Sehr geehrte Frau Schamber, wie werden Mitbürger mit ME-CFS künftig unterstützt? Derzeit erhalten sie kaum oder keine medizinische Versorgung und sie drohen zu verarmen.
Sehr geehrte Frau M.,
vielen Dank für Ihre E-Mail zum Krankheitsbild der Myalgischen Enzephalomyelitis (ME/CFS) / dem chronischen Fatigue-Syndrom bzw. zur Situation von Patientinnen und Patienten, die oft einen langen Leidensweg hinter sich haben.
Die Bundesregierung – das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) – hat bereits in enger Abstimmung mit uns im Parlament zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um in dieser Situation zu helfen und vor allem, um die bisher unbefriedigende Forschungslage von ME/CFS zu verbessern.
Die konkreten Ursachen der Erkrankung sind leider noch nicht im Detail bekannt, da es sich um ein sehr vielfältiges Krankheitsbild handelt. Grundlagenforschung ist daher nötig, um Anhaltspunkte für die Entwicklung einheitlicher Diagnosekriterien und wirksamer Therapieansätze zu finden. Das BMBF fördert deshalb bereits die Etablierung der Nationalen Klinischen Studiengruppe „Post-Covid Syndrom und ME/CFS“ zur Durchführung von klinischen Phase II-Studien mit insgesamt zehn Millionen Euro bis Ende 2023. Hier sollen bereits zugelassene Medikamente identifiziert werden, die bei positiven Studienergebnissen schnell in die Versorgung gelangen können.
Das BMG wiederum fördert im Rahmen seiner Ressortforschung derzeit einen Verbund des Klinikums rechts der Isar der TU München und der Charité Berlin. Ziel ist der Aufbau eines altersübergreifenden klinischen Registers mit einer Biodatenbank. Die durch das Register gewonnenen Daten werden explizit auch Patientinnen und Patienten mit ME/CFS nach einer COVID-19-Infektion erfassen.
Die gemeinsamen Anstrengungen der Bundesregierung werden in einem beim Leitungsstab des BMG angesiedelten Arbeitsstab zwischen den beteiligten Ressorts fortlaufend koordiniert. In die Arbeit des Stabes fließen kontinuierlich auch Hinweise und Forschungsanstrengungen aus aller Welt mit ein. Darüber hinaus hat das BMG das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits im März 2021 damit beauftragt, den aktuellen Wissenstand zu ME/CFS systematisch aufzuarbeiten. Ein abschließender Bericht wird im Juni dieses Jahres erwartet. Erst dann wird man die bereits laufenden Aufklärungskampagnen – beispielsweise durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – weiter ausbauen und auf eine noch validere Grundlage stellen können.
Die Ampelkoalition hat sich außerdem in ihrem Koalitionsvertrag auf die Schaffung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für Long-COVID- und ME/CFS-Betroffene verständigt. Nun wird es darauf ankommen, diese Vereinbarung auch zügig umzusetzen. Hierzu laufen zwischen den Beteiligten bereits intensive Gespräche. Selbsthilfevereinigungen und die Akteure des Gesundheitswesens sind aber ihrerseits bereits aktiv geworden und haben Anlaufstellen für die betroffene Menschen und ihre Angehörigen identifiziert und veröffentlicht. Beispiele sind das Fatigue Centrum der Charité — Universitätsmedizin Berlin oder auch das Netz von Long-Covid-Ambulanzen im ganzen Land. Um die Versorgungssituation zügig weiter zu verbessern, haben wir im Parlament mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, im Dezember gesetzlich damit beauftragt, bis zum 31. Dezember 2023 eine Richtlinie für eine berufsgruppenübergreifende koordinierte und strukturierte Versorgung für Personen mit Long-/Post-COVID zu beschließen. Der G-BA kann dabei den Anwendungsbereich der Richtlinie auch auf die Versorgung von ähnlichen oder hiermit in Verbindung stehenden Krankheitsbildern erstrecken. Hierfür käme auch ME/CFS in Betracht.
Uns ist bewusst, dass die Forschungs- und Versorgungslage für die betroffenen Menschen und Ihre Angehörigen derzeit nicht zufriedenstellend ist. Darum werden wir nicht nachlassen, auf Ihr Anliegen auch weiterhin im Rahmen unser Möglichkeiten bei Wissenschaft, Forschung und Ärzt:innenverbänden hinzuweisen, Fortschritte anzumahnen und durch finanzielle Mittel zu unterstützen.
Ich wünsche Ihnen persönlich eine baldige Besserung Ihrer gesundheitlichen Situation und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rebecca Schamber, MdB