Frage an Rainer Tabillion von Tanja G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Tabillion,
zum Afghanistankrieg erschien am 5.10.08 in Spiegel online ein Bericht unter der Überschrift:
Britischer General gibt Afghanistankrieg verloren.
Nach allgemeiner Auffassung sind die von Kriegsbefürwortern angegebenen Ziele (Beispiel: Wiederaufbau) ohne einen Sieg über die Taliban nicht erreichbar.
Warum soll man eine Schule bauen, wenn diese später von den Taliban zerstört wird?
Laut Deutscher Welle vom 7.10.08 hat auch der UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan die Möglichkeit eines militärischen Sieges über die Taliban ausgeschlossen.
Wie lange darf nach Ihrer Meinung das Ende des sinnlosen Sterbens noch hinausgezögert werden?
Mit freundlichen Grüßen
Tanja Großmann
Sehr geehrte Frau Großmann,
ich teile ihre kritische Einschätzung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, wobei ich den Begriff "Afghanistankrieg" für die deutsche Verantwortung nicht gelten lassen möchte. Ich kann aus eigener Anschauung sagen, dass die Bundeswehr im Norden des Landes ihre Aufgaben, die im wesentlichen darin bestehen sich selbst und die dort tätigen Hilfsorganisationen zu schützen, sowie beim Aufbau in afghanischer Verantwortung stehender militärischer polizeilicher und administrativer und ziviler Strukturen behilflich zu sein, in hoch engagierter Weise wahrnimmt.
Wenn man dieses Aufgabenspektrum allerdings als generelle Grundlage für Auslandseinsätze der Bundeswehr zugrunde legt, könnte man damit eine ganze Reihe solcher Engagements begründen. Ausschlaggebend für die Mission der Bundeswehr in Afghanistan war denn auch der Wunsch der amerikanischen Administration Deutschland möge sich am Kampf gegen den internationalen Terrorismus beteiligen und sozusagen auch deutsche Sicherheitsinteressen am Hindukusch verteidigen. So wie sich die Gesamtsituation in Afghanistan entwickelt hat und sich nach den Plänen des designierten US-Präsidenten verschärft entwickelt wird wohl eher das Gegenteil erreicht.
Ich habe im deutschen Bundestag deshalb gegen die Verlängerung des ISAF Mandats gestimmt, weil für mich keine klare Perspektive erkennbar ist, wie Konflikte jenseits militärischer Mittel etwa durch Einbeziehung der Taliban in einen Friedensprozeß oder durch eine zeitnahe Übernahme der Verantwortung für die künftige Entwicklung durch die großen Ordnungsmächte der Region regionalisiert und gelöst werden können. Ich werde auch künftigen Verlängerungen von entsprechenden Engagements nicht zustimmen, solange sie nicht mit einer klaren Strategie zu einem schnellen Abschluss des deutschen Engagements in Afghanistan verbunden sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Tabillion