung" nachgewiesen werden können..

Stuttgart kann die Neckarbrücke in Münster nicht nach ursprünglichem Plan bauen, weil die Brücke das Gelände der CBL-verleasten Kläranlage tangiert hätte. Das hätte hohe Schadensersatzzahlungen an die US-Investoren nach sich ziehen können (zur Erinnerung: nach diesen Verträgen dürfen die verleasten Einrichtungen für die Dauer des 99-Jahre (!!) währenden Vertrages nicht verändert werden). Was bedeutet das für die vielen Grundstücke über dem Abwasserkanalsystem?? Auch hier kommen ungeheure Probleme im Endeffekt auf uns Bürger zu.

Herrn Löffler, Sie waren vor einem Jahr noch so begeistert über die Cross Border Leasing Verträge . Sie rühmten sich, dass Sie sich für diese Verträge eingesetzt hätten .

1) Tritt die Stadt Stuttgart jetzt wenigstens der kommunalen Notgemeinschaft "CBL-Netzwerk des Deutschen Städtetages" bei, die sich kürzlich gegründet hat? Viele Städte, die diese riskanten Geschäfte eingegangen sind, wollen sich nun gemeinsam besser gegen die vielfältigen Risiken schützen.

2) Engagiert sich Stuttgart dahingehend, dass sich die Stadt bemüht, alle 3 CBL-Verträge im Einvernehmen mit den US-Investoren rückabzuwicklen? Damit wir diese gefährliche Last los sind?

Portrait von Reinhard Löffler
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Kern,
bei CBL-Verträgen werden keine Anlagen verkauft sondern für 99 Jahre vermietet und für 29 Jahre zurückgemietet. Dies hatte steuerrechtliche und buchungtechnische Gründe für die Investoren aus den USA. Die deutschen Kommunen erzielten durch CBL einen Barwertvorteil in Höhe von etwa 5 % des Anlagewertes, der unmittelbar mit Vertragschluss ausbezahlt wurde. Eigentum wurde nicht übertragen auch wenn dies immer wieder (fälschlicherweise) behauptet wird. Die Stadt Stuttgart ist und bleibt immer Eigentümer der Klärwerke und Abwasserkanalsystemen. Das Grundbuch ist einsehbar.

Jedes Finanzierungsgeschäft wie auch jeder andere Vertrag birgt Risiken. Risiken muss man erkennen, sorgfältig analysieren und geeignete Vorkehrungen treffen. Das gilt gleichermaßen für private wie für öffentliche Verträge. CBL Verträge sind recht umfangreich aber auch sehr präzise in der Festschreibung der Vertragspflichten. Diese CBL-Geschäfte sind mittlerweile nicht mehr möglich, da der US-Gesetzgeber erkannt hat, dass CBL für den amerikanischen Steuerzahler nicht vorteilhaft sind.

Allen Unkenrufen zum Trotz sind keine CBL-Geschäfte bekannt aus denen der amerikanische Investor Schadensersatzansprüche gegen deutsche Kommunen gemacht hat. Was wichtig und richtig ist, dass man bei uns eine Risikomanagementsystem aufbaut, damit die Vertragspflichten sorgfältig eingehalten werden. Jedes private und kommunale Unternehmen sollte aber für seinen gesamten Tätigkeitsbereich Risikofrüherkennungssysteme etablieren um sich gegen unvorhersehbare und vorhersehbare Risiken zu wappnen.

Das Gelände in Münster ist vermietet. Aus diesem Grund kann man auf diesem Grundstück nur dann eine Brücke bauen, wenn der Vermieter damit einverstanden ist. Das ist für mich ganz selbstverständlich. Wenn ich Mieter eines Hauses mit Garten wäre, könnte der Vermieter auch nur mit meiner Zustimmung eine Garage auf meinem gemieteten Grundstück bauen. Dies ist kein besonderes Risiko von CBL . Nur nebenbei bemerkt, muss man prüfen ob diese Verkehrsführung wirklich geeignet ist. Eine großräumige Umfahrung ausserhalb der Stuttgarter Gemarkungsgrenzen hielte ich für die bessere Alternative. Die Verkehrsplanung hat noch Hausaufgaben zu erfüllen.

Die Eigentumsverhältnisse von Grundstücken, die über dem Abwasserkanalsystem liegen bleiben davon unberührt, weil diese Grundstücke gar nicht Gegenstand des CBL-Vertrages sind. Im übrigen verbietet CBL auch nicht das Abwassernetz zu verändern. Es ist keinesfall so, dass die Kommune in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Es kommen keine "ungeheueren Probleme" auf die Bürger zu. Ich halte es nicht für richtig, unsubstantiiert Ängste zu schüren.

Eine Rückabwicklung der CBL-Verträge befürworte ich nicht und hielte das auch für falsch. Zudem kann man einen abgeschlossenen Vertrag nicht einfach rückabwickeln. Wenn so etwas möglich wäre, wäre dies für den allgemeinen Rechtsfrieden destabilisierend.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Löffler

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Reinhard Löffler
Reinhard Löffler
CDU