Frage an Ralf Hauke von Merin M. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Hallo Herr Hauke,
ich bin persönlich von der Verlegung der Reichsstraße betroffen. Wenn diese so gebaut wird wie von der CDU und GAL geplant werden wir umziehen müssen, da wir dann 20m von der Autobahn ak Bundesstraße entfernt wohnen. Wie denken Sie darüber das die CDU und die GAL zu Gunsten einer 1-jahr andauernden Gartenschauausstellung eine stark befahrene Straße an ein Wohngebiet verlagern und dies als Verbesserung der Anwohner verkaufen wollen?
Beste Grüße
Hallo Herr More,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner persönlichen Meinung zu der geplanten Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße.
Zunächst kann ich Sie ein wenig beruhigen - beim derzeitigen Planungsstand der Verlegung ist nicht zu erwarten, dass zur Gartenbauausstellung 2013 die Verlegung realisiert ist. Stattdessen soll die Reichsstraße während der Zeit der Gartenschau gesperrt werden, um die Besucher nicht zu stören. Dies wird aber zwangsläufig eine ganz erhebliche Verkehrsbelastung auf den Wohnstraßen der Elbinsel nach sich ziehen.
Die Verlegung der Reichsstraße ist ein Versuch, die beiden durch Wilhelmsburg laufenden Verkehrsachsen zu bündeln (S-Bahn-Trasse und Hauptverkehrsstraße), um so wenigstens nur eine - dafür dann breitere - Schneise zu haben. Ließe man alles so wie es ist, bleibt es bei zwei Trassen, die Lärm und Dreck erzeugen und zudem das Reiherstiegviertel von Wilhelmsburg-Mitte unverändert isolieren - eine Wohnbebauung dazwischen wäre kaum realisierbar Eine Verlegung der Straße eröffnet dagegen die Chance zur Siedlungsentwicklung ausgehend von dem Bereich zwischen Bürgerhaus Wilhelmsburg / Wilhelmsburger Rathaus in Richtung S-Bahnhof, später dann weiter in nördlicher und südlicher Richtung, bringt aber zugleich neue, meiner Meinung nach nicht hinreichend bedachte Probleme:
* Wenn die Lärmquellen nur auf einer einzigen, richtig breiten Trasse gebündelt sind, müssen umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden. Gerade hierauf ist die aktuelle Verdopplung der ursprünglich geplanten Baukosten auf nunmehr 136 Millionen zurückzuführen.
* Zusätzlich ergeben sich Lärm- und Emissionsprobleme für Anwohner in Bereichen, in denen der neue Trassenverlauf ausfädeln soll.
* Die gesamte Logik der Emissions- und Lärmreduzierung durch die Verlegung der Reichsstraße würde durch den Anschluss einer Hafenquerspange vollkommen konterkariert: Je mehr Schnellstraßen gebaut werden, desto höher wird die gesamte Verkehrsbelastung, weil ein besseres Angebot an Straßen die Verkehrsfrequenz zwangsläufig erhöht.
Die Verlagerung der Trasse mag ein Gewinn für die zukünftige Entwicklung der Elbinsel sein, für die derzeitigen Bewohner Wilhelmsburgs ist der unmittelbare Nutzen hingegen sehr begrenzt und bringt neue Probleme. Sollte darüber hinaus auch an der Hafenquerspange festgehalten werden, ist das Projekt meiner Meinung nach ohnehin unvertretbar.
Hier wird Entwicklungspolitik für künftige (imaginäre) Einwohner betrieben und dabei einfach in Kauf genommen, erheblich in das Leben der (sehr realen) Wilhelmsburger einzugreifen.
Politik von oben herab, wie bei der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, lehne ich ab. Wer den mündigen Bürger möchte, muss dem auch die Freiheit lassen, seine persönlichen Lebensumstände selbst bestimmen zu dürfen. Und dies setzt wiederum voraus, dass man Bürger in die Lage versetzt, sich ein eigenes, umfassendes Bild machen zu können. Hierfür ist eine öffentliche Transparenz der Planungen, Auftragsvergaben & sonstigen Daten unerlässlich, die ich gegenwärtig ebensowenig wie eine ausreichende Bürgerbeteiligung erkennen kann. Darüber hinaus drängt sich die ernste Frage auf, ob man mit diesen Unsummen dem Bürger nicht besser dienen könnte.
Ich stehe dem Projekt sehr kritisch gegenüber.
Mit besten Grüßen
Ralf Hauke