Frage an Reinhard Bütikofer von Ottmar M.
Guten Tag Herr Bütikofer,
auf Ihrer Homepage ist zu lesen: „Die Pipeline (Nord Stream 2) zielt darauf, die Ukraine zu destabilisieren, weil sie ihr, möglichst schon ab 2019, die Transitgebühren entziehen will.“ „und nicht genug (Gas fließt), um die Finanzierung des ukrainischen Rohrleitungsnetzes zu ermöglichen.“
Wollen Sie Rußland bzw. Gazprom das Recht absprechen, Erdgas nach eigenem Ermessen zu verkaufen? Wo gibt es denn so etwas? Wollen Sie westlichen Konzernen auch vorschreiben, an wen sie was verkaufen dürfen? Weshalb soll Rußland denn das ukrainische Gasnetz finanzieren? Gibt es da eine Verpflichtung? Oder haben Sie Angst, daß die Ukraine dem europäischen Steuerzahler auf der Tasche liegt, um z. Bsp. den Krieg in der Ostukraine zu finanzieren? Haben die USA und die EU nicht die Ukraine destabilisiert? Wie anders soll man denn die Aussage des damaligen Präsidenten Obama werten? "(...) Wir hatten in der Ukraine - seit dieser Zeit - einen Deal für die Übergangsmacht vermittelt (...)"
,http://cnnpressroom.blogs.cnn.com/2015/02/01/pres-obama-on-fareed-zakaria-gps-cnn-exclusive/ sagte US-Präsident Obama am 1.2.15 bei CNN. Gibt Obama nicht öffentlich zu, daß sich die USA dort eingemischt haben? Weshalb soll denn vor diesem Hintergrund Gazprom/ Rußland nun das ukrainische Leitungsnetz finanzieren? Korrigieren Sie mich, aber hatte Rußland der Ukraine zum Jahreswechsel 2013/14 nicht schon Kredite zugesagt, die aber wegen des Umsturzes nicht ausgereicht wurden?
Erntet die EU nicht jetzt die Ergebnisse dieser massiven Einmischung in der Ukraine? Warum sorgt die EU nicht dafür, daß das Kiewer Regime endlich Minsk II umsetzt, wenn die Ukraine stabilisiert werden soll? Im Abkommen steht doch ganz klar, was das Kiewer Regime zu tun hat. Falls Sie Rußland hier verantwortlich machen wollen, Rußland wird im Abkommen doch gar nicht erwähnt.
Bei der Beantwortung der Fragen müssen Sie nicht wiederholen, was auf Ihrer Homepage steht, das ist bekannt und muß nicht nochmals dargelegt werden.
Sehr geehrter Herr M.,
Sie haben sich Mühe gegeben, zwei Sätze aus einem auf meiner Website veröffentlichten Beitrag aus dem Zusammenhang zu reißen und dann allerhand tendenziöse und zum Teil auch ulkige Scheinfragen daran anzuknüpfen. Ihnen geht es offenkundig nicht darum, etwas zu erfahren oder in einen Austausch einzutreten, sondern Sie bombardieren mich mit Unterstellungen und Vorwürfen, mit denen Sie Ihr aus meiner Sicht verzerrtes Bild des Russland-Ukraine-Konflikts propagieren wollen.
Lassen Sie mich auf Ihre erste Frage eingehen. Sie schreiben: „Wollen Sie Russland bzw. Gazprom das Recht absprechen, Erdgas nach eigenem Ermessen zu verkaufen?“ Das ist gleich mehrfach Unsinn. Gazprom soll von mir aus sein Gas an jeden verkaufen, der es kaufen will. Ganz nach eigenem Ermessen kann übrigens kein Unternehmen seine Produkte verkaufen; jedes muss sich an die jeweils gültige Rechtsordnung halten. Auch Gazprom muss sich, wenn die Firma im Energiesektor in Europa tätig sein will, an europäisches Energierecht halten. Doch das nur nebenbei. Wenn Gazprom das Gas, das es in der EU verkaufen will, durch die Ukraine durchleitet, muss die Firma dafür natürlich bezahlen, und die Ukraine wird wenigstens so viel Gebühren verlangen, dass sie davon die Aufrechterhaltung des Gasnetzes finanzieren kann. Natürlich kann die russische Seite nun auf die Idee kommen, sie würde bei Gaslieferungen in die EU lieber die Ukraine umgehen, etwa aus dem Grund, dass sie der Ukraine Einnahmen entziehen und gegenüber der Ukraine mehr Druck ausüben könnte. Dass Russland tatsächlich im post-sowjetischen Raum versucht, dominierenden Einfluss auszuüben, das kommt ja nicht nur in der Annexion der Krim und in der russischen Aggression im Donbas zum Ausdruck. Lesen Sie nur die jüngsten Nachrichten über Druck, den Russland gegenüber Weißrussland ausübt. Das Projekt Nord Stream 2 spielt in diesem ganzen Zusammenhang seine Rolle. Es soll Russlands Möglichkeit erweitern, die Ukraine mit Gaslieferungen zu umgehen. Da ich ja nun nicht russische Politik mache, sondern deutsche und europäische, stellt sich für mich die Frage so: Ist es im deutschen und europäischen Interesse, dass wir Russland dabei helfen? Da ist meine Antwort ganz klar. Nein.
Noch eine Ihrer Fragen will ich aufgreifen. Sie schreiben, und meinen damit offenbar den Konflikt in der Ostukraine: „Erntet die EU nicht jetzt die Ergebnisse dieser massiven Einmischung in der Ukraine?“ Das ist meines Erachtens nur zynisch. Unbestreitbar findet in der Ostukraine eine russische Aggression gegen Kiew statt. Sie tun ja geradezu so, als habe Russland aus irgendeinem unerfindlichen Grund das Recht, die Ukraine anzugreifen, wenn ihr die dortige Politik nicht passt. So etwas nennt man normalerweise aggressive oder imperialistische Logik. Wie kommen Sie eigentlich dazu, sich zum Propagandisten des Friedensstörers Putin zu machen? Sie sollten sich schämen.
Mit begrenzter Hochachtung
Reinhard Bütikofer