Frage an Reiner Felsberg von Maike S. bezüglich Soziale Sicherung
Wie gedenken sie liebgewonnene unkommerzielle Kulturprojekte in ihrem Wahlkreis wie z.B. "Köpi 137", Open Space, Den Schwarzen Kanal (Wagenburg) etc. pp. in zukunft zu unterstützen und vor dem immer mehr um sich greifenden Heuschreckenkapitalismus zu schützen?
Haben sie Pläne, weitere unkommerzielle aus der Bevölkerung initierte Projekte zu fördern? Wenn ja, wie?
Werden Sie solche Projekte vor wildwuchernder Bürokratie schützen und in Zukunft verhindern, daß Kunstvereine als illegale Gastwirtschaften kriminalisiert werden?
Wie wollen Sie rasant steigende Mieten verhindern, und die stattfindende Verdrängung langjähriger Anwohner bremsen?
Soll Mitte (insbes. der WK2) in Zukunft nur noch für die "oberen 10.000" bewohn- / -zahlbar sein?
Sehr geehrte Frau Schalonke,
ich danke Ihnen für Ihre Fragen und möchte eingangs Ihre Frage 5, ob MITTE zukünftig nur noch für die „Oberen Zehntausend“ bewohnbar und bezahlbar sein soll, gleich mit einem klaren NEIN beantworten. Sowohl in meinem Wahlkreis als auch für die ganze Stadt muss gelten: Die Stadt ist für alle da. Dafür kämpfen unsere Fraktionen in der BVV MITTE und im Abgeordnetenhaus seit Jahren. In unserer Stadt - und insbesondere in Mitte - müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass auch zukünftig jede und jeder seinen Platz haben kann. Ob es Wagenburgenprojekte wie den Schwarzen Kanal oder an der Lohmühle betrifft, alteingesessene Bewohner/innen oder Zugezogene, Geringverdiener oder MieterInen in teuren Loftwohnungen. Die soziale Mischung macht`s!
Gerade am Kampf um den Erhalt der Wagenburg Schwarzer Kanal können Sie exemplarisch sehen, wie sich bündnisgrüne Politik seit Jahren für unkommerzielle Wohn- und Kulturprojekte einsetzt. Als die Wagenburg Anfang der 90ger von ihrem angestammten Standort an der Spree vertrieben werden sollte, waren es die Bündnisgrünen die versucht haben die Wagenburg planungsrechtlich sichern zu lassen. Wir sind damals an der PDS-Mehrheit im Bezirk Alt-Mitte gescheitert. Kleiner „Spaß“ am Rande: Einer der damals dazu beigetragen hat das der bündnisgrüne Antrag, die Wagenburg im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zu sichern, gescheitert ist, ist heute PDS-Direktandidat im Wahlkreis 1, Herr Sven Dietrich. Es waren die Bündnisgrünen und ihre Stadträtin für Stadtentwicklung, Dorothee Dubrau, die über die letzten Jahre immer versucht haben den Wagenburgbewohner/innen zu helfen. Ob es um die Unterstützung bei der Auseinandersetzung gegen das Deutsche Architekturzentrum, der Bürgerfragestunde in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte, oder dem Versuch Ersatzgrundstücke zu finden ging, immer waren es Bündnis 90 / Die Grünen auf Bezirks-, Abgeordnetenhaus und Bundestagsebene. Z. Z. gibt es einen Runden Tisch Wagenburg Schwarzer Kanal. Sich dort parteiübergreifend an den für die befürchtete Räumung verantwortlichen Nachbareigentümer und seine Gesellschafter zu wenden, ist eine bündnisgrüne Initiative. Auch wenn dies noch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Sollte die „Köpi 137“ oder andere Projekte unsere und meine Unterstützung benötigen, wir bleiben dran!
Die Förderung für „unkommerzielle aus der Bevölkerung initiierte Projekte“ besteht m. E. darin, ihnen diese Projekte zu ermöglichen und die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. So wie wir dies in der Vergangenheit immer unterstützt haben werden wir es natürlich auch in der Zukunft tun: Volle Unterstützung für unkommerzielle Kulturprojekte in MITTE u. in meinem Wahlkreis durch Bündnis 90 / Die Grünen. Derzeit versuchen wir das Wohn- und Sozialprojekt „Umsonstladen - Brunnenstraße 183“ zu unterstützen, welches aktuell mal wieder von den Sanierungsplänen eines neuen Eigentümers bedroht wird.
