Frage an Reinhard Bütikofer von Thure d. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Bütikofer,
können Sie mir Ihren Standpunkt zu Artikel 13 erklären? Vielleicht kommen wir ja zu einem produktiven Austausch, weshalb ich Ihnen gerne kurz meinen Standpunkt darlegen möchte.
- Ich finde es kritisch eine Infrastruktur, die über das Löschen von Inhalten entscheidet an private Unternehmen auszulagern. Diese werden nicht transparent arbeiten und unterstehen keiner wirksamen Kontrolle.
- Ich bin vollkommen der Meinung, dass geistiges Eigentum vergütet werden muss. Gerade auch das Beispiel der DuMont Mediengesellschaft zeigt dies deutlich. Jedoch bin ich auch der Meinung, dass auch die Mediengesellschaften auf Veränderungen eingehen müssen. Ich lese täglich sechs Onlinezeitungen und die meisten Zeitungen bieten mir nur das klassische Abo fpr 30+ Euro im Monat an. Ich spende jedes Jahr an viele Zeitungen, aber 30 € an jede jeden monat ist nicht mehr zeitgemäß. Der Guardian geht hier mit einem Spendenmodell mit gutem Beispiel voraus.
- Als das Grundgesetz 1949 verabschiedet wurde, sollte dies vor einer erneuten Diktatur in Deutschland schützen. Gehört hierzu, dass eine Infrastruktur aufgebaut werden soll, die letztendlich jede Meinungsäußerung filtern kann, bevor diese überhaupt geäußert wird?
- Ich empfinde Artikel 13 als zu vage formuliert. Eine Zensur muss von einem Gericht entschieden werden, dem auch nach klar definierten Regeln widersprochen werden kann.
Sehr geehrter Herr d. F.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 1. März zum Thema Copyright-Reform. Insgesamt hatten mich zu diesem Thema wohl über 10 000 Briefe und Mails erreicht.
Inzwischen hat das Europäische Parlament ja entschieden, aber leider nicht so, wie Sie es sich erhofft hatten und wie ich es für richtig gehalten hätte. Der Artikel 13, auf den Sie sich besonders beziehen, der im Übrigen nicht der einzige problematische Artikel war, kam gar nicht gesondert zur Abstimmung. Mit sehr knapper Mehrheit von 308 zu 303 Stimmen war entschieden worden, dass über einzelne Änderungsanträge nicht mehr abgestimmt wird. Kuriosität am Rande: im Nachhinein erklärten einige schwedische Abgeordnete, sie hätten bei der Entscheidung den falschen Knopf gedrückt und hätten eigentlich zustimmen und nicht ablehnen wollen. Aber die Entscheidung ließ sich daraufhin nicht zurückholen.
Meine Haltung zu Artikel 13 ist die folgende: Die Balance zwischen den Interessen der Urheber und denen der Netzbenutzer ist nicht gelungen. Den Vergütungsanspruch der Urheber halte ich für legitim, deswegen allerdings eine Regelung zu wählen, welche in der praktischen Konsequenz auf die Uploadfilter hinausläuft, die Sie kritisiert haben ohne das Wort zu benutzen, ist weder gerechtfertigt noch notwendig. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, zum Beispiel ist der Vorschlag in Umlauf gewesen, einen bestimmten Prozentsatz der Werbeeinnahmen der Plattformen zur Vergütung der Urheber zu nehmen. In einem solchen System wären Uploadfilter ganz überflüssig gewesen.
Weil ich Uploadfilter, die an anderer Stelle, etwa gegen die Verbreitung von terroristischer Werbung im Netz, ihre Berechtigung haben mögen, im Zusammenhang des Urheberrechts für inakzeptabel halte, habe ich am Ende gegen die Reform gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Bütikofer