Frage an Ralf Wätzig von Thomas G. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Wätzig,
warum sind Sie persönlich für einen Ausstieg aus der Atomenergie, und warum möchten Sie persönlich einen damit verbunden Ausstieg aus der Forschung, die allerdings auch Fusion beinhaltet?
Warum soll Deutschland ein weiteres Forschungsgebiet abgeben, und später wieder über teure Lizenzen oder noch teurere Importe, Energie einkaufen?
EDIT1
Zitat von Ihnen: "Die Strompreise müssten ja dann derzeit schon sinken, denn die Atomkraftwerke laufen ja. Aber den Strompreis bestimmen teurere Kraftwerke – die Differenz behalten die Betreiber." "Dezentrale kleine Kraftwerke und Erneuerbare Energien fördern dagegen den Wettbewerb. Die Preise würden sinken."
Meine Bemerkung dazu:
Nicht letzte Punkt ist das EEG, welches für einen Geldfluss gesorgt hat der sogenannte grüne Unternehmen überdimensional fördert, den Strompreis für alle Verbraucher stark erhöht, aber keine Gewinngrenze vorgibt, und schon gar keine Nachhaltigkeit. Siehe nur zB. Rückbau / Wartung von Windkraftanlagen, die jetzt die Grenznutzungsdauer erreicht haben, jeder ungefragte, schlafgestörte, Verbraucher soll wieder zahlen. Abgesehen von den Kosten die eine notwendige Umstellung des Energienetzes erfordert.
Nachts: Meist kein Wind ... heist kein Strom, wenn keine Grundlastkraftwerke.
Viel Wind: Entweder Abschaltung dieser Mühlen, oder Weitertransport.
Große Hitze - meist Windstill: wiedermal kein Strom ohne Grundlastkraftwerke.
"Die vier großen Energieunternehmen setzen hohe Strompreise aufgrund ihrer Marktdominanz durch. Eine Laufzeitverlängerung würde dieses Oligopol der großen Energiekonzerne zementieren."
>>Warum setzen Sie sich nicht für eine echte kartellrechtliche Prüfung ein?
Edit2
Die Energiepreise steigen sowohl wegen der 4 Monopolstellungen, die Sie selbst erwähnt haben, aber gegen Die nichts Ernsthaftes unternommen wird.
Dazu Energieträgerimportpreise, die ebenfalls von Monopolähnlichen Struckturen festgelegt werden, gegen die ebenfalls keinerlei Absicherung erfolgt.
mfg
Sehr geehrter Herr Gensch,
vielen Dank für Ihre Fragen, zu denen ich gern ausführlicher Stellung nehme.
Zum Ausstieg aus der Kernenergie-Nutzung für die Stromerzeugung gibt es aus zwei Gründen keine Alternative:
1. Die Nutzung dieser Energie (auch in Form der Fusion) ist hochriskant – sicher nicht, was die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls betrifft, aber doch in den Ausmaßen und Folgen eines GAU oder größeren Unfalls. Haben wir wirklich keine Alternativen, dass wir ein derartiges Risiko auf uns nehmen müssen? Wir sprechen hier im Falle eines solchen Unfalls (vielleicht auch in Folge eines Terroranschlags) von der Verwüstung von Landstrichen und Tausenden von Menschenopfern. Aber wir haben Alternativen, dazu später.
2. Wir reden von der Kernspaltung mit ihren Abfallprodukten, die frühestens in 250.000 Jahren als relativ strahlungsarm eingeschätzt werden können. Wollen Sie die Verantwortung übernehmen, diesen Abfall sicher zu entsorgen bzw. lagern? Wissen wir heute tatsächlich, das mögliche Endlagerstätten vor tektonischen Veränderungen sicher sind?. Wir haben schon so viel atomaren Müll, mit dem wir genug zu schaffen haben, um ihn einigermaßen sicher zu lagern.
Zu Ihren Ausführungen zum Strompreis und zum EEG verweise ich auf die Studie "Analyse des Preiseffektes der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf die Börsenpreise im deutschen Stromhandel", die ich Ihnen gern zuschicken würde.
Die Effekte haben sich in den vergangenen reichlich zwei Jahren weiter positiv entwickelt. Was hat der Rückbau oder das Repowering von Windanlagen mit fehlender Nachhaltigkeit zu tun. Wenn die Anlagen zunächst kürzere Lebenszyklen aufweisen, dann heißt dies auch eine schnellere Innovationsfähigkeit. Wir sehen ja bei Windanlagen, wie die neue Generation deutlich langsamer und ruhiger (!) läuft aber ungleich effizienter ist.
