Wie ist Ihre Haltung zu den aktuellen AfD-bezogenen Vorkommnissen nahe Potsdam, und wie beabsichtigen Sie dazu im Bundestag zu handeln?
Sehr geehrte Frau Schamber,
die Nachrichten über ein Treffen von Rechtsextremen der AfD, Identitären und CDU sind nicht überraschend. In Form und Inhalt aber dennoch erschütternd. Die Parallelen zur Villa am Wannsee, die ich als Schüler besucht habe, drängen sich derart auf, dass es mich fassungslos macht, wie wir das Handeln der Rechtsextremen als Deutsche so gelassen hinnehmen können.
Wer wissen möchte wes Geistes Kind die AfD ist, kann es seit Jahren zweifelsfrei beobachten und belegen. Nur konnte man sich jahrelang in der Überzeugung sicher fühlen, dass sich nicht genug Dumme und Hasserfüllte finden würden diese Partei tatsächlich zu wählen.
Vertreter demokratischer Parteien zeigen sich jetzt entsetzt und reden von wehrhafter Demokratie. Ihre Aufgabe als gewählte Volksvertreter und Volkvertreterinnen ist es zu handeln! Die AfD muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln (inkl. Parteienverbot) bekämpft werden. Wozu ich Sie als Wähler hiermit auffordern möchte.
MfG
J. M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage, mit der Sie Ihre Besorgnis bezüglich des Erstarkens der Alternative für Deutschland (AfD) äußern und sich für ein Verbot der Partei nach Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes einsetzen.
Ich teile Ihre Sorgen. Es ist derzeit eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD zu beobachten. Wir als SPD-Bundestagsfraktion erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird an einer Vielzahl von Äußerungen und Handlungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei klar. Die neuesten Recherchen von CORRECTIV! haben die rechtsextreme Ausrichtung in der AfD endgültig enthüllt.
Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.
Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.
Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann.
Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung, wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt.
Ich persönlich halte eine Prüfung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD vor diesem Hintergrund und insbesondere in Hinblick auf die Landesverbände, die als gesichert rechtsextrem gelten, für richtig.
Entscheidend ist allerdings auch, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, zu bekämpfen. In der Tradition unserer langen Geschichte setzen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein. Unser primäres Ziel muss es deshalb sein, die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird. Besonders mit Blick auf die anstehende Europawahl und die Bundestagswahl 2025 ist dies eine der größten Herausforderungen, die wir uns annehmen müssen. Das wird nur mit vereinten Kräften funktionieren.
Von meiner Seite kann ich Ihnen versichern, dass ich mich jeden Tag für unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und gegen Rechtsextremismus einsetze, sowohl in Berlin auf politischer Ebene als auch zu Hause vor Ort, wenn ich so oft wie möglich mit den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis ins Gespräch gehe.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position deutlich machen.
Mit freundlichen Grüßen
Rebecca Schamber