Frage an Ralf Kühne von Stefan G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Wie stehen Sie zum Thema Studiengebühren und andere Bildungsabgaben (Büchergeld, Kitagebühren)?
Sehr geehrter Herr Günther,
Der diskriminierungsfreie Zugang zu Bildung, Information und Wissen gehört für mich zu den unverbrüchlichen Grundlagen einer Demokratie und einer emanzipatorischen, vielfältigen und toleranten Gesellschaft; und wem das zu "sozialromantisch" ist: er ist unumgänglich, um in einer globalen Wissens- und Informationsgesellschaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Um so mehr ärgert es mich, wenn eine breite Koalition von PolitikerInnen und Verwaltungen immer mehr Barrieren vor diesen Zugang aufbauen.
Studiengebühren
Zu diesen Barrieren gehören für mich Studiengebühren oder vergleichbare Modelle, gegen deren Einführung ich mich grundsätzlich ausspreche. Die Studierenden haben schon damit zu kämpfen, ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern und immer mehr finanzielle Mittel aufzubringen, um die notwendigsten Lernmittel zu kaufen, die auf Grund von Sparmassnahmen in immer geringerem Umfang von den Universitäten zur Verfügung gestellt werden. Kommen Studiengebühren dazu, steigen die Barrieren gerade für bildungsferne und wirtschaftlich schwache Gesellschaftsschichten. Zudem ist nicht sichergestellt, dass Studiengebühren tatsächlich den Hochschulen zugute kommen, zur Not zwackt man den Betrag den Hochschulen an anderer Stelle ab und bekommt doch noch seinen Beitrag zur Haushaltssanierung. Auch von besseren Mitbestimmungsrechten der Studierenden ("wer bezahlt, bestimmt") kann ich in den Bundesländern, die Studiengebühren bereits einführen, nichts
erkennen.
Kitagebühren
Bündnis 90/Die Grünen wollen die Kitas zu der ersten Bildungseinrichtung für Kinder machen. Um dem freien Zugang zu Bildung in diesem Bereich Geltung zu verschaffen, ist unser Ziel, auch den Kitabesuch kostenfrei zu ermöglichen. Angesichts der Haushaltslage wird dies allerdings erst mittelfristig zu erreichen sein. Zunächst soll der Kitabesuch im letzten Jahr vor der Einschulung für alle und darüber hinaus der Kitabesuch für einkommensschwache Familien kostenfrei sein.
Büchergeld/Lernmittelfreiheit
Was das dritte von Ihnen angesprochene Thema des Büchergeldes betrifft, bin ich gegen die Wiedereinführung der völligen Lernmittelfreiheit. Ich bin überzeugt davon, dass bei richtiger Handhabung einkommensschwache Haushalte von den Belastungen des Büchergeldes ausgenommen und die übrigen Haushalte gemäß ihrer Leistungsfähigkeit beteiligt werden können. Die Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln ist an Berliner Schulen nach Aussage von Fachleuten alles in allem eher unzureichend. Hier müssen freiwerdende Ressourcen dringend konzentriert werden. Bündnis 90/Die Grünen wollen 20 % der Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer -- "jeden fünften Euro" -- in die Bildung stecken. Zu den Nutznießern sollte auch die Ausstattung mit Lehrmitteln gehören. Zu einer zeitgemäßen Ausstattung zählen heute nicht mehr wie zu meinen Schulzeiten die Nachbildung eines menschlichen Skeletts, eine Reliefkarte Mitteleuropas und einem Regal mit Lehrbüchern, inzwischen ergänzt durch einen altersschwachen Computer mit ISDN-Anschluss. Hier ist in den vergangenen Jahren viel zu wenig geschehen. Ich bin zwar kein Bildungspolitiker, beschäftige mich aber seit vielen Jahren privat, politisch und auch beruflich mit den Möglichkeiten der neuen Medien- und Informationstechniken. Ich glaube, ich kann mich hier mit meinem Wissen einbringen.
Mit freundlichem Gruss
Ralf Kühne