Frage an Reinhard Bütikofer von Andreas W. bezüglich Soziale Sicherung
Ich las eben im Spiegel, dass die EU-Kommission Großbritannien verklagen will, weil dort EU-BürgerInnen von Sozialleistungen ausgeschlossen werden, die BritInnen zu stehen. Nachzulesen hier: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bruessel-klagt-gegen-grossbritannien-wegen-verweigerter-sozialleistungen-a-902907.html
Bekanntermaßen bricht auch die Bundesrepublik in dieser Hinsicht laufend das EU-Recht, insbesondere durch die Formulierungen des SGB II, in dem EU-BürgerInnen weder aufgrund des Europäischen Fürsorgeabkommens noch aufgrund der VO 883/2004 in jedem Fall die Gleichbehandlung mit Deutschen gewährt. Auch hierzu gern der Verweis auf weitere Informationen: http://www.harald-thome.de/media/files/EFA_Vorbehalt_Kommentar-18.05.2012.pdf
Die konkrete Frage: Ist aus den Reihen des Europäischen Parlaments oder einer anderen Institution geplant oder bereits eingeleitet, dass auch europarechtliche Schritte gegen die Bundesrepublik erfolgen?
Ich bin unabhängiger Hartz-IV-Berater und habe laufend damit zu tun, dass EU-BürgerInnen vor das Sozialgericht ziehen müssen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Erfreulicherweise gewinnen fast alle ihre Eilverfahren, aber der Dauerrechtsbruch der Bundesrepublik kostet die Betroffenen Nerven und die SteuerzahlerInnen letzten Endes einen Haufen Geld, weil verlorene Prozesse ja auch zu bezahlen sind.
Falls Aktivitäten, Deutschland juristisch hier zurechtzuweisen, noch nicht bekannt sind, hätte ich dann gern noch gewusst, ob Ihre Partei sich hierzu durchringen könnte.
Sehr geehrter Herr Wallbaum,
Sie hatten mich vor Längerem gefragt, ob unter Bezug etwa auf das Europäische Fürsorgeabkommens aus den Reihen des Europäischen Parlaments oder einer anderen Institution europarechtliche Schritte gegen die Bundesrepublik geplant oder bereits eingeleitet seien, weil Ihrer Meinung nach Bestimmungen des SGB II gegen Europarecht verstießen, das Gleichbehandlung mit Deutschen gewähre.
In den letzten Wochen sind diese Zusammenhänge in der Öffentlichkeit breit erörtert worden, aber leider, anders als in Ihrer Zuschrift, wo es Ihnen um die Besserstellung der Betroffenen ging, wurden dabei sehr oft populistische Stimmungen angeheizt.
Die deutschen Gerichte sind bisher nicht zu einer einheitlichen und abschließenden Beurteilung der Rechtslage gelangt.
Das Bundessozialgericht (BSG) geht in einem Fall davon aus, dass die Klägerin seit Mai 2012 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II nicht auf das Europäische Fürsorgeabkommen stützen konnte, weil die Bundesregierung Ende 2011 wirksam einen Vorbehalt zu diesem Abkommen erklärt hatte. Ob die Frau stattdessen einen Anspruch direkt aus dem nationalen Recht habe, hänge davon ab, ob die Ausschlussklausel in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II wirksam ist oder gegen Unionsrecht verstößt. Dies müsse jedoch der Europäische Gerichtshof klären (Beschl. v. 12.12.2013, Az. B 4 AS 9/13 R). Daher wird in hoffentlich absehbarer Zeit der EUGH eine Entscheidung treffen müssen.
Politische Initiativen zu dem Thema wären nach meinem Verständnis erst nach der Klärung der Rechtsfrage zu überlegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Reinhard Bütikofer