Sehr geehrte Frau Stempel, Sie sind dagegen Bürgergeldempfänger zur gemeinnützigen Arbeit zu verpflichten. Was sind Ihre Argumente bzw. Gründe dafür?
Meiner Erfahrung nach lösen Gelgeschenke wie das bedingungslose Grundeinkommen nicht das Grundproblem, sondern es sollte dafür immer! eine Gegenleistung wie gemeinnützige Arbeit erbracht werden.
So könnte recht einfach zum Bsp. die marode Bausubstanz unserer Schulen in den Ferien verbessert, oder unsere Uferwege nach einem Hochwasser schneller gesäubert werden. Als Nebeneffekt dieser grundsätzlichen Verpflichtung wären dann auch sehr wahrscheinlich die aktuellen Sanktionierungsdiskussionen bei Ablehnung einer zumutbaren Arbeitsstelle obsolet.
Mit freundlichen Grüßen
M. K.
Ich verstehe den Wunsch nach gesellschaftlichem Engagement und nach Lösungen für Herausforderungen wie marode Schulgebäude oder verschmutzte Uferwege. Dennoch lehne ich eine Zwangsverpflichtung von Bürgergeldempfänger*innen zur gemeinnützigen Arbeit ab. Hier sind meine Gründe:
- Freiwilliges Engagement statt Zwang:
Ehrenamt lebt von Freiwilligkeit und Motivation. Eine Pflicht zur gemeinnützigen Arbeit würde diesen Grundgedanken aushöhlen. Viele Menschen engagieren sich bereits ehrenamtlich – von der Freiwilligen Feuerwehr bis zur Tafel. Ihre wertvolle Arbeit basiert auf Überzeugung, nicht auf Zwang. - Menschen stärken statt stigmatisieren:
Eine Pflicht zur Arbeit als „Gegenleistung“ für Sozialleistungen stigmatisiert Menschen in schwierigen Lebenslagen. Arbeitslosigkeit ist kein Zeichen von Faulheit, sondern oft das Ergebnis von Strukturproblemen, Fachkräftemangel oder persönlichen Schicksalsschlägen. - Der Weg aus der Arbeitslosigkeit führt über Qualifikation, nicht über Zwangsdienste:
Statt Menschen in unbezahlte Tätigkeiten zu drängen, setze ich auf Weiterbildung, Qualifizierung und individuelle Unterstützung. So können Bürgergeldempfänger*innen in Berufe vermittelt werden, in denen dringend Fachkräfte fehlen. Das ist nachhaltiger und gerechter. - Faire Arbeitsbedingungen schützen:
Eine Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit könnte reguläre Arbeitsplätze verdrängen und Lohndumping fördern. Gemeinnützige Aufgaben müssen gut bezahlten Fachkräften oder freiwilligen Helfer*innen vorbehalten bleiben. - Probleme strukturell lösen:
Die Sanierung maroder Schulen und eine schnelle Hochwasserhilfe sind staatliche Aufgaben, die aus Steuermitteln finanziert werden müssen – auch durch eine gerechte Steuerpolitik. Wir sollten die Verantwortung nicht auf die Schwächsten abwälzen.
Mein Ansatz:
Ich setze auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die Menschen Perspektiven gibt, auf Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie auf die Förderung von freiwilligem Engagement. Jeder Mensch verdient Respekt, Wertschätzung und faire Chancen – unabhängig von seiner aktuellen Lebenslage.