Zu Ihrer Frage nach „wildwuchernder Bürokratie“ und „Kriminalisierung von Kunstvereinen als illegale Gastwirtschaften“. Auch wenn Bündnisgrüne i. d. R. nicht unbedingt etwas gegen etwas Wildwucherndes haben, Bürokratie darf dieses Prädikat natürlich nicht verdienen. Das Problem hier ist jedoch nach meinem Kenntnisstand nicht die Bürokratie oder die Kriminalisierung von Kunstvereinen als illegale Gastwirtschaften in Mitte. Es gibt einige Beispiele, bei denen sog. „ungenehmigte Nutzungen“ erfolgen. Von Kriminalisierung zu sprechen ist dabei jedoch etwas übertrieben. Hier werden derzeit Lösungsmöglichkeiten in Mitte gesucht die von mir voll unterstützt werden.
Als letztes zu Ihrer Frage der „rasant steigenden Mieten“ und der „stattfindenden Verdrängung langjähriger Anwohner“.
Prinzipiell liegt die Entscheidung von Mietbegrenzungsmöglichkeiten beim Bundesgesetzgeber. Mietgesetze entscheidet der Bundestag. Auf der Bundesebene haben wir, insbesondere durch unsere derzeitige Berliner Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bolig, in der Vergangenheit eine Vielzahl von Gesetzesinitiativen gestartet (z. B. Reduzierung der Umlagemöglichkeit von Modernisierungskosten auf die Miete). Viele gute Ideen sind leider an anderen Mehrheiten gescheitert.
Da Sie aber ja nicht wissen wollen auf welchen Ebenen ich nichts tun kann, käme als nächstes die Frage: Was kann ich, können Bündnis 90 / Die Grünen, auf Berliner Ebene gegen zu hohe Mieten und Verdrängung tun.
Hierzu in der Kürze 2 Beispiele:
1. Ausverkauf des kommunalen Wohnungsbestandes
Rot/Rot hat seinen „Offenbarungseid“ zur Frage der Wohnungsverkäufe unserer Wohnungsbaugesellschaften bis nach der Wahl verschoben. „Pech“ nur, dass das mit den 15.000 Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaft Mitte Anfang dieser Woche nun doch rausgekommen ist. Wir haben auf Landesebene bereits 2004 ein wohnungspolitisches Konzept vorgelegt, welches sichert, dass es in Berlin eine erforderliche Anzahl kommunaler Wohnungen zu bezahlbaren Mieten gibt. Denn eines ist klar: Kommt es weiterhin zum Ausverkauf des kommunalen Wohnungsbestandes werden die Käufer nicht vom Samariterbund oder der Caritas kommen. Ergebnis: Ausverkauf, Aufwertung, steigende Mieten. Dazu darf es nicht kommen. Rot/rot hat in den letzten Jahren seine Unfähigkeit bewiesen dieses Problem auch nur annähern in den Griff zu bekommen.
2. Sicherung der Wohnnutzung in Mitte
Grundvoraussetzung für einen halbwegs bezahlbaren Wohnungsmarkt ist eine ausreichende Anzahl von Wohnungen. Gerade der Citybezirk Mitte hat hier jedoch stark mit der Umnutzung in Gewerbe zu kämpfen, da hier natürlich ganz andere Mieten genommen werden können. Die Sicherung von Wohnnutzungen insbesondere in den gefährdeten Bereichen in Mitte war eine bündnisgrüne Initiative in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte. Z. Z. wird - in Regie der bündnisgrünen Stadträtin Dorothee Dubrau und bisher einmalig in Berlin - für das Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt (zwischen Oranienburger Straße, Friedrichstraße, Linienstraße, Max-Beer-Straße und Dirksenstraße) ein Bebauungsplan zur Sicherung der Wohnnutzung erarbeitet. Hiermit soll die Verdrängung der Wohn- durch Gewerbenutzungen verhindert werden. Ein Anliegen für das wir seit Jahren kämpfen.
Aber auch ein Anliegen, welches von vielen Anderen vehement bekämpft und als „Kneipenverhinderungsplan“ diffamiert wird. Die Diskussion, ob dieser Plan Wirklichkeit wird, steht für 2006/2007 an.
Ich hoffe, dass meine Antworten Ihre Fragen beantworten konnten und Ihre Intentionen treffen.