Frage an Ralf Hauke von Matthias M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Hauke,
ich stelle an Sie, als Steuerberater und Politiker die Frage:
Welche Position beziehen Sie und Ihre Fraktion zur Petition:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen ... das bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen.
Ich bitte Sie keine allgemeine Ausführungen zu tätigen.
Ich freue mich auf die Antwort
Viele Grüße
Matthias Malok
Sehr geehrter Herr Malok,
bereits vor gut 20 Jahren habe ich im Rahmen meines Studiums der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften das Modell des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) kennengelernt. Es wurde damals als "interessante Idee" bezeichnet, die aber wohl gesellschaftlich niemals durchsetzbar wäre. Dies ist deswegen besonders bemerkenswert, weil die Helmut-Schmidt-Universität sicher eher als konservativ zu qualifizieren ist.
Aus ökonomischer Sicht ist zunächst herauszustellen, dass es in Deutschland dutzende Formen von Transferleistungen gibt mit einer geradezu ausufernden, ineffizienten Bürokratie. Alle Bereiche zusammengenommen, ergeben sich schon heute für weite Teile der Bevölkerung in der Summe Leistungen, die in die Richtung eines BGE gehen. Allein schon durch die im Rahmen eines BGE einsparbaren Kosten der Verwaltung, Anspruchsprüfung, Auszahlung und Kontrolle von Transfers könnten die Transferleistungen bereits merklich steigen. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass das BGE wieder unmittelbar in den Wirtschaftskreislauf fließt, verkonsumiert wird. Dies führt entweder unmittelbar etwa durch die Umsatzsteuer oder mittelbar zu Steuereinnahmen - das BGE finanziert sich daher zum Teil aus sich heraus.
Zur Finanzierung der bisherigen Sozialleistungen wird fortlaufend in marktwirtschaftliche Prozesse eingegriffen und die Rahmenbedingungen geändert. Dies ist weder ökonomisch sinnvoll noch sozial gerecht. Vor allem die Koppelung der Sozialkosten an die betrieblichen Lohnkosten verschlechtert die internationale Wettbewerbsfähigkeit zusehends.
Daneben erübrigte sich durch ein BGE letztlich auch die Mindestlohndiskussion. Denn bisher schlecht bezahlte aber notwendige Arbeiten würden dann zwangsläufig besser entlohnt und attraktiver gestaltet werden müssen. Unmittelbare Folge eines BGE wäre zudem eine erhebliche Vereinfachung des Steuersystems durch Wegfall differenzierter Freibeträge und sonstiger Vergünstigungen.
Für mich persönlich ist das BGE eine Frage der Menschenwürde. Es schafft die Voraussetzungen zur individuellen Freiheit, zur Selbstverwirklichung für jeden Menschen unabhängig von seiner sozialen Herkunft, ermöglicht ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe. Aktuell ist es so, dass viele für ein Gemeinwesen (das auch einen solchen Namen verdient) erbrachten Tätigkeiten nicht entlohnt werden. Ein BGE sorgt hier für Ausgleich.
Im Gegensatz zu Hartz IV stigmatisiert ein BGE nicht, es grenzt nicht aus, es bindet vielmehr ein: Es schafft Vertrauen in die Gesellschaft, einen Freiraum für selbstbestimmte Bildung und Forschung sowie wirtschaftliche Innovation. Es erleichtert und ermöglicht ehrenamtliches Engagement, beispielsweise die Pflege von Angehörigen, die Fürsorge für Kinder, die Jugendarbeit, unabhängigen Journalismus, politische Aktivität oder die Schaffung von Kunst und freier Software. Davon profitiert die ganze Gesellschaft.
Wir PIRATEN setzen uns daher für Lösungen ein, die eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren und dabei auch wirtschaftliche Freiheit erhalten und ermöglichen.
Mit besten Grüßen
Ralf Hauke
P.S.: Eine PIRATEN-"Fraktion" gibt es frühestens ab dem 20. Februar 2011.