Vielleicht sollten wir aber auch einmal die Bilanz aufmachen, was eine KWh Strom aus Braunkohle oder Kernenergie tatsächlich kostet, wenn wir alle Kosten einrechnen. Wer wird denn für die Endlagerung oder die Folgen eines Unfalls zur Kasse gebeten, wer bezahlt denn die Forschung zum CCS und wer bezahlt die Klimafolgen aus der Kohleverstromung. Das machen wir alle, aber nicht über den Strompreis, sondern mit unseren Steuern.
Zur Grundlastfähigkeit: Selbstverständlich sind Kraftwerke auf der Basis erneuerbarer Energien auch grundlastfähig. Dazu müssen wir nur ein wenig die Perspektive wechseln und nicht einen Erzeuger mit einem Kraftwerk gleichsetzen. Kraftwerke auf der Basis regenerativer Energien funktionieren in der Zusammenschaltung und Steuerung vieler verschiedener Erzeuger. Sicher ist die Grundlastfähigkeit noch nicht für 100% des Strombedarfs erreicht – aber es will ja auch noch keiner morgen die alten Großkraftwerke vom Netz nehmen.
Es gibt aber die entsprechenden Pilotprojekte der virtuellen oder Kombikraftwerke und es gibt Konzepte, wie man deren Grundlastfähigkeit verbessern kann. Eine wichtige Rolle spielen dabei sicher unsere Netze. Aber hier haben wir auch ohne erneuerbare Energien Anpassungsbedarf und zahlen für die Anpassung an die neue Erzeugerstruktur sicher einen viel geringeren Preis, als für die Endlagerung atomaren Mülls oder den Neubau CCS-fähiger Kohlekraftwerke.
Bedenken Sie bitte auch, dass auch Uran nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und dessen Kosten steigen. Bedenken Sie auch, dass Kernkraftwerke angereichertes Uran benötigen – aus dem kann man auch schnell eine Bombe basteln. Also auch unter diesem Aspekt ist der Betrieb von Kernkraftwerken ein Spiel mit dem Feuer, welches uns trotzdem nicht viel länger als 200 Jahre versorgen könnte.
Warum wollen wir erst dann auf die einzig wirklich nachhaltige derzeit bekannte Energiequelle (die Sonne) umstellen und 200 Jahre Lasten und Risiken auch für kommende Generationen produzieren, wenn wir die Sonnenenergie heute schon nutzen können. Warum sollen wir Mio. für eine Technologie-Forschung ausgeben, die uns doch nur kurze Zeit und unter hohem Risiko zur Verfügung stehen wird, wenn wir diese Mio. besser in die Forschung zur Nutzung der Sonnenenergie, zur Steigerung der Energieeffizienz, zur intelligenten Lastenverteilung und Stromeinsparung verwenden könnten.
Gerade der Markt erneuerbarer Energietechnik ist ein wichtiger Wachstums- und Zukunftsmarkt für Deutschland! Sollen wir hier den Anschluss verlieren?
Und schließlich die Monopolstellung der großen Energieerzeuger. Mit welchem Aufwand wollen Sie die Kartellbehörde arbeiten lassen, um deren Preispolitik zu kontrollieren? Wir haben hier ja die Erfahrungen nicht nur auf dem Energiesektor und deshalb auch die Bemühungen der EU, Monopolstellungen nicht zuzulassen. Die Praxis zeigt, wie schwierig und langwierig dies z.T ist und vor allem: Sie laufen den Dingen (hier Preisgestaltung) mehr oder weniger hinterher. Was nun die Weltmarktpreise und die Verträge betrifft, so machen Sie sich bitte keine Hoffnungen, dass sich hier eine Umkehr der Preisentwicklung ergeben wird. Die Ressourcen werden (wo nicht absolut, so doch relativ zur Nachfrage und Förderfähigkeit und ab und an auch geopolitisch beeinflusst) knapp.
Dabei haben wir absehbar das Potential, unseren Bedarf zu 100 % aus eigenen Anlagen zu decken – eben gerade keine Rohstoffe oder Strom zu importieren (wohl aber Strom innerhalb eines europäischen oder noch größeren Netzes austauschen). Und der Nebeneffekt der Erzeugung des Stroms aus erneuerbaren Quellen ist die Vielzahl der Anlagen und damit eine Anlagenstruktur, die keine Monopole braucht oder begünstigt. Das ist ja auch der Grund, weshalb die großen Erzeuger lieber ein abenteuerliches DesertTec-Projekt in Angriff nehmen, als vor Ort die Umstellung auf erneuerbare Energien zu fördern.
Sie sehen, dass wir in der Frage der Energiepolitik eher grundsätzlich verschiedener Meinung sind.
Ich hoffe, dass ich zu ihrer Fragen meine Standpunkt deutlich machen konnte.
Gern können Sie auch mit Dr. Siegfried Kost, dem zuständigen Referenten der SPD Fraktion, Kontakt aufnehmen ( Siegfried.Kost@slt.sachsen.de ), der gern auch ins Detail geht.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Wätzig